Wann liegen mehrere Gewerbebetriebe vor?

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, unter welchen Voraussetzungen zwei Betätigungen in einer Hand – hier waren es ein Grillimbiss und ein Eiscafé – zusammenzufassen sind. Dies hat steuerliche Auswirkungen, z.B. bei der Verrechnung von Verlusten und Gewinnen. (Urteil vom 17. Juni 2020 (Az.: X R 15/18)
Im Sachverhalt des BFH betrieb der Kläger einen Grillimbiss und ein Eiscafé. Für beide Tätigkeiten, die in einem Gebäude in nicht verbundenen Geschäftsräumen betrieben wurden, nutzte er eine einheitliche Telefonnummer und Sitzgelegenheiten in der Außengastronomie, dieselbe Kundentoilette, zum Teil gemeinsame Wareneinkäufe, dieselbe Kreditlinie bei der Bank. In seiner Gewerbesteuererklärung fasste er die Tätigkeiten zusammen, obwohl er für die Tätigkeiten jeweils eigene Einnahme-Überschuss-Rechnungen erstellte. Der Grillimbiss wies dabei in den Jahren 2010 und 2011 Gewinne aus, das Eiscafé Verluste.
Das Finanzamt erließ hingegen zwei getrennte Gewerbesteuer-Messbescheide. Gegen den Bescheid für den Grillimbiss wandte sich der Kläger mit dem Begehr, die beiden Betriebe zusammenzufassen. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit dem Hinweis auf einen fehlenden wirtschaftlichen Zusammenhang beider Tätigkeiten ab.
Der BFH verwies die Klage an das FG zur weiteren Sachverhaltsaufklärung zurück. Dabei machte der BFH deutlich, unter welchen Prämissen Gewerbebetriebe zusammenzufassen seien. Zuvorderst sei zwischen gleichartigen und ungleichartigen Tätigkeiten zu unterscheiden. Bei beiden sei eine Zusammenfassung möglich, aber die Intensität der wirtschaftlichen Mindest-Verflechtung unterschiedlich hoch.
Bei gleichartigen Tätigkeiten (in einer Hand) sei bereits eine Vermutung eines einheitlichen Betriebs gegeben, wenn nicht besondere Umstände dagegensprächen. Die Vermutung sei aber widerlegt, wenn kein Zusammenhang zwischen den Betätigungen besteht – selbst hier sei ein Mindestzusammenhang nötig.
Bei ungleichartigen Tätigkeiten (in einer Hand) bestünde grundsätzlich ein Indiz für die jeweilige Selbständigkeit der Betätigungen. Hier könne es dennoch einen einheitlichen Gewerbebetrieb geben, wenn die Tätigkeiten vor allem wirtschaftlich und daneben auch organisatorisch und finanziell zusammenhängen würden.
Der BFH definiert auch, wann ein solcher Zusammenhang vorliegt. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang erfordert, dass sich die beiden Tätigkeiten stützen und ergänzen, vor allem hinsichtlich des Angebots gegenüber den Kunden. Für einen organisatorischen Zusammenhang spricht es, wenn z. B. dieselben Räume und Einrichtungen genutzt bzw. dieselben Mitarbeiter in beiden Bereichen tätig sind. Ein finanzieller Zusammenhang liegt vor, wenn z. B. gemeinsame Kassen, Aufzeichnungen oder Bankkonten geführt bzw. die Kosten einheitlich getragen oder Verluste untereinander ausgeglichen werden.
Der BFH weist das FG darauf hin, dass gerade im Bereich der Gastronomie häufig von gleichartigen Tätigkeiten auszugehen sei, so z. B. bei einer Gaststätte und einem Hotel. So spräche vieles für eine Vermutung eines einheitlichen Betriebes.
Darüber hinaus deute vieles in der Sachverhaltsdarstellung des FG darauf hin, dass sich das Angebot der beiden Tätigkeiten des Klägers ergänzt, also ein wirtschaftlicher Zusammenhang gegeben ist. Auch fallen beide in der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes in dieselbe Gewerbeklasse (56.10; „Imbisstuben“ und „Eissalons“). Das FG habe nicht richtig gewürdigt, dass die beiden Tätigkeiten im selben Gebäude betrieben und gemeinsam die Außengastronomie und Kundentoilette nutzen. Auch die organisatorischen und finanziellen Umstände müsse das FG vor dem Hintergrund eines einheitlichen Gewerbebetriebs neu würdigen.
Das Finanzgericht wird sich nun des Sachverhalts neu annehmen. Möglicherweise kommt es nach der Entscheidung des BFH nun zu dem Ergebnis, dass es sich um einen einheitlichen Gewerbebetrieb handelt.