Erholung per Saldo abgebremst
Die konjunkturelle Entwicklung der Wirtschaft im Süden Sachsen-Anhalts hat sich in den vergangenen Monaten weiter normalisiert. Der Rückgang beim Infektionsgeschehen ermöglichte in vielen Bereichen eine deutliche Erholung. Gleichzeitig zeigen sich aber alte und neue Sorgen. Das IHK-Konjunkturklima geht nach dem deutlichen Anstieg im Vorquartal etwas zurück, verteidigt aber insgesamt das gute Niveau.
© IHK Halle-Dessau
Mit 11,6 Punkten geht das Geschäftsklima zum Vorquartal zurück, aber über dem Vorjahreswert. Dahinter stehen zum Vorquartal stabile Klimawerte bei Dienstleistungen und Verkehrsgewerbe, leichte Rückgänge in Industrie und Bau sowie ein starker Rückgang im Handel. Die Geschäftslage über alle Branchen hinweg ist mit 34,4 Prozentpunkten zum Vorquartal fast unverändert. Die Geschäftserwartungen sinken wieder ab und liegen mit ‑11,3 Prozentpunkten nur noch knapp oberhalb des Vorjahresquartalswertes. Die Beschäftigungs- und Investitionspläne sind davon weitgehend unbeeindruckt und verändern sich nicht, beide Indikatoren bleiben per Saldo leicht oberhalb der Nulllinie.
Insbesondere die Dienstleister und das Verkehrsgewerbe konnten im dritten Quartal zu einer normalen Geschäftstätigkeit zurückkehren. Vielfach zeigt sich sogar beachtlicher Nachholbedarf aus der Corona-Zeit. Dies sorgt aber für neue Verwerfungen. Die unerwartet schnell steigende Nachfrage trifft auf ein verringertes Angebot und begrenzte Transportkapazitäten weltweit. In der Folge kommt es zu Engpässen in vielen produzierenden Bereichen und deutlichen Preissteigerungen insbesondere bei Energie und Rohstoffen. Die Beeinträchtigung für die wirtschaftliche Entwicklung daraus wird aktuell so hoch bewertet wie noch nie – rund 70 Prozent aller Unternehmen sehen hier ein Risiko. Neben den Engpässen steigt zudem wieder die Unsicherheit über eventuelle neue Einschränkungen, falls das Infektionsgeschehen weiter steigt.
Industrie: Stabil auf gutem Niveau
Das Geschäftsklima in der Industrie kann die Erholung der letzten beiden Quartale aktuell nicht fortsetzen. Mit 17,0 Punkten liegt es zwar weiter im positiven Bereich und über dem Vorjahresquartal, sinkt aber zum Vorquartal leicht ab.
Dabei verzeichnet die Geschäftslage aktuell mit 37,4 Prozentpunkten erneut einen sehr guten Wert. Trotz leichtem Rückgang zum Vorquartal behauptet sich somit die Erholung in der Branche. Deutlich gestiegene Umsätze bestätigen das solide Bild. Stabile Auftragseingänge sorgen zudem für eine weiter gute Auftragslage. Die Engpässe bei Material und Vorprodukten führen aber teilweise bereits zu einem „Auftragsstau“. Der Auslastungsgrad steigt aktuell auf 85,5 Prozent an. Belastet wird die Geschäftslage dagegen von den Kostensteigerungen vieler Materialien und vor allem Energie. Die Gewinnlage hat sich bei rund einem Viertel der Unternehmen zum Vorquartal verschlechtert.
Die angebotsseitigen Sorgen wirken naturgemäß (und sogar überwiegend) auch auf die Geschäftserwartungen der Unternehmen. Diese trüben weiter ein und liegen leicht unterhalb der Nulllinie. Rund 69 Prozent der Industrie plant mit steigenden Preisen in den nächsten Monaten – die Situation hat sich damit zum Vorquartal nochmal verschärft.
Die Entwicklung innerhalb der Industrie ist im aktuellen Quartal leicht unterschiedlich: Bei den Vorleistungsgüterproduzenten sinkt das Geschäftsklima ab. Hier zeigt sich nach einer starken Erholung im Vorquartal eine kleine Verschnaufpause. Bei den Investitionsgüterproduzenten geht das Geschäftsklima deutlicher zurück. Es liegt nur noch knapp oberhalb der Nulllinie. Bei den Produzenten von Ver- und Gebrauchsgütern dagegen steigt das Geschäftsklima dagegen wieder an. Bei den Unternehmen aus dem Bereich Energie, Wasser und Entsorgung sorgen aktuell die Preisentwicklungen auf dem Energiemarkt für Unruhe. Das Geschäftsklima geht aufgrund pessimistischer Erwartungen deutlich zurück.
Baugewerbe: Engpässe stören den Aufwärtstrend
Im Baugewerbe ist der Stimmungsaufschwung der letzten beiden Quartale vorerst wieder beendet. Das Geschäftsklima sinkt auf 9,5 Punkte ab und liegt damit auf dem Niveau des Vorjahresquartals. Die Geschäftslage bleibt zum Vorquartal konstant, Umsätze und Auftragseingänge sind stabil. Nur rund ein Zehntel der Bauunternehmen empfindet seinen Auftragsbestand als zu klein. Der Blick auf die kommenden Monate wird aber wieder pessimistisch – die Erwartungen fallen deutlich unter die Nulllinie. Neben dem saisonalen Einfluss sind es die Engpässe bei Material und den Fachkräften, die die weitere Erholung erschweren.
Dienstleistungen: Gute Stimmung hält an
Die Branche hatte stark unter den Eindämmungsmaßnahmen gegen Corona gelitten. Erst im vergangenen Quartal hellte sich das Bild auf und der Ausblick der Unternehmen wurde optimistischer. Diese Erwartungen werden aktuell mit einer entsprechenden Lageverbesserung bestätigt. Allerdings bröckelt der optimistische Ausblick wieder etwas ab. Im Ergebnis kann die Branche aber die gute Stimmung halten und das Geschäftsklima bleibt mit 15,2 Punkten konstant. Darunter sind es die unternehmensnahen Dienstleister, die mit einem stabilen Geschäftsklima die Entwicklung prägen. Bei den persönlichen Dienstleistern gibt es zwar auch starke Umsatzsteigerungen – der Ausblick trübt aber wieder deutlich ein.
Handel: Sorgenvoller Ausblick
Im Handel fällt die Nach-Corona-Erholung bisher am kürzesten aus. Der deutliche Anstieg im Vorquartal wird aktuell wieder korrigiert und das Geschäftsklima sinkt auf ‑10,1 Punkte ab. Die Erwartungen sind so pessimistisch wie Ende 2020 zum zweiten Lockdown. Grund dafür sind neben Sorgen über erneute Corona-Einschränkungen vor allem Preissteigerungen und Engpässe bei Waren. Über die Hälfte der Händler rechnet damit, seine Verkaufspreise anheben zu müssen. Während im Einzelhandel die Preiseffekte noch gedämpft ankommen, sorgen sie im Großhandel und dem Kfz-Handel schon für deutliche Eintrübungen.
Verkehr: Bleibt in der Spur
Das Geschäftsklima ist auf gutem Niveau konstant. Mit aktuell 13,8 Punkten wird die bisherige Erholung verteidigt. Im wichtigen Güterverkehr geht sie sogar aktuell noch weiter. Die Geschäftslage wird erneut besser eingeschätzt. Bei konstantem Umsatz bleibt aber die Gewinnlage weiterhin angespannt. Die Geschäftserwartungen sind auch im Verkehrsgewerbe aktuell wieder etwas skeptischer. Das ausgeglichene Niveau lässt aber eine stabile Entwicklung erwarten. Angesichts steigender Preise insbesondere für Kraftstoff planen auch im Verkehrsgewerbe über die Hälfte der Unternehmen mit steigenden Preisen. Weiterhin gibt es im Verkehrsgewerbe Probleme bei der Personalsuche.