Gemeinwohl-Bilanz
Begeisterung für Nachhaltigkeit - GWÖ-Veranstaltung (Rückblick)
Bei der Veranstaltung "Die Gemeinwohl-Bilanz als Einstieg in die Nachhaltigkeitsberichterstattung" war echte Begeisterung für Nachhaltigkeit zu spüren, die Freude an einem Wirtschaften, das sich an den Belangen von Natur und Mensch orientiert, mit Händen zu greifen.
70 Unternehmensvertreterinnen und -vertreter nahmen am 7. November an der Hybrid-Veranstaltung teil, die die SIHK zusammen mit der IHK Nord Westfalen im Rahmen der NRW-weiten IHK-Kooperation Virtuelles Kompetenznetz Nachhaltigkeit ausgerichtet hat.
Den Aufschlag machte Prof. Dr. Ahmet Yilmaz, Partner bei Dr. Wehberg und Partner, Hagen. Der Wirtschaftsprüfer zeigte die Notwendigkeit einer Transformation der Wirtschaft in Richtung Nachhaltigkeit auf und stellte dar, welche wachsenden Anforderungen künftig an die Nachhaltigkeitsberichtserstattung der Unternehmen gestellt werden.
In Block zwei ging es um die Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ). Es referierten Tobias Daur (lands-concepts, Münster) und Dr. Christoph Harrach (Stiftung Gemeinwohl-Ökonomie NRW, Detmold). Ziel der GWÖ ist ein Wirtschaften, in dem der Mensch nur kauft, um seine echten Bedürfnisse zu befriedigen, und in dem die Unternehmen sich an diesen Grundbedürfnissen orientieren. Konkret: weniger angebotsgetriebener Konsum (Autos und Handys im Zweijahres-Takt, immer das neueste Marken-Outfit für jede Freizeitsportart …) und mehr Wertschätzung für die Natur, Mitmensch und sich selbst. Ganz im Sinne von Ludwig Erhard, der 1957 in „Wohlstand für alle“ schreibt: „Wir werden sogar mit Sicherheit dazu gelangen, dass zu Recht die Frage gestellt wird, ob es noch immer nützlich ist, mehr Güter, mehr materiellen Wohlstand zu erzeugen, oder ob es nicht sinnvoll ist, unter Verzichtsleistung auf diesen Fortschritt mehr Freizeit, mehr Besinnung, mehr Muße und mehr Erholung zu gewinnen.“
Welche Chancen eine Gemeinwohl-Orientierung für Unternehmen eröffnet, schilderten Thomas Kissing (Team Kissing, Menden) und Uwe Rotermund (Noventum IT Management Consulting, Münster), beide GWÖ-zertifiziert. Ganz oben stehen die Freude an der Arbeit, die Zufriedenheit am Arbeitsplatz, und zwar sowohl für Chefinnen und Chefs als auch für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Beide Unternehmer berichteten von einer gewachsenden Attraktivität für Bewerberinnen und Bewerber, von stark sinkenden Krankenständen. Aber auch Kunden wüssten GWÖ-Orientierung zunehmend zu schätzen, so Rotermund. Kissing war zudem wichtig, dass GWÖ nichts mit weniger Effizienz, weniger Engagement und weniger Action zu tun habe. Im Gegenteil: Sie setzte ein großes Engagement frei und starke Innovationskräfte.
Auf der einen Seite die rechtsverbindlichen Vorschriften zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, auf der anderen der freiwillige GWÖ-Ansatz: Für Moderator Christoph Brünger wäre es möglich, dass beides sich symbiotisch ergänzt. "Vielleicht kann die Arbeit an einer GWÖ-Bilanz den Sinn von Nachhaltigkeitsregelungen wie CSRD, Taxonomie-Verordnung oder Lieferkettengesetz besser erfahrbar machen, kann sie spürbar machen, worum es eigentlich geht, und damit Energie für den Transformationsprozess freisetzen", so der SIHK-Geschäftsbereichsleiter.
Dr. Jens Ferber
8-11-2023