Taxonomie und Energieerzeugung

Die EU-Taxonomie-Verordnung enthält die Kriterien zur Bestimmung darüber, ob eine Wirtschaftstätigkeit als ökologisch nachhaltig einzustufen ist. So soll der Grad der ökologischen Nachhaltigkeit einer Investition ermitteln werden.

Worum geht es bei der Taxonomie?

Die Taxonomie legt den Rahmen für die Entwicklung und die Anwendung einer einheitlichen Klassifizierung nachhaltiger Wirtschaftstätigkeiten in der EU fest. Finanzmarktteilnehmer, wie Kreditinstitute, Wertpapierfirmen oder Versicherungen, müssen offenlegen, ob die als nachhaltig vertriebenen Finanzprodukte den Nachhaltigkeitskriterien der EU-Taxonomie entsprechen.
Die Taxonomieverordnung definiert sechs Umweltziele. Als “nachhaltig” gelten wirtschaftliche Tätigkeiten, die zu mindestens einem dieser sechs Umweltziele erheblich beitragen, ohne dabei einem anderen Ziel signifikant zu schaden.

Die sechs EU-Umweltziele sind:

  • Klimaschutz
  • Anpassung an den Klimawandel
  • nachhaltige Nutzung und Schutz der Wasser- und Meeresressourcen
  • Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft
  • Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung
  • Schutz und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme
Die Sustainable Finance Plattform soll die Kriterien, die zur Bewertung der Nachhaltigkeit herangezogen werden sollen, festschreiben. Für die ersten beiden Ziele stehen bereits entsprechende Kriterien fest. Hierzu werden in Anhängen von mehreren hundert Seiten detaillierte und meist quantitative Bewertungsmaßstäbe für die Nachhaltigkeit von etwa hundert Wirtschaftsaktivitäten festgelegt.

Für wen gilt die Taxonomie?

Nach der Offenlegungsverordnung müssen Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater, die "grüne" Finanzprodukte anbieten, offenlegen, ob und wie sie nachteilige Auswirkungen von Investitionsentscheidungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren berücksichtigen. Ab 2023 müssen Offenlegungspflichten gemäß der Taxonomie inklusive ihrer Bewertungskriterien für jedes Finanzprodukt angewendet werden.
Außerdem betrifft die EU-Taxonomie-Verordnung große kapitalmarktorientierte Unternehmen der Realwirtschaft mit mehr als 500 Arbeitnehmern, die bereits nach der Non-Financial Reporting Directive berichten müssen. Diese Unternehmen müssen seit dem Jahr 2022 (für das Geschäftsjahr 2021) den ökologisch nachhaltigen Anteil ihrer Umsatzerlöse, Investitions- und Betriebsausgaben offenlegen. Ab Januar 2023 wird diese Pflicht auf Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten, einem Umsatz von mehr als 40 Millionen Euro sowie einer Bilanzsumme von mehr als 20 Millionen Euro ausgeweitet.

Was gilt bei der Energieerzeugung?

Die Europäische Kommission hat am 2. Februar 2022 den zusätzlichen delegierten Rechtsakt zur Bewertung des Beitrags der Stromerzeugung in Gas- und Atomkraftwerken zu den Klimaschutzzielen der Taxonomie gebilligt. Mit dem Rechtsakt ergänzt die Kommission den im April 2021 verabschiedeten Kriterienkatalog für zahlreiche Wirtschaftstätigkeiten um Kriterien für die Stromerzeugung in Gas- und Atomkraftwerken.
Die Kriterien für die Stromerzeugung aus Gas sind sehr restriktiv. Unter anderem wird verlangt, dass in den Kraftwerken schon ab 2026 hohe Anteile CO2-arme oder erneuerbare Energien verfeuert werden. Zudem muss ein neues Kraftwerk stets eine ältere, ineffizientere Anlage ersetzen. Beim Neubau oder der Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken wird vornehmlich gefordert, Vorkehrungen für den Betrieb einer Endlagerstätte für hochradioaktive Abfälle ab dem Jahr 2050 zu treffen. Gleich geblieben ist die Anforderung, dass ab dem Jahr 2036 nur noch erneuerbare oder CO2-arme Gase genutzt werden dürfen. Es vorgesehen, dass neue Gaskraftwerke emissionsintensivere, ältere Kraftwerke ersetzen müssen. Im Falle von KWK-Kraftwerken darf die Kapazität hierbei nicht erhöht werden.

Kriterien für Gaskraftwerke

Reine Stromerzeugung

Für Erdgaskraftwerke sieht die Kommission eine Übergangsregelung vor. Für Anlagen, deren Bau spätestens im Jahr 2030 genehmigt wurde, gelten folgende Regeln und Grenzwerke:
  • direkte Treibhausgasemissionen von unter 270 g CO2ä pro kWh erzeugtem Strom
  • oder jährliche Treibhausgasemissionen von durchschnittlich 550 kg CO2ä pro kW installierter Leistung, über 20 Jahre hinweg berechnet,
  • Umstellung auf 100 Prozent erneuerbare und CO2-arme Gase ab dem Jahr 2036,
  • Ersatz einer emissionsintensiveren Anlage, die flüssige oder feste fossile Brennstoffe nutzt,
  • Kapazität des neuen Kraftwerks übersteigt die Kapazität des alten Kraftwerks um maximal 15 Prozent,
  • Ersatz des alten Kraftwerks führt zu einer Treibhausgaseinsparung von 55 Prozent pro kWh erzeugter Energie (über die gesamte Betriebsdauer gerechnet),
  • Mitgliedstaat hat Kohleausstieg beschlossen.
Für alle später genehmigten Anlagen gilt die Stromerzeugung aus fossilem Gas als nachhaltig im Sinne der Taxonomie, wenn die Treibhausgasemissionen über den Lebenszyklus der Anlage hinweg bei unter 100 g CO2ä pro erzeugter kWh Strom liegen. Dies lässt sich nur durch eine sehr hohe Beimischung CO2-armer bzw. CO2-freier Gase (bspw. blauer Wasserstoff oder Biogas) oder die Abscheidung und Speicherung oder Nutzung von CO2 erreichen (CCS/CCU).

Hocheffiziente KWK-Gaskraftwerke

Für KWK-Anlagen, deren Bau spätestens im Jahr 2030 genehmigt wurde, gelten folgende Grenzwerte und Regeln:
  • direkte Treibhausgasemissionen von unter 270 g CO2ä pro KWh erzeugter Energie,
  • Umstellung auf 100 Prozent erneuerbare und CO2-arme Gase ab dem Jahr 2036,
  • Primärenergieeinsparung von mindestens 10 Prozent im Vergleich zur getrennten Strom- und Wärmerzeugung,
  • Ersatz einer emissionsintensiveren Anlage, die flüssige oder feste fossile Brennstoffe nutzt,
  • Kapazität des neuen Kraftwerks übersteigt die Kapazität des alten Kraftwerks nicht,
  • Ersatz des alten Kraftwerks führt zu einer Treibhausgaseinsparung von 55 Prozent pro kWh erzeugter Energie,
  • Mitgliedstaat hat Kohleausstieg beschlossen
In nach 2030 genehmigten Kraftwerken gilt die kombinierte Strom- und Wärmeerzeugung aus fossilem Gas als nachhaltig im Sinne der Taxonomie, wenn die Treibhausgasemissionen über den Lebenszyklus der Anlage hinweg bei unter 100 g CO2ä pro erzeugter kWh Energie liegen. Dies lässt sich nur durch die Nutzung CO2-armer bzw. CO2-freier Gase (bspw. blauer Wasserstoff oder Biogas) oder die Abscheidung und Speicherung oder Nutzung von CO2 erreichen (CCS/CCU).

Vorgaben für Kernkraftwerke

Die Stromerzeugung aus Kernkraftwerken soll ebenfalls als nachhaltig im Sinne des Klimaschutzes eingestuft werden. Dies gilt sowohl für den Neubau (inklusive der Herstellung von Wasserstoff) als auch Laufzeitverlängerungen bestehender Kraftwerke.
Die einzuhaltenden CO2-Grenzwerte entsprechen den Messlatten für Gaskraftwerke und die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien (100 g CO2 pro kWh erzeugtem Strom).
Da die Technologie laut Kommission als Übergangslösung zum Einsatz kommen sollte, wird beim Neubau eine Baugenehmigung bis zum Jahr 2045 gefordert. Eine Laufzeitverlängerung müsste bis zum Jahr 2040 genehmigt werden. Für Neubauten werden konkrete Pläne gefordert, spätestens im Jahr 2050 über Endlager für hochradioaktive Abfälle zu verfügen. Bei Laufzeitverlängerungen, die nach 2025 genehmigt werden, gilt die Regel analog. Auch die Finanzierung der Endlagerung und des Rückbaus muss bereits bei Genehmigung des Neubaus oder der Laufzeitverlängerungen über einen Fonds geregelt sein.

Weitere Informationen

  • DIHK-Interview zu den Auswirkungen auf Unternehmen
  • EU-Taxonomie-Kompass zu den geforderten Inhalten der Berichte
  • FAQ der EU-Kommission zur Auslegung von Rechtsvorschriften und über die Offenlegungspflichten