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Entwaldungsfreie Lieferketten

Für den Konsum von landwirtschaftlichen Erzeugnissen in der Europäischen Union (EU) werden an anderen Orten der Welt Wälder gerodet. Laut der Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) gehen bis zu 90 Prozent der globalen Entwaldung auf diese Rodungen zurück. Antriebsmotiv ist eine große Nachfrage nach Rohstoffen wie Palmöl, Soja und Kakao in Konsumentenländern wie den USA, China und der EU.

Mit der neuen Verordnung (EU) 2023/1115 über entwaldungsfreie Produkte (EUDR) will die EU ihren Anteil an der Entwaldung und Waldschädigung weltweit minimieren und ebenso ihren Anteil an den Treibhausgasemissionen und dem weltweiten Verlust an biologischer Vielfalt verringern.

Die EU-Verordnung über die Bereitstellung bestimmter Rohstoffe und Erzeugnisse, die mit Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung stehen, wurde am 9. Juni 2023 im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Seit Inkrafttreten am 29. Juni 2023 läuft die Umsetzungsfrist.

Laut Entwaldungs-VO dürfen Unternehmen in Zukunft bestimmte Produkte und Rohstoffe in die, beziehungsweise aus der EU, nur noch ein- oder ausführen, wenn ihnen vom Lieferanten eine Sorgfaltserklärung vorliegt, die besagt, dass ein Produkt nicht von einer nach dem 31. Dezember 2020 abgeholzten Fläche stammt und nach diesem Datum auch nicht zu einer anderweitigen Schädigung von Wäldern geführt hat.

Dazu müssen die Erzeuger Geoinformationsdaten zur Verfügung stellen, aus denen hervorgeht, wo sich die jeweiligen Anbauflächen befinden. Diese werden wiederum vom Unternehmen zur Risikobewertung genutzt. Daneben muss nachgewiesen werden, dass Arbeitnehmer-, Menschenrechte und Rechte indigener Völker bei der Produktion geachtet werden.

Betroffene Unternehmen

  • Ab 30. Dezember 2024 Unternehmen, die von der Verordnung erfasste Produkte importieren, exportieren, produzieren oder mit ihnen handeln.
  • Ab 30. Juni 2025 dann auch Kleinstunternehmen bzw. kleine und mittlere Unternehmen (KMU).

Die EU-Kommission hat eine Verschiebung der Entwaldungsverordnung um 12 Monate vorgeschlagen, um den EU-Unternehmen mehr Vorbereitungszeit zu geben und ebenso eine stärkere internationale Abstimmung zu ermöglichen. Der Rat der EU hat diesem Vorschlag am 16. Oktober 2024 zugestimmt. Allerdings fehlt noch die Zustimmung des Europäischens Parlaments zum neuen Anwendungstermin, um diesen wirksam werden zu lassen.

Betroffene Waren

Der Import, Export und das Bereitstellen auf dem Unionsmarkt der in Anhang I der Entwaldungs-VO aufgeführten Rohstoffe und Erzeugnisse:
  • Rinder
  • Kakao
  • Kaffee
  • Ölpalme
  • Kautschuk
  • Soja
  • Holz
Darunter fallen auch Erzeugnisse, die diese Produkte enthalten, mit diesen gefüttert oder unter deren Verwendung hergestellt wurden, beispielsweise Schokolade, Leder, Luftreifen, Möbel oder Bücher.

Bedingungen


In Artikel 3 der Verordnung sind die Bedingungen definiert, denen Rohstoffe und Erzeugnisse gerecht werden müssen, um auf den Unionsmarkt zu kommen oder ausgeführt werden zu dürfen. Danach muss
  • die Ware entwaldungsfrei sein
  • die Ware gemäß den einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes erzeugt worden sein
  • die Ware mit einer Sorgfaltserklärung versehen sein

Sorgfaltspflichten


Der Produzent eines für den Unionsmarkt vorgesehenen Produktes muss einer umfangreichen Sorgfalts- und entsprechende Nachforschungspflicht entsprechen.
Informationsanforderung (Artikel 9)
  • Beschreibung des Erzeugnisses (inklusive einer Liste relevanter Rohstoffe, welche das Erzeugnis enthält oder unter deren Verwendung es hergestellt wurde)
  • Geolokalisierung aller Grundstücke, auf denen die relevanten Rohstoffe, die das Erzeugnis enthält oder unter dessen Verwendung es hergestellt wurde produziert wurden, sowie den Zeitpunkt der Herstellung
  • Schlüssige und überprüfbare Informationen darüber, dass das Erzeugnis entwaldungsfrei ist
  • Schlüssige und überprüfbare Informationen darüber, dass für das Erzeugnis die Rechtsvorschriften des Herstellungslandes eingehalten wurden
Risikobewertung (Artikel 10)
  • Risikobewertung eines Erzeugerlandes resp. seiner Landesteile und -regionen
  • Präsenz von Wäldern und indigenen Völkern im Erzeugerland
  • Prüfung von Ansprüchen indigener Völker auf die Nutzung des Herstellungsgebietes oder dessen Eigentumsverhältnisse
  • Verbreitung der Entwaldung oder Waldschädigung im Erzeugergebiet
  • Ausmaß der Korruption, mangelnde Strafverfolgung, Verstöße gegen Menschenrechte
Risikominimierungs-Maßnahmen (Artikel 11)
Hat die Bewertung nach Artikel 10 kein vernachlässigbares Risiko ergeben, sind vom Unternehmen vor dem Inverkehrbringen geeignete Maßnahmen zur Risikominderung zu fordern. Dies sind
  • die Anforderung weiterer Informationen, Daten oder Unterlagen
  • die Durchführung unabhängiger Erhebungen oder Audits
Auch sind von betroffenen Unternehmen angemessene Strategien, Kontrollen und Verfahren zu implementieren, um das Risiko der Nichtkonformität der relevanten Erzeugnisse zu reduzieren. Aufgeführt ist Folgendes:
  • Modellverfahren für das Risikomanagement, Berichterstattung, Aufzeichnungen, interne Kontrolle und Compliance-Management sowie die Benennung eines Compliance-Beauftragten (nicht für KMU).
  • Eine unabhängige Prüfstelle zur Überprüfung der vorausgegangenen Punkte
Laut Verordnung sind diese Informationen innerhalb der Lieferkette weiterzugeben. Die Dokumentationskette reicht dabei bis zum Betrieb, der das Produkt an den Endkunden abgibt. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die nicht Erst-Inverkehrbringer sind, müssen Aufzeichnungen über Lieferanten und Kunden sammeln und diese Informationen für mindestens fünf Jahre aufbewahren. Sie dürfen Rohstoffe und Erzeugnisse nur bei Erhalt der notwendigen Referenznummer der Sorgfaltserklärung auf dem Markt bringen.

Sorgfaltserklärung
Kommen betroffene Unternehmen zu dem Ergebnis, dass kein oder nur ein vernachlässigbares Risiko besteht, übermittelt das Unternehmen eine Sorgfaltserklärung über das EU-Informationssystem.

Die Sorgfaltserklärung muss gemäß Anhang II der Verordnung (EU) 2023/1115 folgende Angaben enthalten:
  • Name und Anschrift des Unternehmens sowie bei Einfuhr / Ausfuhr die EORI-Nummer
  • HS-Code des Erzeugnisses inkl. Warenbeschreibung und Menge
  • Erzeugerland und Geolokalisierung
  • Bestätigung der Sorgfaltspflichterfüllung gemäß der Erklärung in Anhang II Nr. 5
  • Unterschrift inkl. Name und Funktion

EU-Informationssystem

Hierbei handelt es sich um IT-System, welches die Sorgfaltserklärungen enthält, die von Unternehmen zur Einhaltung der Anforderungen der Verordnung abgegeben werden. Mit Geltungsbeginn der Verordnung wird das System betriebsbereit sein und den Nutzern die in Artikel 32 Absatz 2 der Verordnung aufgeführten Funktionen bieten.

Den Zugriff auf das Informationssystem erhalten Unternehmen über das Application Programming Interface (API). Auf dieser Grundlage prüfen zuständige Behörden, ob die Unternehmen den Anforderungen der EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) entsprechen.

Die EU-Kommission hat zwischenzeitlich die technischen Spezifikationen für das API veröffentlicht. Vorgesehen ist auch eine umfangreiche Testphase.

Die Entwicklungen im System bis Ende 2024 sehen so aus:
  • Juli - August:
    Veröffentlichung von Informationsvideos über die Funktionen des Informationssystems
  • September:
    Veröffentlichung von User-Informationen zum System
  • Oktober:
    Schulungen zusammen mit den Behörden der Mitgliedstaaten
  • Mitte November:
    Eröffnung der Registrierung
  • Mitte Dezember:
    Einführung des Live-Systems, Einreichung von Sorgfaltserklärungen
Die Registrierung im EU-Informationssystem für die EU-Due-Diligence-Verordnung (EUDR) ist seit dem 6. November 2024 möglich. Unter https://eudr.webcloud.ec.europa.eu/tracesnt/login ist diese möglich. Markbeteiligte können hier demnächst ihre Sorgfaltserklärungen abgeben, welche dann mit einer Referenznummer versehjen werden. Diese Nummer begleitet das Produkt entlang der gesamten Lieferkette. Die zuständigen Behörden der EU-Mitgliedsstaaten haben ebenfalls Zugriff auf die abgegebenen Erklärungen.
HINWEIS:
Obwohl die Registrierung ab sofort möglich ist, können Sorgfaltserklärungen erst ab dem 2. Dezember 2024 abgegben werden.
Aufgrund hoher Nutzerzahlen kann es laut Kommission zu Verzögerungen bei der Registrierung kommen.

12.11.2024

Weitere Informationen hat die EU-Kommission auf ihrer Website veröffentlicht.

FAQ’s der EU-Kommission – veröffentlicht von der Bundesanstalt Landwirtschaft und Ernährung

Unternehmen, die entsprechende Rohstoffe und Erzeugnisse ein- oder ausführen, müssen bei der Registrierung im Trade Control and Export System (TRACES.NT) ihre EORI-Nummer angeben.

Händler, die keine EORI-Nummer haben, können sich über eine der anderen von TRACES unterstützten Identifikationsnummern wie Umsatzsteuernummer, nationale Unternehmensnummer oder steuerliche Identifikationsnummer (Id-Nr) registrieren.

Kontrollen

Kontrollen sollen nach einem risikobasierten Ansatz erfolgen. Zu diesem Zweck wird zusätzlich bis zum 30. Dezember 2024 ein dreistufiges System einer Länderbewertung von Mitgliedstaaten und Drittländern zur Verfügung gestellt (geringes, normales und hohes Risiko). Die Liste der Länder wird spätestens am 30. Dezember 2024 veröffentlicht.

Als zuständige Behörde für Deutschland nimmt die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) die Aufgaben wahr, die sich durch die Entwaldungs-VO ergeben. Auf ihrer Website werden neben allgemeinen Informationen auch die FAQs der EU-Kommission in englischer und in einer nichtamtlichen deutschen Übersetzung angeboten. Auch ein kurzes Erklär-Video bringt die Thematik näher.
Verstöße gegen diese neue EU-Verordnung können mit
  • hohen Bußgeldern, bis 4 Prozent des Jahresumsatzes,
  • dem Einzug der relevanten Erzeugnisse,
  • der Einziehung der Einnahmen aus der Transaktion mit den relevanten Erzeugnissen,
  • den vorübergehenden, im Höchstfall 12 Monate dauernden Ausschluss von Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge und vom Zugang zu öffentlicher Finanzierung, darunter auch Ausschreibungsverfahren, Finanzhilfen und Konzessionen,
  • einem vorübergehenden Verbot des Inverkehrbringens oder der Bereitstellung auf oder der Ausfuhr aus dem Unionsmarkt von relevanten Rohstoffen / relevanten Erzeugnissen und
  • einem Verbot der Anwendung der vereinfachten Sorgfaltspflicht gemäß Artikel 13 bestraft werden.

Übergangsfrist und Verhältnis zur EU-Holzhandelsverordnung

Als unmittelbar geltendes EU-Recht muss die Verordnung nicht in nationales Recht umgesetzt werden. Sie ist grundsätzlich ab dem 30.12.2024 anzuwenden (Artikel 38 Absatz 2).

Bestimmte KMU profitieren von einer längeren Anpassungsfrist, da für diese die Pflichten erst ab dem 30.06.2025 (Artikel 38 Absatz 3) gelten.

Die EU-Holzhandelsverordnung (EU) Nr. 995/2010 wird mit Wirkung vom 30.12.2024 aufgehoben (Artikel 37).

Allerdings gibt es für bestimmte Erzeugnisse Übergangsregelungen (Artikel 37). Etwa besteht für bestimmte Erzeugnisse, die vor dem 29.06.2023 erzeugt und ab dem 30. Dezember 2024 in Verkehr gebracht wurden, eine Übergangsfrist bis 31.12.2027 (Artikel 37 Absatz 1).

Im Zusammenhang mit der bisherigen Holzhandelsverordnung ist darauf hinzuweisen, dass in Anhang I der Verordnung (EU) 2023/1115 eine erhebliche Ausweitung der erfassten Holzprodukte vorgenommen wurde. Folglich werden zukünftig auch zahlreiche Wirtschaftsakteure in Bezug auf Holz betroffen sein, die bislang nicht in den Anwendungsbereich der Sorgfaltspflichten nach der Holzhandelsverordnung fielen.



Informationsstellen


15.07.2024
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