Grüner Wasserstoff

Zur Erreichung der Klimaneutralität setzt die Politik auf grünen Wasserstoff – dafür müssen neue Infrastrukturen aufgebaut, Finanzierungsmodelle entwickelt und technische Fragestellungen gelöst werden. Ein Überblick zu politischen Vorhaben:

Was ist grüner Wasserstoff?

Im Februar 2023 formulierte die Europäische Kommission durch einen delegierten Rechtsakt die Kriterien für grünen Wasserstoff. Im Juni ist der finale Text der delegierten Verordnung im Europäischen Amtsblatt erschienen.
Demnach gelten die Kriterien als erreicht, wenn der durchschnittliche Anteil erneuerbarer Energien im Stromsektor in der jeweiligen Gebotszone über 90 Prozent liegt. Der Wasserstoff ist zudem als "grün" definiert, wenn die Emissionsintensität bei der Stromproduktion in einer Gebotszone unter 18 Gramm CO2-Äquivalent pro Megajoule liegt.
Zum Vergleich: In Deutschland liegt der Wert bei dem Fünffachen. Von den Gebotszonenkriterien profitieren daher nur Staaten mit einem hohen Anteil an Wasserkraft und Atomenergie wie beispielsweise Schweden und Frankreich. In diesen Ländern können somit wetterunabhängige und stabile Produktionsbedingungen für grünen Wasserstoff geschaffen werden.
Die Wasserstoffproduktion in Deutschland ist damit jedoch nicht unmöglich. Der produzierte Wasserstoff wird auch als erneuerbar betrachtet, wenn die folgenden drei Voraussetzungen erfüllt sind:
  1. Additionalitätskriterium: Ab dem 1. Januar 2028 müssen zusätzliche Wind- und Solaranlagen für die Wasserstoffproduktion errichtet werden, beziehungsweise dürfen nicht älter als 36 Monate sein, bevor sie im Rahmen eines Power Purchase Agreements (PPA) oder per Direktleitung genutzt werden dürfen. Außerdem darf die Anlage weder eine operative noch eine Investitionshilfe erhalten. Eine Übergangsregelung gilt für Erneuerbare-Energien-Anlagen, die vor Ende 2027 gebaut werden: Sie sind weitere zehn Jahre von dieser Regelung ausgenommen.
  2. Zeitkriterium: Ab 2030 darf Wasserstoff nur noch in der gleichen Stunde produziert werden, in der auch die zugehörige PPA-Anlage Strom erzeugt. Bis dahin darf Wasserstoff auch zu Zeiten produziert werden, in denen gerade kein Strom aus der Erneuerbare-Energien-Anlage zur Verfügung steht. Bedingung hierfür ist, dass Stromdefizite innerhalb des Monats bilanziell ausgeglichen werden.
  3. Geografisches Kriterium: Die Wasserstoff-Produktionsanlage muss außerdem in derselben Gebotszone liegen wie die Stromerzeugungsanlage. Ausgenommen sind verbundene Gebotszonen, in denen der Strompreis höher oder gleich hoch ist wie in der Gebotszone, in der die Wasserstoffproduktion stattfindet. Ausnahmen gibt es für Offshore-Anlagen.
Der delegierte Rechtsakt sorgt für Planungssicherheit und bietet zudem längere Übergangsfristen als in vorherigen Entwürfen. Dies ist wichtig, da Vorlaufzeiten für große Elektrolyseur-Projekte und die dazugehörige Infrastruktur in der Regel lange Zeiträume in Anspruch nehmen.

Entwicklungen in der EU

Seit der Veröffentlichung der Wasserstoffstrategie im Juli 2020 wurden zahlreiche Rechtsakte erlassen. Die wichtigsten davon, die sich auf erneuerbaren und CO2-armen Wasserstoff beziehen:
  • Die Erneuerbare-Energien-Richtline (2023/2413) (REDIII) enthält Vorgaben für die Verwendung erneuerbarer Kraftstoffe nicht-biogenen Ursprungs in der Industrie und im Verkehrssektor.
  • Die Delegierte Verordnung EU 2023/1184 macht Vorgaben zur Erzeugung flüssiger und gasförmiger erneuerbarer Kraftstoffe.
  • Die TEN-E-Verordnung über transeuropäische Energienetze definiert Leitlinien für die rechtzeitige Entwicklung und Interoperabilität der vorrangigen Korridore und Gebiete für die Infrastruktur.
  • Mit dem Gaspaket soll die Aufnahme und Integration von erneuerbarem und CO2-armen Gasen in das Energiesystem erleichtert werden. Es umfasst spezifische Vorschriften für den Transport, die Lieferung und die Speicherung von Erdgas und Wasserstoff.

... in Deutschland

Wasserstoffstrategie: Im Jahr 2020 hat die Bundesregierung eine nationale Wasserstoffstrategie vorlegt und im Juli 2023 fortgeschrieben. Die Dokumente beschreiben Ziele für einen Wasserstoffhochlauf bis zum Jahr 2030, den Aufbau der hierfür nötigen Infrastruktur und geeigneter Rahmenbedingungen.
Infrastruktur: Die Bundesregierung hatte im Mai 2021 länderübergreifende Infrastruktur-Projekte für den Aufbau eines europäischen Wasserstoffnetzes als wichtige Vorhaben im gemeinsamen europäischen Interesse (IPCEI) ausgewählt, die zwischen 2023 und 2028 umgesetzt werden sollen. Dazu gehört das Projekt Green Octopus der ONTRAS und der Energiepark Bad Lauchstädt. Mit dem Wasserstoff-Kernnetz sollen bis 2032 große Industriezentren, Speicher, Kraftwerke und Importkorridore angebunden werden. Der Antrag der Fernleitungsnetzbetreiber wurde im Juli 2024 bei der Bundesnetzagentur eingereicht. Die Finanzierung des Kernnetzes soll über die Netzentgelte erfolgen.
Importe: Im Juli 2024 hat das BMWK eine Importstrategie vorgelegt. Sie soll die Versorgung mit ausreichend Wasserstoff und H2-Derivaten für die Dekarbonisierung der deutschen Wirtschaft gewährleisten. Unterstützt wird der Import von gasförmigem und flüssigem Wasserstoff, aber auch von verschiedenen Derivaten wie Ammoniak, Methanol, Naphtha, strombasierten Kraftstoffen sowie Trägermedien wie flüssigen organischen Wasserstoffträgern. Gleichzeitig soll der Aufbau von Importinfrastrukturen für Pipeline- und Schiffstransporte vorangetrieben werden. Dabei will die Bundesregierung eng mit den europäischen Nachbarn, aber auch mit zahlreichen internationalen Partnerländern, -regionen und Akteuren zusammenarbeiten, um die Lieferquellen möglichst breit zu diversifizieren.

... in Sachsen-Anhalt

Sachsen-Anhalt hat im Jahr 2021 eine Wasserstoffstrategie vorgelegt, mit dem Ziel bis zum Jahr 2030 eine Elektrolysekapazität von 1.000 MW im Land aufzubauen. Informationen zum Umsetzungsstand befindet sich im Bericht zur Wasserstoffstrategie. Dort befindet sich auch eine Projektliste mit den Vorhaben in Sachsen-Anhalt.

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