EU-Lieferkettenverordnung gegen Entwaldung

Laut der Verordnung dürfen Unternehmen ab Dezember 2024 (bzw. Juni 2025 für Kleinunternehmen) bestimmte Produkte und Rohstoffe in die -beziehungsweise aus der EU nur noch ein- oder ausführen, wenn ihnen vom Lieferanten eine Sorgfaltserklärung vorliegt, die besagt, dass ein Produkt nicht von einer nach dem 31. Dezember 2020 abgeholzten Fläche stammt und nach diesem Datum auch nicht zu einer anderweitigen Schädigung von Wäldern geführt hat. Die Unternehmen müssen außerdem nachweisen, dass die Menschenrechte und Rechte indigener Völker bei der Produktion geachtet werden. Weiterhin müssen die Erzeuger Geoinformationsdaten zur Verfügung stellen, aus denen hervorgeht, wo sich die jeweiligen Anbauflächen befinden. Dadurch soll beispielsweise anhand von Satellitendaten (theoretisch) die Richtigkeit der Erklärung überprüft werden.
Von der Verordnung sind folgende Güter betroffen: Rinder, Kakao, Kautschuk, Holzkohle, Kaffee, Druckerzeugnisse, Holz, Soja, Palmöl und Palmölderivate. Ebenfalls fallen Produkte darunter, die diese Produkte enthalten, mit ihnen gefüttert oder aus ihnen hergestellt wurden. Als Beispiele werden Leder, Schokolade und Möbel genannt. Zusätzlich soll die Kommission als kontinuierliche Aufgabe prüfen, ob zukünftig weitere Produktkategorien oder Ökosysteme zu ergänzen sind.
Damit das Gesetz lückenlos umgesetzt werden kann, stuft die Kommission Länder oder Landesteile in ein dreistufiges Risikosystem (hoch, mittel, niedrig) ein – abhängig davon, wie anfällig diese jeweils für Entwaldung sind. Diese Einstufung hat wiederum Einfluss auf die zu leistenden Sorgfaltspflichten und Kontrollen der Unternehmen. Die Liste soll regelmäßig überprüft und gegebenenfalls angepasst werden.
Während das Gesetz 20 Tage nach seiner Veröffentlichung im EU-Amtsblatt in Kraft trat, gilt sowohl für die Risikoeinschätzung der Kommission als auch für die Nachweispflicht großer und mittlerer Unternehmen eine Übergangsfrist von 18 Monaten. Kleinst- und Kleinunternehmen erhalten eine Frist von 24 Monaten.
Betroffen sind nicht nur der Import in die EU hinein und der Export aus der EU heraus, sondern auch die Produktion und der Vertrieb innerhalb der EU (z. B. eine Papierproduktion, obwohl das dafür verwendete Holz ausschließlich in europäischen Wäldern gewachsen ist)!
Welche Erzeugnisse aus den sieben betroffenen Rohstoffen konkret unter die EUDR fallen, wird im Anhang I der EUDR anhand von Zoll-Nummern (KN-Nummern, Kombinierte Nomenklatur) aufgelistet auf den Seiten 243 bis 246 hier im EU-Amtsblatt L 150 vom 9.06.2023: Verordnung - 2023/1115 - DE - EUR-Lex.
Alle Unternehmen sollten deshalb sorgfältig prüfen, ob ihre Produkte unter eine der KN-Nummern in Anhang I fallen oder stattdessen anderen KN-Nummern zuzuordnen sind. Alle geltenden KN-Nummern findet man hier im EU-Amtsblatt (auf 1100 Seiten) oder beim Statistischen Bundesamt hier in einer Suchmaschine. Dort kann z.B. mit Suchworten ermittelt werden, ob es andere KN-Nummern gibt, die das eigene Produkt besser bzw. genauer beschreiben. Die Auswahl der zutreffenden KN-Nummer liegt in der Verantwortung des Unternehmers.
Mittelfristig könnte der Geltungsbereich der Verordnung auf weitere Ökosysteme (z. B. Grünflächen, Feucht- und Torfgebiete) und/oder weitere Rohstoffe (z. B. Mais) bzw. Erzeugnisse ausgeweitet werden. Denn Artikel 34 der EUDR enthält entsprechende Prüfaufträge für die EU-Kommission für Folgeabschätzungen und ggf. Gesetzgebungsvorschläge, zunächst schon bis 30.06.2024 und dann bis 30.06.2025.
Holz ist einer der sieben betroffenen Rohstoffe und war bisher in der EU-Holzhandelsverordnung (EU) Nr. 995/2010 geregelt. Diese wird durch die EUDR ersetzt, aber letztere betrifft mehr Holzprodukte als die bisherige Regelung. Deshalb gilt folgende Unterscheidung:
Falls ein Holzerzeugnis nicht unter die alte Verordnung fäll, gilt ab Ende 2024 die neue Verordnung, falls es dort in Anhang I genannt wird.
Falls ein Holzerzeugnis schon unter die alte Verordnung fällt und nach dem 30.06.2023 erzeugt wurde oder dieses Jahr noch erzeugt wird, gilt bis Ende 2024 die alte Verordnung und ab Silvester 2024 die neue.
Falls ein Holzerzeugnis schon unter die alte Verordnung fiel und schon vor dem 29.06.2023 erzeugt wurde, gilt aufgrund einer mehrjährigen Übergangsfrist bis Ende 2027 die alte Verordnung und ab Silvester 2027 die neue.
In folgender IHK-Auflistung werden alle Holzerzeugnisse aus Anhang I genannt und dabei die neu betroffenen Holzerzeugnisse fett markiert: Link zur Auflistung
Die in Anhang I beim KN-Code 4415 formulierte Ausnahme für Holzverpackungen gilt nach allgemeiner Lesart nur dann, wenn diese Holzverpackungen mit anderweitigen Erzeugnissen befüllt sind (z. B. Import einer Maschine in einer Holzkiste). Sie gilt dagegen nicht für den Import oder die Herstellung leerer Verpackungen, die dann als Verpackungsmaterial verkauft werden, d. h. in diesen Fällen ist die Verordnung zu beachten.
Die besagte Ausnahme für Holzverpackungen mit Waren darin gilt vermutlich nicht für Verpackungen aus Karton oder ähnlichem, da KN-Code 4819 unter die Verordnung fällt und dort derartige Kartonverpackungen als betroffene Waren beschreibt und hier keine entsprechende Ausnahme für Verpackungen mit Ware darin formuliert ist.
Bei Händlern wird unterschieden, ob sie kleine bzw. mittlere Unternehmen („KMU“) oder „Nicht-KMU“ (also größer) sind, was im Hinblick auf die ihnen zugeordneten Pflichten wichtig ist. Außerdem wird für Kleinst- und kleine Unternehmen (also nicht für mittlere und nicht für größere) eine zusätzliche halbjährige Frist eingeführt, d. h. sie müssen die Pflichten nicht ab 30.12.2024, sondern ab 30.06.2025 einhalten. Diese halbjährige Verlängerung gilt laut Artikel 38 der neuen EUDR jedoch nicht für Holz, dass schon unter die Vorgänger-Verordnung EUTR (EU-Holzhandelsverordnung, EU 995/2010) fiel!
Kleine und mittlere Unternehmen werden durch den Verweis auf die Richtlinie 2013/34/EU wie folgt definiert:
Kleine Unternehmen unterschreiten min. zwei der folgenden Grenzen: 50 Mitarbeiter, Bilanzsumme 5 Mio. €, Nettoumsatzerlöse 10 Mio. €;
Mittlere Unternehmen unterschreiten min. zwei der folgenden Grenzen: 250 Mitarbeiter, Bilanzsumme 25 Mio. €, Nettoumsatzerlöse 50 Mio. €
Bei den hier zitierten Werten ist bereits berücksichtigt, dass diese in der besagten Bilanz-Richtlinie 2013/34 mittels der Delegierten Richtlinie 2023/2775 ab dem Geschäftsjahr 2024 erhöht wurden!
Eine der Kernforderungen der EUDR an Importeure ist die Einhaltung praktisch aller Rechtsvorschriften im Ursprungsland. Dies kann in der Praxis wohl kaum lückenlos erreicht werden, weshalb es vermutlich auf eine Flut von gegenseitigen „Bestätigungen“ hinausläuft, deren Verlässlichkeit zweifelhaft sein dürfte.

Laut Artikel 33 der EUDR wird die EU-Kommission bis zum 30.12.2024 ein Informationssystem für die Registrierung, die Sorgfaltserklärungen, deren Referenznummern etc. etablieren (also ein neues Internet-Portal). Aktuell besteht dieses System leider noch nicht; vermutlich wird es erst ziemlich knapp vor dem genannten Termin betriebsbereit sein. Wie Unternehmen dann trotzdem schon ab 30.12.2024 alle Vorgaben erfüllen können sollen, bleibt hierbei leider unklar.
Informationen der Bundesregierung zum Thema finden Sie hier und hier sowie in einer FAQ-Sammlung an dieser Stelle.
Einen guten Überblick bietet auch die IHK Würzburg7Schweinfurt/Mainfranken.