Vertiefte Spaltung
Die konjunkturelle Entwicklung der Wirtschaft im Süden Sachsen-Anhalts ist weiterhin stark von der Corona-Krise geprägt. Insgesamt tritt das Konjunkturklima auf der Stelle – die im Vorjahr unterbrochene Erholung kann auch im ersten Quartal 2021 nicht wieder aufgenommen werden.
Die Seitwärtsbewegung überdeckt aber den Umstand, dass sich hinter diesem Gesamtergebnis sehr unterschiedliche Entwicklungen in den verschiedenen Wirtschaftsbereichen verbergen. Wie schon in den Vorquartalen zeigt sich eine deutliche Spaltung – je nachdem, wie stark die Unternehmen der jeweiligen Branche von der Corona-Pandemie und den Eindämmungsmaßnahmen betroffen sind. Aktuell vertieft sich diese Spaltung noch.
Erneut ist es die Industrie, welche mit einer fortgesetzten Erholung positive Impulse setzt. Nicht nur die geringe unmittelbare Betroffenheit, sondern auch die Überwindung der Krise auf einigen ausländischen Märkten verbessern hier Lage und Erwartungen. Daneben scheint der Abwärtstrend in der Bauwirtschaft zumindest gestoppt – hier verschlechtern sich die Auftragseingänge nicht weiter und die Aussichten hellen etwas auf.
Ganz im Gegenteil dazu bleibt die Lage in den übrigen Branchen (Dienstleistungen, Handel, Verkehr und auch Gastgewerbe) ausgesprochen schlecht. Wegen der Verlängerung der Einschränkungen verbessern sich auch die Erwartungen der Unternehmen kaum, sie bleiben sehr pessimistisch.
Der Geschäftsklimaindex ist nahezu unverändert und liegt mit 2,7 Punkten weiter nahe der Nulllinie. Die Geschäftslage verschlechtert sich dabei deutlich. Mit einem Wert von nur noch 13,0 Prozentpunkten wird der Tiefstwert aus dem zweiten Quartal 2020 fast wieder erreicht. Trotz einer gewissen Aufhellung bleiben die Erwartungen mit -7,7 Prozentpunkten per Saldo im negativen Bereich.
Industrie: Erholung setzt sich fort
Das Geschäftsklima in der Industrie kann – wie schon im vorigen Quartal – die Erholung fortsetzen. Mit 14,8 Punkten liegt es nun deutlich im positiven Bereich und über den Werten im Vor- und Vorjahresquartal. Die Geschäftslage bleibt auf gutem Niveau konstant. Bei den Geschäftserwartungen überwiegen mit 6,6 Prozentpunkten erstmals seit 2019 nun die Optimisten. Dabei rechnen die regionalen Industrieunternehmen mit steigenden Absätzen nicht nur im Ausland, sondern auch wieder in der Region und in den alten Bundesländern.
Die Beschäftigungsabsichten gehen aktuell gegenüber dem Vorquartal zwar leicht zurück, bleiben aber mit -0,4 Prozentpunkten per Saldo immerhin beinahe ausgeglichen. Die Investitionsabsichten dagegen sind mit einem Saldo von aktuell 19,0 Prozentpunkten spürbar verbessert und deutlich expansiv. Neben den wieder besseren Perspektiven in der Branche und der damit verbundenen Zuversicht dürften hier auch einige seit 2020 zurückgestellte Investitionsvorhaben wieder aufgenommen werden. Für rund ein Viertel der Investitionen ist die Kapazitätserweiterung ein Motiv.
Innerhalb der Industrie gibt es dabei leichte Unterschiede. Bei den Vorleistungsgüterproduzenten erscheint die Entwicklung recht stabil: Einem leichten Lagerückgang steht ein leichter Erwartungsanstieg gegenüber. Positive Impulse kommen von den Auftragseingängen aus dem Ausland. Bei den Investitionsgüterproduzenten steigt das Geschäftsklima dagegen deutlich an: Erstmals seit Anfang 2019 verlässt es wieder den negativen Bereich und holt endlich zu den übrigen Industriebereichen auf. Die Auftragseingänge erholen sich hier etwas und sorgen für steigenden Optimismus. Die Geschäftserwartungen erreichen ein Niveau, das zuletzt im Jahr 2018 gemeldet wurde. Bei den Ver- und Gebrauchsgütern geht das Geschäftsklima dagegen leicht zurück, bleibt aber weiter vergleichsweise gut.
Baugewerbe: Talfahrt vorerst gestoppt – Ausblick aufgehellt
Obwohl das Baugewerbe kaum direkt von der Krise betroffen war, verschlechterte sich die Stimmung im Jahresverlauf deutlich. Die Zurückhaltung bei vielen Kunden sorgte für Auftragsrückgänge. Das aktuelle Quartal bringt nun nicht nur die saisonübliche Frühjahrsbelebung, sondern auch eine generelle Aufhellung. Das Geschäftsklima steigt gegenüber dem Vorquartal deutlich auf 11,5 Punkte an und erreicht damit beinahe wieder den Wert des Vorjahresquartals. Die Talfahrt bei den Auftragseingängen scheint vorerst beendet zu sein. Die Geschäftserwartungen erholen sich deutlich und klettern auf 1,1 Prozentpunkte.
Dienstleistungsgewerbe: weiterhin in der Krise
Auch ein Jahr nach Ausbruch der Corona-Krise bleibt die Branche weiter fest im „Würgegriff“ der Eindämmungsmaßnahmen. Das Geschäftsklima verharrt mit -2,7 Punkten weiter im negativen Bereich, eine Erholung ist nicht (ab)zu sehen. Besonders stark leidet inzwischen die Lage. Mit 11,3 Prozentpunkten wird ein Wert markiert, der seit dem Jahr 2005 nicht mehr zu sehen war. Bei den personenbezogenen Dienstleistungen fällt die Lage sogar wieder in den negativen Bereich. Die Erwartungen bleiben trotz leichter Verbesserung weiterhin sehr pessimistisch. Das gilt auch für die Beschäftigungspläne – kaum ein Dienstleister plant aktuell Beschäftigungsaufbau.
Handel: schlechter Jahresstart – Lage getrübt
Auch der Handel kann sich angesichts fehlender Lockerungen nicht von den Krisenauswirkungen lösen. Lockdown und Mehrwertsteuereffekte sorgen für einen trüben Jahresstart. Das Geschäftsklima bleibt fast unverändert mit -3,0 Punkten leicht negativ. Auch hier gibt es keine Zeichen für die Wiederaufnahme der Erholung aus dem letzten Jahr. Die Geschäftslage verschlechtert sich deutlich und liegt unter Vorjahresniveau. Die Erwartungen verbessern sich zwar aktuell, noch immer überwiegen aber die pessimistischen Stimmen. Dabei fallen die Klimawerte beim Großhandel derzeit wieder besser aus, während Einzelhandel und Kfz-Handel eintrüben.
Verkehrsgewerbe: Geschäftslage bricht ein
Das Geschäftsklima im Verkehrsgewerbe sinkt nochmals leicht ab und liegt mit ‑15,9 Punkten weiterhin unterhalb aller anderen Branchenbereiche (mit Ausnahme des Gastgewerbes). Eine Erholung ist auch hier nicht zu sehen, was angesichts der zum Teil deutlichen Betroffenheit vor allem im Personenverkehr verständlich ist. Die Geschäftslage verschlechtert sich deutlich. Dahinter stehen starke Einbußen bei Umsätzen, Gewinnen und auch Auftragseingängen im abgelaufenen Quartal. Die Geschäftserwartungen bleiben dementsprechend noch deutlich negativ und auch die Beschäftigungspläne und Investitionsabsichten sind per Saldo negativ.