Konjunkturabschwung? – Coronaabsturz!
Der stetige, aber moderate konjunkturelle Abwärtstrend im südlichen Sachsen-Anhalt seit Anfang 2018 ist aktuell zu einer massiven Konjunkturkrise geworden. Grund dafür war der Ausbruch der Corona-Pandemie. Die damit einhergehenden Einschränkungen des gesellschaftlichen Lebens haben zu einem abrupten Abfall des Geschäftsklimaindikators geführt. Er stürzte von 16,1 auf aktuell -13,5 Punkte ab.
Einen derart massiven Rückgang gegenüber dem Vorquartal hat es in unserer nunmehr fast 30 Jahre umfassenden Zeitreihe noch nicht gegeben. Der bis dato stärkste Rückgang des Geschäftsklimas war zu Zeiten der großen Finanzkrise - im 4. Quartal 2008 - zu verzeichnen gewesen. Aber selbst dieser damalige Absturz war in etwa gerade einmal halb so stark wie der Aktuelle. Wie bereits 2008 sind es auch aktuell zunächst vor allem die Geschäftserwartungen, die das Klima belasten.
Die weitgehenden Einschränkungen der wirtschaftlichen Tätigkeit, der „shut down“ und seine ungewisse Dauer sorgen für eine weitreichende Verunsicherung. Davon sind im Grunde alle Branchen betroffen, auch solche, die aktuell noch keine großen Lageeinbrüche verzeichnen. Der Saldo der Geschäftserwartungen ist mit ‑59,9 Prozentpunkten so niedrig wie noch nie in der Zeitreihe der IHK Halle-Dessau. Auch bei den Planungen für Beschäftigung und Investitionen halten sich die Unternehmen zurück.
Abschwung wird zur Krise
Das Geschäftsklima in der Industrie sinkt aktuell auf -14,1 Punkte ab. Der Großteil der Industrieunternehmen spürt negative Auswirkungen der Corona-Pandemie, die meisten auf der Kundenseite durch Nachfragerückgang. Der Rückgang entspricht ungefähr dem Einbruch zur Finanzkrise 2008, als die Industrie stark von dem internationalen Vertrauensverlust getroffen wurde. Seinerzeit fiel das Geschäftsklima auf -18,6 Punkte.
Die Geschäftslage wird dabei noch erfreulich gut eingeschätzt. Sie liegt in etwa auf dem Niveau des Vorquartals. Gegenüber dem Vorjahresquartal gibt es aber weiterhin einen deutlichen Abstand. Dieser hatte sich durch den Abschwung im Verlauf des vergangenen Jahres gebildet. Der weitere Ausblick ist jetzt allerdings auch in der Industrie von der Corona-Krise und der damit verbundenen massiven Verunsicherung geprägt. Die Geschäftserwartungen brechen auf -60,7 Prozentpunkte ein. Über 60 Prozent der Unternehmen geben dabei an, dass die Erwartungen durch Corona pessimistischer ausfallen.
Stabilitätsanker trotz eingetrübter Erwartungen
Das Geschäftsklima im Baugewerbe sinkt aktuell ebenfalls ab. Dennoch bleibt das Niveau mit 12,7 Punkten insgesamt noch recht gut und sorgt für etwas Stabilität in der aktuellen Krisensituation. Die Geschäftslage verschlechtert sich auf einem sehr hohen Niveau. Mit der Auftragslage sind die meisten Bauunternehmen aber noch zufrieden - größere Auftragsrückgänge gab es nicht. Auswirkungen der Corona-Krise zeigen sich vielfach durch direkte Einschränkungen und Lieferengpässe. Die Geschäftserwartungen gehen aber auch hier durch die Krise zurück. Der Ausblick ist sehr unsicher und entsprechend wird bei Beschäftigung und Investitionen vorsichtiger geplant.
Schockzustand 1
Das Dienstleistungsgewerbe wird aktuell stark von der Corona-Krise beherrscht. Aufgrund der Betriebsschließungen und des Kontaktverbotes sind hier viele Unternehmen direkt betroffen. Das Geschäftsklima fällt auf -12,4 Punkte. Das ist für die sonst sehr stabile Entwicklung in der Branche eine sehr ungewöhnliche Situation. Die Geschäftslage der Dienstleister geht von ihrem bisher stabil hohen Niveau deutlich zurück, bleibt aber im Saldo noch im positiven Bereich. Deutlich stärker sinken dagegen die Erwartungen, mit -64,7 Prozentpunkten wird ein historisch schlechter Wert markiert. Zwei Drittel der Dienstleister gehen von Umsatzrückgängen aus
Schockzustand 2
Der Geschäftsklimaindikator im Handel ist aktuell besonders deutlich eingebrochen. Mit der öffentlichen Verfügung, die Öffnung von Ladengeschäften bis auf einige Ausnahmen grundsätzlich zu untersagen, gab es für viele Betriebe des Einzel- und Kfz-Handels ab Ende März einen Totalausfall. Das Geschäftsklima geht stark auf -27,1 Punkte zurück und markiert somit den niedrigsten Klimawert seit 2009. Die Branche befindet sich wie auch die Dienstleister in einer Schocksituation. Neben spürbar negativen Auswirkungen bei der Geschäftslage sind es wiederum die Erwartungen, die einbrechen. Fast 70 Prozent der Händler erwarten Umsatzrückgänge in den nächsten Monaten.
Erwartungsabsturz
Auch das Geschäftsklima im Verkehrsgewerbe ist deutlich verschlechtert. Der Index sinkt auf -27,6 Punkte ab. Während die Geschäftslage saisonbereinigt nur moderat zurückgeht, trüben die Geschäftserwartungen dramatisch ein und liegen mit ‑60,5 Prozentpunkten deutlich im negativen Bereich. Fast 70 Prozent der Händler erwarten Umsatzrückgänge in den nächsten Monaten. Auch die weiteren Planungen sind sehr pessimistisch. Bei den Beschäftigungsabsichten hat sich die bisherige Situation deutlich geändert. Während bisher der Mangel an verfügbaren Fachkräften die Unternehmen belastet hat, sind es jetzt die Umsatzsorgen, die die Planungen deutlich reduzieren.