Innovation und Umwelt

Bodenschutz: EU-Kommission fordert mehr Initiative

Die EU-Kommission hat zwei Berichte zur Bodendegradation in der EU vorgelegt. Zum einen eine wissenschaftliche Studie über den Zustand der Böden in der EU und zum anderen einen Bericht über die Umsetzung der Thematischen Strategie für den Bodenschutz. Die Berichte sind auch eine Aufforderung an die Regierungen der Mitgliedstaaten, die Verhandlungen über eine EU-Bodenschutzrahmenrichtlinie fortzuführen.
Am 13. Februar 2012 hat die Europäische Kommission zwei Berichte zum Thema Bodenschutz in der Europäischen Union vorgestellt. Damit verbunden ist die Aufforderung an die Regierungen der Mitgliedstaaten, die seit Ende 2007 blockierten Verhandlungen um eine EU-Bodenschutzrahmenrichtlinie fortzuführen.
Studie „The state of soil in Europe“
Die Studie „The state of soil in Europe”, die von der Gemeinsamen Forschungsstelle der Kommission (JRC) auf Grundlage von Daten der Europäischen Umweltagentur erstellt wurde, stellt fest, dass die Bodenressourcen in großen Teilen Europas überbeansprucht werden und unwiederbringlich verloren gehen. Hintergrund dafür seien unangemessene Landmanagementpraktiken, industrielle Aktivitäten und Landnutzungsänderungen, die zu Versiegelungen, Kontaminierung und Erosion führen. Um genauere Aussagen machen zu können, seien aber die Sammlung von mehr Daten und mehr Forschung über die wirtschaftlichen und ökologischen Funktionen des Bodens notwendig.
Bericht zur Umsetzung der europäischen Bodenschutzstrategie
Der „Bericht der Kommission zur Umsetzung der Thematischen Strategie für den Bodenschutz und über laufende Bodenschutzmaßnahmen“ (KOM(2012)46 vom 13. Februar 2012) stellt fest, dass es auch fünf Jahre nach der Veröffentlichung der Strategie keine systematische Überwachung und keinen systematischen Schutz für die Bodenqualität in der EU gibt. Die EU-Bodenschutzstrategie von 2006 beruht auf vier Säulen: Sensibilisierung für Bodenschutz, Forschung, Einbeziehung in andere Politikbereiche und Rechtsetzung.
Zur Vorbereitung von Maßnahmen auf EU-Ebene hat die Kommission Initiativen zur Förderung des Bodenbewusstseins, Forschungs- und Überwachungsprojekte (z. B. LUCAS, eine Eurostat-Erhebung über Bodenbedeckungs-, Flächennutzungs- und Agrarumweltindikatoren) unterstützt. Außerdem hat die Kommission das Thema Bodenschutz in andere Bereiche der EU-Politik, einschließlich Landwirtschaft und Entwicklung des ländlichen Raums, einbezogen. Im Rahmen der Kohäsionspolitik wurden für den Zeitraum 2007-2013 Mittel in Höhe von rund 3,1 Mrd. EUR für die Sanierung von Industriestandorten und kontaminierten Flächen zur Verfügung gestellt. Mit der neu erlassenen Richtlinie über Industrieemissionen (IVU) wurde ein obligatorischer Bodenzustandsbericht eingeführt. Zudem wurden im Rahmen des 7. Forschungsrahmenprogramms 25 Projekte finanziert, die sich speziell mit Bodenfragen beschäftigen.
Schlussfolgerung des Berichts ist aber, dass die bestehenden Maßnahmen nicht ausreichen, um ein angemessenes Schutzniveau für alle Böden zu gewährleisten. Täglich gehen nach Angaben der Kommission 275 ha fruchtbarer Boden verloren, 1,3 Mio. km2 sind von Bodenerosion durch Wasser betroffen. Die Kommission fürchtet in der Folge um ausreichende Kapazitäten zum Anbau von Nahrungsmitteln, zum Erhalt der biologischen Vielfalt und zur Bekämpfung des Klimawandels und sieht hohen Handlungsbedarf.
Bodenschutzrahmenrichtlinie
Der ursprüngliche Richtlinienvorschlag der Kommission über eine Bodenschutzrahmenrichtlinie aus dem Jahr 2006 wurde im Dezember 2007 durch eine so genannte „blocking minority“ aus fünf Mitgliedstaaten im Rat gestoppt. Neben Deutschland sprachen sich Österreich, Frankreich, die Niederlande und Großbritannien gegen die Richtlinie aus. Deutschland berief sich vor allem auf das Subsidiaritätsprinzip. Seither haben die tschechische, die ungarische und die französische Ratspräsidentschaft ohne Erfolg versucht, einen Kompromiss im Rat zu finden. Umweltkommissar Potočnik hat den Bodenschutz zu einem seiner Schwerpunktthemen erklärt.
DIHK-Einschätzung:
Aus Sicht des DIHK stellt der Bodenschutz keinen grenzüberschreitenden Sachverhalt dar und kann von den Mitgliedstaaten selbst sinnvoller und den regionalen Bedingungen angepasster erledigt werden als von der EU. Das Subsidiaritätsprinzip ist zu wahren. Darüber hinaus regeln andere europäische Vorschriften bereits einzelne Aspekte des Bodenschutzes. Ansätze wie ein allgemein verbindlicher Bodenzustandsbericht im Fall des Verkaufs von Grundstücken etwa führen zu erheblichen administrativen Kosten und Erschwernissen im Grundstücksverkehr.
Deutschland verfügt bereits über ein umfassendes Bodenschutzrecht. Es ist zu befürchten, dass die bisherigen Anstrengungen im Fall einer EU-Bodenschutzrichtlinie nicht anerkannt werden und neue Pflichten für Unternehmen und Verwaltung eingeführt werden. Anstelle eines harmonisierten Bodenschutzrechtes sollte die Europäische Kommission Handlungsfelder identifizieren, in denen europäische Bodenschutznormen im Einzelfall auf europäischer Ebene sinnvoll sind.
Aktuell scheint die „blocking minority“ gegen die Bodenschutzrahmenrichtlinie noch Bestand zu haben. Inwieweit die Verhandlungen um die Bodenschutzrahmenrichtlinie weitergeführt werden, ist noch nicht abzusehen. Das Europäische Parlament wird voraussichtlich eine Stellungnahme zum Bericht über die Umsetzung der Bodenschutzstrategie erarbeiten.
Für das erste Halbjahr 2012 hat die EU-Kommission die Verabschiedung eines EU-Leitfadens für nationale, regionale und lokale Behörden zum Thema Bodenversiegelung geplant. Die Kommission hat zudem angekündigt, Aspekte des Bodenschutzes auch stärker in der bevorstehenden Überarbeitung der Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung einzubeziehen.
(DIHK, 21.2.2012, Nummer 803488)