Innovation und Umwelt

Legionellen

Legionellen – Unternehmen sollten sich wappnen
Drei Tote und 165 Kranke! – Spätestens seit Warstein weiß jeder: Legionellen können höchst gefährlich werden. Gleichwohl haben viele Unternehmen noch nicht ihre Hausaufgaben gemacht.
Legionellen sind stäbchenförmige Bakterien, die sich durch Geißeln fortbewegen können. Sie leben weltweit in Flüssen und Seen, aber auch im feuchten Boden und im Grundwasser. Bei Temperaturen von bis zu 20 Grad vermehren sie sich nur sehr langsam. Zwischen 30 und 45 Grad fühlen sie sich am wohlsten, hier ist die Vermehrungsrate am höchsten. Ab 55 Grad beginnen sie abzusterben.
Die Bakterien können beim Menschen schwere Lungenentzündungen hervorrufen, die – Legionärskrankheit genannt – unbehandelt in 15 bis 20 Prozent der Fälle tödlich verläuft. Begleitet wird die Lungenentzündung durch Unwohlsein, Fieber, Kopf-, Glieder- und Thoraxschmerzen sowie Husten, Durchfälle und Verwirrtheit.
Der Krankheitserreger wurde erst 1977 identifiziert. Im Sommer des Vorjahres war es in Philadelphia zu einer Epidemie gekommen. Bei einem Veteranentreffen der Pennsylvania American Legion waren 180 der 4.400 Teilnehmer erkrankt, 29 kamen ums Leben. Weitere schwere Epidemien ereigneten sich seitdem in Großbritannien, den Niederlanden, Frankreich, Norwegen und Kanada mit 28, 23, 14, 10 bzw. 21 Toten. Der schwerste Fall in Deutschland mit 5 Toten und 65 Erkrankten erschütterte im Jahr 2010 die Stadt Ulm.
Damit die Bakterien die Legionärskrankheit auslösen können, müssen zwei Faktoren zusammenkommen: Erstens muss die Konzentration, die in KBE/ml (kolonienbildende Einheiten pro Milliliter) gemessen wird, hoch genug sein. Zweitens müssen die Legionellen tief in die Lungen gelangen.
Ersteres wird begünstigt, wenn Wasser in der oben erwähnten Temperatur von 30 bis 45 Grad länger steht, wie das beispielsweise in Klimaanlagen und Warmwasserbehältern und –leitungen, aber auch in in der Sonne liegenden Gartenschläuchen der Fall sein kann. Der zweite Faktor tritt hinzu, wenn das legionellenverseuchte Wasser zerstäubt wird und sich dadurch lungengängige Aerosole bilden, die eingeatmet werden. Übertragungen von Mensch zu Mensch sind nicht möglich. Infizierungen durch Essen und Trinken spielen keine Rolle. Sie wären nur möglich, wenn Tröpfchen von verseuchtem Wasser etwa aus einem Untertischboiler versehentlich in die Luftröhre gerieten.
Klassische Gefahrenpunkte sind also – auf Unternehmen fokussiert – Gemeinschaftsduschen sowie Klimaanlagen und Rückkühlwerke, in denen das zu kühlende Wasser versprüht wird, um die Verdunstungskälte optimal zu nutzen. Damit sind zahlreiche Unternehmen angesprochen, die die Sicherheit und Gesundheit ihrer Mitarbeiter und anderer Menschen auf dem Betriebsgrundstück und in der Nachbarschaft zu garantieren haben.
Regelungen für Duschen
Wie ist dies rechtlich gestaltet? – Da ist sind zunächst die Verkehrssicherungspflicht und die Fürsorgepflicht als Arbeitgeber gemäß des Bürgerlichen Gesetzbuches sowie die allgemeinen Vorgaben des Arbeitsschutzrechtes, wie etwa der Arbeitsstättenverordnung. Für Sanitäranlagen wie Gemeinschaftsduschen wird die Trinkwasserverordnung (TrinkwV) konkreter. Sie sieht zur Überwachung im Hinblick auf Legionellen differenzierte Regelungen vor.
Hier heißt es zu Beginn von Paragraf 4: „Trinkwasser muss so beschaffen sein, dass durch seinen Genuss oder Gebrauch eine Schädigung der menschlichen Gesundheit insbesondere durch Krankheitserreger nicht zu besorgen ist.“ Im dritten Absatz des Paragrafen 14 werden „systematische Untersuchungen“ vorgeschrieben. Dafür seien „Probenahmestellen“ einzurichten, die „den allgemein anerkannten Regeln der Technik“ entsprächen. Die Probenahme dürfen nur akkreditierte Labors vornehmen.
Wird eine Grenzwertüberschreitung festgestellt, so müssen gemäß Paragraf 16 Absatz 7 „unverzüglich Untersuchungen zur Aufklärung der Ursachen“ durchgeführt werden. Weiterhin ist „unverzüglich eine Gefährdungsanalyse“ zu erstellen und es sind „unverzüglich Maßnahmen durchzuführen“, „die nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik zum Schutz der Gesundheit der Verbraucher erforderlich sind“.
Neues in der Pipeline für
Verdunstungskühlanlagen
Für Verdunstungskühlanlagen gibt die VDI-Richtlinie 2047 den Stand der Technik vor, die zahlreiche Aufgaben und Pflichten aufführt. Die 42. Verordnung zum Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) über Verdunstungskühlanlagen hat auf dieser Basis verbindliche Regelungen festgelegt. Diese bringen aus Sicht der Wirtschaft zu unverhältnismäßig hohen Aufwand mit sich. Auch sind nach Einschätzung der Betriebe die Grenzwerte zu streng. Sie rechnen aufgrund des vorgeschriebenen Biozideinsatzes mit erheblichen negativen Auswirkungen auf Oberflächengewässer und mit Problemen bei den Einleitererlaubnissen.
Betreiber von Verdunstungskühlanlagen müssen nach § 14 der Verordnung über Verdunstungskühlanlagen, Kühltürme und Nassabscheider (42. BImSchV) ihre Anlagen alle fünf Jahre von einem öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen oder einer Inspektionsstelle Typ A überprüfen lassen. Derzeit werden entsprechende Prüfungen auch von Sachverständigen angeboten, die dafür nicht von einer IHK öffentlich bestellt wurden. Diese Prüfungen sind nach Auffassung des DIHK und des Bundesumweltministeriums nicht zulässig und wurden von ersten Landesbehörden abgelehnt. Anlagenbetreiber sollten deshalb sicherstellen, dass sie ausschließlich für das Sachgebiet bestellte Sachverständige oder Inspektionsstellen Typ A beauftragen. Entsprechende öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige finden Sie hier.
Nach § 19 der 42. BImSchV sind fehlerhafte Prüfungen ordnungswidrig. Sollte von entsprechenden Anlagen ein Unfall verursacht werden, weist das Bundesumweltministerium auf mögliche strafrechtliche Konsequenzen hin.
Strenge Vorgaben
für Klimaanlagen
Klimaanlagen sind gemäß Paragraf 4 Absatz 3 der Arbeitsstättenverordnung „in regelmäßigen Abständen sachgerecht warten und auf ihre Funktionsfähigkeit prüfen zu lassen“. Die VDI-Richtlinie 6022 schreibt als Stand der Technik regelmäßige Hygieneinspektionen vor.
Angesichts der oben beschriebenen großen Gefahr, die unter anderem von Großduschen, Klimaanlagen und Rückkühlwerken ausgehen kann, sollten betroffene Unternehmen sich von ihren relevanten Anlagen ein systematisches Bild machen. Fragen, wo welche Gefahren lauern und ob die rechtlichen Bestimmungen eingehalten werden, sind – eventuell begleitet von Experten – umgehend zu beantworten. Für den Trinkwasserbereich könnte eine Hygieneinspektion sinnvoll sein, bei der die gesamte Trinkwasserinstallation begutachtet wird. Wem hierzu noch ein Argument fehlt, der sollte sich Paragraf 24 der Trinkwasserverordnung ansehen: Dieser trägt die Überschrift „Straftaten“!


Hier finden Sie folgende Links:
- Trinkwasserverordnung