Konjunktureinbruch auf breiter Front

Die Konjunkturentwicklung im IHK-Bezirk Halle-Dessau zeigt auch im dritten Quartal 2022 den Einfluss der aktuellen Krisen. Besonders die steigenden Preise belasten Unternehmen und Verbraucher stark. Im Ergebnis verschlechtert sich die Stimmung auf breiter Front: Das Geschäftsklima sinkt deutlich ab und liegt mit -18,7 Punkten aktuell sogar unter den Werten aus der Coronakrise.
Ungeachtet der Unsicherheiten der letzten Quartale blieb die Bewertung der Geschäftslage bis zum vorigen Quartal noch erstaunlich robust. Dies ändert sich aktuell in den meisten Bereichen: Die Geschäftslage der Gesamtwirtschaft fällt auf 11,3 Prozentpunkte ab. Dahinter steht eine anhaltende Verschlechterung der Gewinnlage, welche per Saldo über alle Branchen aktuell mit -34,1 Prozentpunkten deutlich negativ bewertet wird. Damit sinkt die Gewinnlage nun bereits das zwölfte Quartal in Folge.
Der Saldo der Geschäftserwartungen trübt gegenüber seinem ohnehin bereits sehr pessimistischen Niveau im Vorquartal nochmals ein. Mit -48,7 Prozentpunkten ist dies der zweitschlechteste Wert seit Beginn der Befragung vor mehr als 30 Jahren – nur zu Beginn der Coronapandemie waren die Zukunftsaussichten noch pessimistischer. Die Verunsicherung trifft dabei alle Branchenbereiche in ähnlichem Maße. Sowohl der Grad der Eintrübung als auch das Ausmaß des Pessimismus´ ist überall ähnlich. So gehen in allen Branchengruppen mehr als die Hälfte der Unternehmen von Verschlechterungen aus. Der Pessimismus erfasst dabei nun auch die Beschäftigungserwartungen, welche mit ‑15,7 Prozentpunkten deutlich einbrechen. Bei den Investitionsabsichten weitet sich die bisherige Zurückhaltung aus.
IHK-Geschäftsklimaindikator_2022_Q3

Industrie: Spürbarer Abschwung

Das Geschäftsklima in der Industrie fällt mit -12,3 Punkten erstmals seit 2020 wieder in den negativen Bereich. Damit zeigt sich nun deutlich das Bild eines Konjunkturabschwunges. Nach der Erholung von der Coronakrise im Jahr 2021 und der relativen Stabilität der Geschäftslage in den letzten Quartalen bestand bis zuletzt noch die Hoffnung, dass ein allgemeiner Abwärtstrend vermieden werden kann; diese Hoffnung hat sich nun leider zerschlagen.
Als Zeichen dafür kann die deutliche Verschlechterung der Geschäftslage angesehen werden: Aktuell trübt sie deutlich ein und geht auf 20,6 Prozentpunkte zurück. Die Unternehmen berichten von stagnierenden Umsätzen, weiter sinkenden Gewinnen und deutlich weniger Auftragseingängen aus dem In- und Ausland. Auch der Auslastungsgrad geht leicht zurück. Zudem hat sich der Kostendruck durch die steigenden Energie- und Rohstoffpreise seit dem Sommer nochmals verschärft: Aktuell geben 93 Prozent der Industrieunternehmen an, dass diese Gemengelage für ihre wirtschaftliche Entwicklung ein Risiko darstellt. Die Liefereinschränkungen von russischem Erdgas und die daraufhin rasant gestiegenen Energiepreise wirken sich nun drastisch aus.
Die Geschäftserwartungen reagieren ebenfalls stark auf die sich verschärfende Kostensituation: Mit -45,2 Prozentpunkten fällt der Ausblick sehr pessimistisch aus. Die Beschäftigungsabsichten werden nunmehr deutlich angepasst: Der Saldo fällt auf -8,7 Prozentpunkte. Auch bei den Investitionsabsichten wird der gute Vorquartalswert korrigiert und bringt nun spürbare Zurückhaltung zum Ausdruck.
Innerhalb der Industrie schlägt die aktuelle Energiepreiskrise vor allem bei den Vorleistungsgüterproduzenten und den Investitionsgüterproduzenten voll durch. Bei den Produzenten von Ver- und Gebrauchsgütern und dem Bereich Energie, Wasser und Entsorgung verändert sich das Geschäftsklima dagegen kaum.
Grafik Konjunkturentwicklung Industrie

Baugewerbe: Aussichten trüben weiter ein

Im Baugewerbe fällt der Geschäftsklimaindikator aktuell leicht auf -4,8 Punkte. Zwar bewerten bei einem Geschäftslagesaldo von 45,7 Prozentpunkten noch immer die Mehrzahl der Bauunternehmen ihre Geschäftslage als gut, die Geschäftserwartungen aber trüben mit ‑55,3 Prozentpunkten weiter ein. Hintergrund: Die Auftrags­bücher sind derzeit zwar noch gut gefüllt, aber für die Zukunft gehen weniger Aufträge ein. Insbesondere der Wohnungsbau geht zurück. Die aktuellen Rahmbedingungen – steigende Baupreise und -zinsen bei sinkenden Einkommenserwartungen der Bevölkerung – dürften die Nachfrage weiter reduzieren.
Grafik Konjunkturentwicklung Baugewerbe

Dienstleistungen: Im Abwärtssog

Die bisher moderat stabile Konjunkturentwicklung des Dienstleistungsgewerbes zeigt sich aktuell nicht mehr. Die Dienstleister werden voll von der allgemeinen Abwärtsbewegung erfasst und das Geschäftsklima geht im aktuellen Quartal deutlich auf -24,7 Punkte zurück. Die Geschäftslage fällt stark ab, der Saldo landet mit -0,6 Prozentpunkten auf der Nulllinie. Dies markiert den schlechtesten Lagewert seit dem Jahr 2005. Die Kostensteigerungen sind nun auch hier angekommen und belasten die Gewinnlage. Rund 80 Prozent der Unternehmen planen die Preise zu erhöhen. Das wiederum sorgt für Zurückhaltung bei den Kunden. Auch in puncto Investitionen und Beschäftigungsplanung sind die Werte negativ.
Grafik Konjunkturentwicklung Dienstleistungsgewerbe

Handel: Inflation drückt auf die Stimmung

Aktuell ist es vor allem die Situation im Einzelhandel, welche die Gesamtbranche am stärksten beeinflusst. Hier kommen jetzt die Preisanpassungen der vorgelagerten Wertschöpfungsstufen vollständig an und die eigenen Energie- und Arbeitskosten erhöhen zusätzlich den Druck. Das Geschäftsklima sinkt auf -28,7 Punkte ab. Zudem ist das Vertrauen der Verbraucher angesichts zweistelliger Inflationsraten stark gesunken. Die Erwartung rückläufiger Umsätze trübt die Aussichten weiter ein. Da auch der Kostendruck steigt, schrumpft der Spielraum für zukünftige Planungen – entsprechend negativ fallen Beschäftigungs- und Investitionsabsichten aus.
Grafik Konjunkturentwicklung Handel

Verkehrsgerbe: Weiter in schwierigem Fahrwasser

Das Geschäftsklima bleibt mit -26,3 Punkten weiter angespannt. Zwar werden der Umsatz und Auftragseingänge als weitgehend stabil angegeben, aber auch hier ist die Gewinnlage unter Druck. Nach wie vor belastet die Kostenentwicklung: Fast alle Unternehmen der Branche (98 Prozent) sehen die Energie- und Rohstoffpreise (inklusive Kraftstoffe) als Risiko ihrer wirtschaftlichen Entwicklung an. Dazu tritt bei 72 Prozent die Sorge über steigende Arbeitskosten. Die Geschäftserwartungen zeigen sich entsprechend pessimistisch und trüben wieder auf -55,6 Prozentpunkte ein – stark steigende Preise und weitere Umsatzrückgänge werden erwartet.
Grafik Konjunkturentwicklung Verkehrsgewerbe