Erwartungsdämpfer trübt Erholungsperspektive
Nach der spürbaren Erholung im Vorquartal erhält die konjunkturelle Stimmung aktuell einen Dämpfer. Grund dafür ist der erneute Lockdown ab November 2020, der die Erwartungen der Unternehmen wieder deutlich eingetrübt hat.
Das Geschäftsklima im südlichen Sachsen-Anhalt fällt daher zum Vorquartal wieder leicht zurück und liegt knapp unterhalb der Nulllinie. Die allgemeine Erholung vom Einbruch zu Jahresbeginn scheint damit zwar nicht beendet, die Erholungsperspektive hat sich aber verschlechtert. Die Rückkehr zur Normalität wird sich entsprechend verzögern.
Allerdings ist der Rückgang der Geschäftserwartungen bei weitem nicht so stark wie im Frühjahr zum ersten Lockdown. Sie stellt keinen Schock mehr dar. Eher eine nachvollziehbare Anpassung der Aussichten angesichts des Rückschlages bei der Infektionslage und den sich daraus ergebenden Maßnahmen.
Durch die unterschiedliche Betroffenheit von den Lockdown-Maßnahmen gibt es auch in diesem Quartal wieder eine gespaltene Konjunkturentwicklung. Während sich z.B. die Industrie weiter erholen kann, bleiben viele andere Branchen weiterhin im Krisenmodus.
Die Geschäftslage steigt im vierten Quartal 2020 an. Mit aktuell 30,5 Prozentpunkten hat sie sich von ihren Tiefs im zweiten Quartal deutlich erholt. Für den Anstieg zum Vorquartal sorgen nahezu alle Branchenbereiche, lediglich das Baugewerbe meldet Eintrübungen. Der Saldo der Geschäftserwartungen verdoppelt dagegen seinen negativen Vorquartalswert auf ‑32,2 Prozentpunkte und beendet damit die bisherige Erholung. Dabei zeigen sich deutliche Verschlechterungen in fast allen Branchenbereichen – lediglich in der Industrie bleiben die Erwartungen zum Vorquartal unverändert.
Industrie: Klima stabilisiert
Das Geschäftsklima in der Industrie kann die Erholung auch im vierten Quartal fortsetzen. Mit 9,5 Punkten liegt es nur wenig unter dem Vorjahresquartal. Die Geschäftslage steigt dabei auf 24,6 Prozentpunkte an. Verbessert haben sich zum Vorquartal vor allem die Auftragseingänge, welche per Saldo nun neutral sind. Der Auslastungsgrad steigt wieder auf 80,6 Prozent und nur noch wenige Unternehmen empfinden ihre Lagerbestände aktuell als zu groß.
Die Geschäftserwartungen setzen aber auch in der Industrie ihre Aufhellung nicht fort, sondern bleiben mit -5,6 Prozentpunkten bei einem leicht pessimistischen Wert. Damit liegen sie wiederum auf Vorjahresniveau. Für den Absatz in die Region und in die alten Bundesländer werden leichte Rückgänge in den kommenden Monaten erwartet, für das Ausland ein geringer Zuwachs. Die Beschäftigungsabsichten entspannen sich in der Industrie aktuell. Mit 6,5 Prozentpunkten wird wieder mehr Beschäftigung in der Branche geplant. Die Investitionsabsichten sind mit einem Saldo von 1,3 Prozentpunkten zum Vorquartal kaum verändert.
Die Entwicklung innerhalb der Industrie ist aktuell sehr einheitlich: Sowohl bei den Vorleistungsgüterproduzenten als auch bei den Investitionsgüterproduzenten steigt das Geschäftsklima weiter an und liegt damit auf Vorjahresniveau. Eine deutliche Entspannung bei den Auftragseingängen führt zu einer verbesserten Geschäftslage. Die Geschäftserwartungen bleiben zum Vorquartal unverändert. Zwischen den Bereichen besteht aber noch immer ein Niveauunterschied – die Investitionsgüterproduzenten, die bereits vor Corona mit strukturellen Problemen zu kämpfen hatten, urteilen weiterhin deutlich schlechter. Bei den Produzenten von Ver- und Gebrauchsgütern steigt das Geschäftsklima ebenfalls leicht an und verteidigt damit das bisher schon gute Niveau.
Baugewerbe: Spürbare Abkühlung
Das Baugewerbe war unmittelbar kaum und bis zum Herbst nur wenig von den Krisenauswirkungen betroffen. Angesichts konstant pessimistischer Erwartungen seit der Corona-Krise war aber wahrscheinlich, dass es zeitverzögerte Auswirkungen geben wird. Diese zeigen sich im aktuellen Quartal nun deutlich mit sinkenden Lage- und Erwartungswerten und führen zu einer spürbaren Abkühlung des Geschäftsklimas. Mit -5,8 Punkten fällt es erstmals seit 2013 wieder unter die Nulllinie. Die Geschäftslage halbiert sich gegenüber Vorjahresquartal. Insbesondere die Einschätzung der Auftragseingänge hat sich weiter verschlechtert.
Dienstleistungen: Rücksetzer bei den Erwartungen
Im Dienstleistungsgewerbe sieht man den starken Einfluss der Eindämmungsmaßnahmen. Sie beenden hier die vorsichtige Erholung der Branche. Während die Geschäftslage sich nochmal verbessert hat, sorgen sie für einen erneuten Einbruch der Erwartungen. Das Geschäftsklima sinkt damit wieder unter die Nulllinie ab auf -4,3 Punkte. Die Geschäftserwartungen trüben auf -42,6 Prozentpunkte ein. Es wird mit stark rückläufigen Umsätzen gerechnet. Gleichzeitig geht man insgesamt von steigenden Preisen aus. Die Investitionspläne reagieren ebenfalls und sinken nach der Erholung im Vorquartal nun wieder ab.
Handel: Lage stabilisiert, Erwartungen trüben wieder ein
Auch der Handel hatte sich bereits spürbar von den Einbrüchen erholt. Bezogen auf die Einschätzung der Lage setzt sich dies fort. Unterstützt wurde die Erholung des Handels durch Nachholeffekte von während der Schließungen ausgebliebenden Käufen und Vorziehkäufen infolge der Mehrwertsteuer-Wieder-Anhebung zum Jahreswechsel. Insbesondere im Kfz-Handel konnte sich die Lage dadurch verbessern. Allerdings versetzen eingetrübte Erwartungen auch hier der Stimmung einen Dämpfer. Im Ergebnis ist das Geschäftsklima zum Vorquartal fast unverändert mit einem nahezu neutralen Saldo von -2,4 Punkten.
Verkehr: Gespaltene Konjunktur
Das Geschäftsklima im Verkehrsgewerbe bleibt auf dem Niveau des Vorquartals. Mit -12,9 Punkten ist es kaum verbessert. Dahinter stehen aber unterschiedliche Entwicklungen. Vorwiegend Unternehmen, die von den Eindämmungsmaßnahmen betroffen sind, geraten durch die aktuelle Verschärfung noch stärker in die Krise. Da verwundert es nicht, dass im Verkehrsgewerbe die Finanzlage mit am stärksten durch die Krise beeinträchtigt wurde. Rund 40 Prozent berichten von Eigenkapitalrückgang, rund 20 Prozent von Liquiditätsengpässen. Fünf Prozent der Verkehrsunternehmen rechnen sogar mit der Möglichkeit ihrer Insolvenz.