Gestiegene Energiepreise: lohnsteuerliche Maßnahmen

Aufgrund der hohen Energie- und Kraftstoffpreise hat die Bundesregierung mit dem „Steuerentlastungsgesetz 2022“ verschiedene Steuervergünstigungen auf den Weg gebracht. Zur Entlastung werden dabei folgende lohnsteuerliche Maßnahmen vorgesehen, die rückwirkend zum 1.Januar 2022 in Kraft treten:

Erhöhung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags

Die Erhöhung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags von bislang 1.000 EUR auf 1.200 EUR erfolgt rückwirkend zum 1. Januar 2022.
Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag wird bereits während des Jahres monatlich beim Lohnsteuerabzug in den Steuerklassen I bis V berücksichtigt. Erhöht sich der Arbeitnehmer-Pauschbetrag im Laufe des Jahres 2022 mit steuerlicher Rückwirkung, ist diese rückwirkend im Lohnsteuerabzugsverfahren zu berücksichtigen.
Praxistipp: Eine Arbeitgeberverpflichtung zur rückwirkenden Berücksichtigung besteht nur dann nicht, wenn ihm dies wirtschaftlich nicht zumutbar ist (z. B. weil der Mitarbeiter mittlerweile aus dem Betrieb ausgeschieden ist). Eine Berücksichtigung erfolgt dann im Rahmen der Einkommensteuer-Veranlagung des jeweiligen Arbeitnehmers.

Erhöhung des Grundfreibetrags

Außerdem steigt der Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer rückwirkend zum 1.1.2022 von derzeit 9.984 EUR um 363 EUR auf 10.347 EUR.
Bei Berechnung der Lohnsteuer wird der Grundfreibetrag ebenfalls berücksichtigt. Kommt es zu einer rückwirkenden Erhöhung, ist die Lohnsteuer gleichfalls rückwirkend zu korrigieren, wenn dies dem Arbeitgeber wirtschaftlich zumutbar ist.
Praxistipp: Der zuvor vorgenommene Lohnsteuerabzug ist nach dem Inkrafttreten der Änderungen im Juni 2022 vom Arbeitgeber zu korrigieren, wenn ihm dies wirtschaftlich zumutbar ist (§ 41c Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Satz 2 EStG). Die Finanzverwaltung hat dazu neue Programmabläufe bekannt gemacht, die ab 1. Juni 2022 anzuwenden sind. Die Art und Weise der Neuberechnung ist jedoch nicht zwingend festgelegt. Sie kann durch eine Neuberechnung zurückliegender Lohnzahlungszeiträume, durch eine Differenzberechnung für diese Lohnzahlungszeiträume oder durch eine Erstattung im Rahmen der Berechnung der Lohnsteuer für einen demnächst fälligen sonstigen Bezug erfolgen.

Eine Verpflichtung zur Neuberechnung scheidet aus, wenn der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin keinen Arbeitslohn mehr bezieht oder wenn die Lohnsteuerbescheinigung bereits übermittelt oder ausgeschrieben worden ist (§ 41c Absatz 3 EStG).

Erhöhung der Entfernungspauschale für Fernpendler und lohnsteuerliche Folgewirkungen

Vor dem Hintergrund der aktuellen Benzinpreisentwicklung erfolgt eine vorgezogene Erhöhung der Entfernungspauschale für Fernpendler ab dem 21. Kilometer um 3 Cent pro Kilometer von 35 Cent auf 38 Cent.

Folgewirkung auf die Lohnsteuer-Pauschalierung

Die Erhöhung der Entfernungspauschale ab dem 21. wirkt sich auch auf das Lohnsteuer-Pauschalierungsvolumen nach § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG aus. Nach § 40 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 EStG kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 15 % für die nicht nach § 3 Nr. 15 EStG steuerfreien Leistungen, die in § 40 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 Buchst. a) bzw. Buchst. b) EStG genannt sind, pauschalieren. Der Höhe nach ist die Pauschalierung auf die Beträge begrenzt, die der Arbeitnehmer ansonsten als Werbungskosten geltend machen könnte. Die gestaffelte Entfernungspauschale wirkt sich somit auf die Pauschalierungshöhe aus.

300 Euro Energiepreispauschale 2022

Arbeitgeber müssen Ihren Beschäftigten, die zum Stichtag 1.9.2022 mit ersten Arbeitsverhältnis beschäftigt sind, zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn einmalig eine Energiepreispauschale (EEP) in Höhe von 300 EUR auszahlen. Die Auszahlung erfolgt in der Regel im September, sie unterliegt der Einkommensteuer und ist als “Sonstiger Bezug” auf der Lohnabrechnung zu deklarieren.
Die Erstattung der ausgezahlten EEP erfolgt bei Monatszahlern in jedem Fall mit der Lohnsteuer-Anmeldung für den Monat August, bei Quartalszahlern im 3. Quartal, in Ausnahmefällen auch erst mit der Jahresmeldung.
Praxistipp: In die Formulare zur Lohnsteuer-Anmeldung wurde eine neue Kennzahl 35 für die Energiepreispauschale aufgenommen. Hierbei ist zu beachten, dass diese Kennzahl nur in den Lohnsteuer-Anmeldungszeiträumen August 2022, 3. Quartal 2022 und in der Jahresanmeldung 2022 gilt. Der Wert in der Kennzahl 35 ist immer ohne Minuszeichen anzugeben.
Bei einer nachträglichen Änderung der Energiepreispauschale ist die entsprechende Lohnsteuer-Anmeldung (August 2022, 3. Quartal 2022 oder in der Jahresanmeldung 2022) zu korrigieren.

Eine FAQ-Liste der Finanzverwaltung beantwortet weitere Fragen u.a. zur Anspruchsberechtigung, zur Festsetzung mit der Einkommensteuerveranlagung, zur Auszahlung an Arbeitnehmer durch Arbeitgeber, zum Einkommensteuer-Vorauszahlungsverfahren und zur Steuerpflicht.

Lohnsteuerliche Behandlung des 9-Euro-Tickets

Im Rahmen der Steuerbefreiung des § 3 Nr. 15 EStG darf der Zuschuss des Arbeitgebers die Aufwendungen des Arbeitnehmers einschließlich Umsatzsteuer für die entsprechenden Fahrberechtigungen nicht übersteigen. Das BMF hat mit Schreiben vom 30.05.2022 (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 30 KB) klargestellt, dass während der Gültigkeit des sog. 9-Euro-Tickets hierbei auf eine jährliche Betrachtung abgestellt werden kann.
Praxistipp: Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, den Zuschuss monatsweise zu zahlen. Arbeitgeber, die im Jahr 2022 bereits eine vollständige Kostenerstattung gegenüber dem Arbeitnehmer für ein Jahresticket vorgenommen haben, müssen den Zuschuss - sofern arbeitsrechtlich möglich - anteilig zurückfordern oder den die tatsächlichen Aufwendungen übersteigenden Betrag steuerpflichtig behandeln.

Beispiel:
Ein Mitarbeiter zahlt für das Jahresticket eines Verkehrsverbundes 720 Euro (also rechnerisch 60 Euro pro Monat). Der Arbeitgeber gewährt einen nach § 3 Nr. 15 EStG steuerfreien Zuschuss von 240 Euro (also rechnerisch 20 Euro pro Monat). In Folge der Einführung des „9-Euro-Tickets“ reduziert der Verkehrsverbund die Kosten für das Jahresticket um 153 Euro (51 Euro x 3 Monate) auf 567 Euro. Der Zuschuss des Arbeitgebers ist immer noch in voller Höhe steuerfrei und zwar unabhängig davon, dass der Zuschuss – rein rechnerisch – in drei Monaten um 11 Euro über den Aufwendungen des Arbeitnehmers liegt.