Gesetz gegen Abmahnmissbrauch
Das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs vom 26. November 2020 ist am 2. Dezember 2020 in Kraft getreten (BGBl. I Nr. 56, Seite 2568). Das unter maßgeblicher Initiative des Deutschen Industrie- und Handelskammertags zustande gekommene Gesetz enthält im Kern ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Eindämmung von missbräuchlichen wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen.
Die privatrechtliche Rechtsdurchsetzung und das Instrument der Abmahnung zur schnellen und effektiven Beendigung von Wettbewerbsverstößen haben sich seit Jahrzehnten ohne Zweifel bewährt. Dennoch ist es gerade im Zeitalter des Internets vermehrt zu zweifelhaften Abmahnungen gekommen, weil sich Kleinstverstöße gegen Anbieter- und Kennzeichnungspflichten im Internet einfach auffinden lassen und so vor allem kleine Online-Händler nicht nur von vorgeblichen Mitbewerbern, sondern auch von neu auf den Plan gerufenen und mitunter zweifelhaften Wettbewerbsvereinen serienweise abgemahnt wurden.
Voraussetzungen für die Anspruchsbefugnis der Abmahner werden erhöht.
Abmahnungen müssen also nun den neuen Anforderungen entsprechen. Dies gilt insbesondere für die Aktivlegitimation von Mitbewerbern. Wettbewerbsverhältnisse sollen nicht bewusst geschaffen werden, um Einnahmen durch Abmahnungen zu ermöglichen. Mitbewerber können Unterlassungsansprüche daher in Zukunft nur noch geltend machen, wenn sie in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich Waren oder Dienstleistungen vertreiben oder nachfragen. Online-Shops mit Fantasieangeboten werden damit ebenso ausgeschlossen wie Mitbewerber, die bereits insolvent sind und gar nicht mehr am Wettbewerb teilnehmen.
Anforderungen an Abmahnungen werden verschärft.
Abmahnungen müssen ebenfalls seit 2. Dezember neuen Anforderungen entsprechen. Dies gilt insbesondere für die Anspruchsberechtigung von Mitbewerbern, die notwendigen Inhalte des Abmahnschreibens und die Möglichkeit, Aufwendungsersatz zu verlangen. Ein Aufwendungsersatz bei Abmahnungen durch Mitbewerber bei Verstößen gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten im Internet oder in Telemedien ist nicht mehr vorgesehen. Bei Abmahnungen gegen Unternehmen mit in der Regel weniger als 250 Mitarbeitern gilt das auch bei Verstößen gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).
Mitbewerber dürfen in den vorgenannten Fällen zukünftig bei der ersten Abmahnung nicht mehr die Vereinbarung einer Vertragsstrafe fordern, wenn der Abgemahnte in der Regel weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigt. In einfach gelagerten Fällen wird die Höhe der Vertragsstrafe auf 1.000 Euro begrenzt.
Gegenansprüche des Abgemahnten werden erleichtert.
Abgemahnte Unternehmen können zukünftig leichter darlegen, dass es sich um eine missbräuchliche Abmahnung handelt. Hierzu wurden Regelbeispiele für einen Missbrauch geschaffen, wie die massenhafte Versendung von Abmahnungen durch Mitbewerber genauso wie Fälle, in denen eine offensichtlich überhöhte Vertragsstrafe verlangt wird oder Mitbewerber einen unangemessen hohen Gegenstandswert ansetzen. Wer zu Unrecht abgemahnt wird, erhält außerdem einen Gegenanspruch auf Ersatz der Kosten für die erforderliche Rechtsverteidigung.
Wahl des Gerichtsstands eingeschränkt
Der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung (sog. fliegender Gerichtsstand) ermöglicht es dem Kläger, bei nicht ortsgebundenen Rechtsverletzungen sich das für ihn passende Gericht auszusuchen. In Zukunft gilt bei Rechtsverletzungen im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien einheitlich der allgemeine Gerichtsstand des Beklagten, d. h. des zuvor Abgemahnten.
Übergangsfrist für Wettbewerbsvereine
Nur die Regelungen zur Aktivlegitimation der Wettbewerbsvereine (§§ 8 Abs. 3 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 3 Abs. 1 Nr. 2 Unterlassungsklagegesetz und 9 Abs. 2 Nr. 2 Buchpreisbindungsgesetz) treten wegen der erforderlichen Überprüfung der Eintragungsvoraussetzungen in die Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände erst in einem Jahr, d. h. am 1. Dezember 2021 in Kraft.
Quelle: IHK Hannover, Stand: 02.12.2020