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Bürokratieabbau: IHK fordert mehr Tempo und Konsequenz
Seit Jahren appelliert die Wirtschaft an die Politik, Verwaltungsverfahren zu verschlanken und zu digitalisieren, Genehmigungen zu vereinfachen und zu standardisieren – insgesamt agiler zu werden. Aber zu viele (schlechte) Gesetze lassen die Bürokratie weiter wuchern – und verstärken damit sogar den Fachkräftemangel. 2023 analysierten die IHK Halle-Dessau und die Handwerkskammer Halle, wie die zwei drängendsten aktuellen Herausforderungen für die regionale Wirtschaft zusammenhängen. Wie sich das Bürokratieproblem lösen lässt, haben die beiden Kammern in vier Handlungsempfehlungen herausgearbeitet.
Die steigenden bürokratischen Auflagen und Berichtspflichten für Unternehmern münden in einem immer stärkeren Stellenaufwuchs in der Verwaltung. Mittlerweile besteht ein absolutes Missverhältnis zwischen öffentlichem Dienst und der Privatwirtschaft. Die Bürokratie bindet Arbeitskräfte in der Verwaltung und führt auch in den Unternehmen zu hohem Aufwand.
Was ist also zu tun:
1. Bessere Rechtsetzung
Zunächst braucht es eine bessere Rechtsetzung, die auf Anreize statt auf zahlreiche kleinliche Ge- und Verbote setzt, die wiederum kontrolliert werden müssen. Positivbeispiel Klimaschutz: Beim Emissionshandel erhalten Unternehmer und Bürger Anreize zur Emissionsvermeidung, der Kontrollaufwand hält sich in Grenzen. Neue Regelungen müssen zudem befristet und regelmäßig evaluiert werden.
2. Konsequenter Bürokratieabbau
Es braucht auch einen konsequenten Bürokratieabbau im Regelungsbestand.
3. Mehr Wirtschaftsfreundlichkeit der Verwaltung
Grundsätzlich sind Unternehmen nicht als Gegner zu betrachten! Obenan muss das gemeinsame Interesse an guten Wirtschaftsbedingungen stehen. Politik und Verwaltung sollten sich nicht als Überwacher und Kontrolleur begreifen, sondern als Dienstleister, als Kümmerer, als Ermöglicher. Dazu gehört auch, dass Behördenchefs ihre Mitarbeiter ermutigen, Ermessensentscheidungen im Interesse des Antragstellers und damit letztlich der wirtschaftlichen Entwicklung zu treffen.
4. Digitalisierung der Verwaltung
Eine digitale Verwaltung in Deutschland? Fehlanzeige! Zu wenige Leistungen werden digital bearbeitet. Dabei verspricht eine kluge, konsequente Digitalisierung doch enorme Effizienzvorteile und bindet vor allem weniger Arbeitskräfte in der Verwaltung. Der Weg dorthin: Strukturen und Prozesse entschlacken, verschlanken, radikal vereinfachen und erst danach digitalisieren. Diese Prozesse und Aufgaben zu überprüfen, ist natürlich aufwendig und kostet viel Kraft. Aber das ist eine lohnenswerte Anstrengung, die Verwaltungsaufwand und Bürokratie verringert und vor allem: die hilft, den Fachkräftemangel nicht noch weiter zu verschärfen.
Konkrete Vorschläge für mehr Tempo bei Ansiedlungen
Die IHK-Vollversammlung mahnte im Frühjahr 2023 auch in der deutschen Klima- und Umweltpolitik mehr Realitätssinn und Augenmaß an. Dafür legte das Gremium einen Katalog mit 23 konkreten Vorschlägen vor, um immissionsschutzrechtliche Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Bis in Deutschland Investitionsvorhaben umgesetzt werden, dauert es im internationalen Ver
gleich oft sehr lang. Das Bundesimmissionsschutzgesetz soll die Bevölkerung vor schädlichen Umwelteinflüssen bewahren. Grundsätzlich gut, aber die konkreten Regeln des Gesetzes sind teilweise viel zu kompliziert, so dass viele Genehmigungsverfahren unnötig lange dauern. Dringend benötigte Industrieansiedlungen ziehen sich so oft jahrelang hin, Infrastrukturprojekte sogar über Jahrzehnte. Das wirft unsere Region zurück. Die in den IHK-Gremien aktiven Unternehmer entwickelten deshalb praxisorientierte Maßnahmen, wie die Verfahren beschleunigt werden könnten. Ein Weg dorthin sei die Digitalisierung: Es muss Schluss sein mit Aktenordnern in bis zu 16-facher Ausfertigung.
Von der Planung über die Genehmigung bis zur Realisierung eines Investitionsvorhabens vergeht in Deutschland zu viel Zeit.
© Kraftwerk Schkopau, Saaleenergie GmbH / M. Rost
Konkret schlug die IHK zahlreiche organisatorische Verbesserungen vor: Die Behörden brauchen qualifiziertes Personal, die bereit sind, vorhandene Ermessensspielräume auch tatsächlich auszuschöpfen und im Sinne des Antragstellers zu nutzen. Zudem seien klare Fristenregelungen erforderlich und auch einzuhalten. Den Gesetzgeber forderte die IHK-Vollversammlung unter anderem auf, die Vorgaben im Natur- und Artenschutz zu präzisieren sowie die Einspruchsregeln gegen Genehmigungen „lebensnah“ zu ändern: Was beim Bau von LNG-Terminals möglich ist, sollte auch für andere Anlagen gelten.
Die Vorschläge im Detail mit ausführlicher Argumentationslinie können Sie hier nachlesen: Genehmigungsverfahren im Immissionsschutz beschleunigen
Mittelstandsbarometer Sachsen-Anhalt
Die Landesregierung hat sich im Koalitionsvertrag eine Reihe ambitionierter Ziele gesetzt, unter anderem soll Sachsen-Anhalt zum „mittelstandsfreundlichsten Bundesland“ werden. Der Weg zur wirtschaftsfreundlichen Verwaltung in Sachsen-Anhalt ist noch weit. Die IHK begleitete diesen aber auch 2023 mit Rat und Tat und war beispielsweise mit dem Statistischen Landesamt im kritisch-konstruktiven Dialog. Da Regierungsvorhaben in der Regel für die gesamte fünfjährige Legislaturperiode vereinbart werden, beobachten wir deren Umsetzungsstand regelmäßig.
Auch die Deutsche Industrie- und Handelskammer hat im vergangenen Jahr zahlreiche Ansatzpunkte und Thesen formuliert, mit denen sich schnell konkrete Ergebnisse erzielen und Vertrauen schaffen lassen:
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Hendrik Senkbeil