Diskussion um neue EU-Klimaziele bis 2040 gestartet
Um bis Mitte des Jahrhunderts treibhausgasneutral zu werden, sollen bis zum Jahr 2040 die Treibhausgasemissionen um 90 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 sinken. Die EU-Kommission folgt mit diesem Vorschlag einer Empfehlung des wissenschaftlichen Beirats für Klimawandel.
In der am 6. Februar 2024 veröffentlichten Mitteilung beschreibt die EU-Kommission, wie sie sich den Weg zur Zielerreichung vorstellt. Sie ist dabei grundsätzlich technologieoffener als die deutsche Klimapolitik – wird aber wohl weiterhin mit einer sehr detaillierten Feinsteuerung ihre Ziele durchsetzen. Es bleibt abzuwarten, welche Gesetzesvorschläge nach der EU-Wahl im Juni tatsächlich aus diesen Ideen erwachsen und welche politischen Kompromisse sich im Gesetzesverfahren in den Verhandlungen zwischen Parlament, Rat und Kommission ergeben. Einen Überblick zu den Inhalten finden Sie unten stehend.
Umbau der Energiewirtschaft
Im Umbau der Energiewirtschaft setzt die Kommission auf den Einsatz erneuerbarer und CO2-armer Energielösungen. Letztere enthalten ausdrücklich Kernenergie und Technologien zur CO2-Abscheidung.
- In einem Fahrplan für ein “Industrial Carbon Management” mahnt sie zugleich die nötigen rechtlichen Rahmenbedingungen für Abscheidung, Transport und Schaffung eines Marktes für CO2 an.
- Zur Förderung der künftigen Kernenergienutzung wurde eine Industrieallianz für kleine modulare Reaktoren ins Leben gerufen.
- Die Kommission geht davon aus, dass nach umfangreichen Investitionen zum Ausbau und zur Integration erneuerbarer Energien in das Stromnetz, einschließlich Speichern und Batterien, die Großhandelspreise in zwei Jahrzehnten (wieder) deutlich sinken werden.
- Um diese Zeit zu überbrücken, sei eine maßgeschneiderte Unterstützung für die energieintensive Industrie notwendig.
Die EU-Kommission schätzt, dass sich der Anteil des Stromverbrauchs am Endenergieverbrauch bis zum Jahr 2040 auf 50 Prozent verdoppeln wird. Die Stromerzeugung soll dann überwiegend aus erneuerbaren Energien und Kernenergie erfolgen. Zehn Prozent der Stromerzeugung werden mittels CO2-armen Technologien produziert.
Bis zum Jahr 2040 soll sich der Verbrauch fossiler Energieträger um 80 Prozent – bezogen auf das Jahr 2021 – verringert haben. Die Kohlenutzung werde ausgelaufen sein. Der verbliebene fossile Anteil erfolge zu ca. zwei Dritteln mittels Erdölanwendungen im Transportsektor. Vereinzelte Erdgasanwendungen bleiben für die Industrie, Gebäude und das Stromsystem.
Deal zur Dekarbonisierung der Industrie
Der EU-Kommission schwebt basierend auf dem Green Deal nun ein Deal zur Dekarbonisierung der Industrie vor. So sollen zwar zunächst mit dem Green Deal Industrial Plan, die heimischen Produktionskapazitäten sogenannter Netto-Null-Industrien weiter ausgebaut werden. Für ein Gelingen des Umbaus sei es aber für alle Sektoren wichtig, den richtigen Zugang zu Finanzierung, Fachkräften und erschwinglicher Energie zu erhalten. Die Kommission kündigt eine Taskforce an, die ein globales Konzept für die CO2-Bepreisung und CO2-Märkte erarbeiten soll.
Zur Vermeidung von Abhängigkeiten sollen Wertschöpfungsketten für Schlüsseltechnologien in Europa entstehen und der Zugang zu Rohstoffen auf den globalen Märkten strategisch gesichert werden. Gemeinsame Beschaffungsstrategien sollen Wirtschaftsakteure befähigen bessere Vertragsabschlüsse zu erzielen.
Die Kommission erkennt an, dass aufgrund der europäischen Ambitionen Unterstützungsmaßnahmen zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit der europäischer Exportwaren nötig sind. Gleiche Wettbewerbsbedingungen würden dann erfüllt, wenn andere Länder ebenso CO2-Bepreisungen einführen. Wie genau das gelingen soll, lässt die Mitteilung offen. Konkrete Schritte sind aus den Ergebnissen der Task Force zu erwarten.
Dekarbonisierung im Verkehrssektor
Die Emissionen im Verkehrssektor sollen bis zum Jahr 2040 im Vergleich zu 2015 um ca. 80 Prozent sinken. Die Kommission erwartet umfassende Investitionen in Ladeinfrastruktur und neue Verkehrsträger. Dies und nicht zu unterschätzende Kraftstoffkosten werden Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit von Fuhrunternehmen haben.
Die Kommission kündigt neue Rahmenbedingungen für eine ausreichende alternative Kraftstoffversorgung an und geht von einer Vervierfachung der Elektromobilität im Zeitraum zwischen 2031 und 2040 aus. Im Maßnahmenpaket setzt sie insbesondere auf CO2-Standards, weitere CO2-Bepreisung und eine neue Kraftstoffpolitik. Wie das genau aussehen soll, bleibt offen.