Verfahrensordnung des Schlichtungsausschusses

Verfahrensordnung des Schlichtungsausschusses der IHK Ostthüringen zu Gera

(Lesefassung, gültig ab 1. Januar 2016)

§ 1 Errichtung und Zusammensetzung
(1) Die IHK errichtet gemäß § 111 Abs. 2 ArbGG einen Ausschuss zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Ausbildenden und Auszubildenden aus einem bestehenden Berufsausbildungsverhältnis innerhalb des IHK-Bezirks.
(2) Der Ausschuss setzt sich aus je einem Vertreter der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer zusammen.
(3) Die Mitglieder des Ausschusses werden von der IHK für höchstens fünf Jahre berufen. Für die Berufung legt der Berufsausbildungsausschuss Vorschläge vor.
(4) Die Mitglieder üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus. Für bare Auslagen und für Zeitversäumnis wird eine Entschädigung gewährt.

§ 2 Zuständigkeit
(1) Der Ausschuss entscheidet über Streitigkeiten
a) aus einem bestehenden Ausbildungsverhältnis
b) über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Ausbildungsverhältnisses
c) aus unerlaubten Handlungen, soweit diese mit dem Ausbildungsverhältnis im Zusammenhang stehen.
(2) Die Zuständigkeit des Ausschusses entfällt, wenn das Ausbildungsverhältnis unstreitig nicht mehr besteht.
(3) Die IHK entscheidet über die Nichtzuständigkeit des Ausschusses.

§ 3 Vorsitz
Den Vorsitz übernimmt ein Mitglied des Ausschusses nach vorausgegangener Verständigung oder Losentscheid. Der Vorsitzende leitet die Sitzung.

§ 4 Beschlüsse
Beschlüsse sind von den Ausschussmitgliedern einstimmig zu fassen.

§ 5 Antrag
(1) Der Ausschuss wird nur auf Antrag des Auszubildenden oder des Ausbildenden tätig. Ist ein Beteiligter minderjährig, so kann der Antrag nur von den gesetzlichen Vertretern gestellt werden.
(2) Der Antrag ist bei der IHK in Textform einzureichen oder zu Protokoll zu erklären. Die IHK gibt den Antrag unverzüglich dem Ausschuss zur Kenntnis.
(3) Der Antrag soll enthalten:
a) die Bezeichnung der Beteiligten (Antragsteller und Antragsgegner),
b) ein bestimmtes Antragsbegehren,
c) eine Begründung des Antragbegehrens.
(4) Für die Anrufung des Schlichtungsausschusses soll eine Frist von 3 Wochen eingehalten werden.

§ 6 Ladung und Zustellung
(1) Die IHK setzt den Verhandlungstermin fest und beruft den Ausschuss ein. Sie lädt die Beteiligten zur mündlichen Verhandlung ein und ordnet in der Regel ihr persönliches Erscheinen an. Die Ladung ist nach den Regelungen der ZPO zuzustellen.
(2) Der Ladung des Antragsgegners ist eine Ausfertigung des Antrags beizufügen.
(3) Bei minderjährigen Beteiligten sind auch deren gesetzliche Vertreter zu laden.
(4) Die Beteiligten sind in der Ladung auf die Folgen ihres Nichterscheinens (§ 15) sowie auf die Zulässigkeit einer Vertretung (§ 7) hinzuweisen.
(5) Die Ladungsfrist beträgt mindestens drei Tage.

§ 7 Bevollmächtigte
Die Beteiligten können die Verhandlung vor dem Ausschuss selbst führen oder sich vertreten lassen. Für die Vertretung gilt § 11 Abs. 2 ArbGG entsprechend.

§ 8 Öffentlichkeit
(1) Die Verhandlung vor dem Ausschuss ist nicht öffentlich.
(2) Der Ausschuss kann Personen zur Verhandlung zulassen, wenn diese ein berechtigtes Interesse nachweisen.

§ 9 Verfahren vor dem Ausschuss
(1) Den Beteiligten ist ausreichend Gehör zu gewähren. Während des Verfahrens soll eine gütliche Einigung angestrebt werden. Das Verfahren ist so schnell wie möglich durchzuführen.
(2) Der Vorsitzende kann die der Aufklärung der Streitigkeiten dienenden Beweismittel in die Verhandlung einbeziehen.
(3) Eine Beeidigung der Beteiligten, Zeugen oder Sachverständigen ist unzulässig. Zur Entgegennahme von eidesstattlichen Versicherungen ist der Ausschuss nicht berechtigt.

§ 10 Vertagung
Falls für die Aufklärung des Streitfalles ein weiterer Verhandlungstermin erforderlich ist, kann der Ausschuss die Vertagung der Verhandlung beschließen. Mit dem Beschluss über die Vertagung ist zugleich der neue Verhandlungstermin festzusetzen. Der Ausschuss soll nach Möglichkeit in gleicher Besetzung zusammentreten.

§ 11 Abschluss der Verhandlung
Die Verhandlung kann abgeschlossen werden durch:
a) Vergleich (§ 12)
b) einstimmigen Spruch des Ausschusses (§ 13)
c) die Feststellung des Ausschusses, dass kein einstimmiger Spruch möglich war (§ 14)
d) Säumnisspruch (§ 15)
e) Rücknahme des Antrages, die vom Ausschuss festzustellen ist.

§ 12 Vergleich
Ein vor dem Ausschuss geschlossener Vergleich ist unter Angabe des Tages seines Zustandekommens von den Mitgliedern des Ausschusses und den Beteiligten zu unterzeichnen.

§ 13 Spruch
(1) Sofern das Verfahren keine anderweitige Erledigung findet, hat der Ausschuss einen Spruch zu fällen.
(2) Über den Spruch wird in Abwesenheit der Beteiligten beraten. Der Spruch wird im Anschluss daran verkündet. Dabei soll der wesentliche Inhalt der Entscheidungsgründe mitgeteilt werden.
(3) Der Spruch ist unter Angabe des Tages seines Zustandekommens von den Mitgliedern des Ausschusses zu unterzeichnen. Er ist schriftlich zu begründen, soweit die Beteiligten hierauf nicht verzichtet haben.
(4) Den Beteiligten ist eine Ausfertigung des Spruches mit Rechtsmittelbelehrung (§ 18 Abs.3) auszuhändigen oder innerhalb von zwei Wochen zuzustellen.

§ 14 Nichtzustandekommen eines Spruches
(1) Kommt im Ausschuss kein einstimmiger Spruch zustande, wird dies den Beteiligten im Anschluss mitgeteilt.
(2) Den Beteiligten ist darüber eine Niederschrift mit Rechtsmittelbelehrung (§ 18 Abs.3) auszuhändigen oder innerhalb von zwei Wochen zuzustellen.

§ 15 Säumnisspruch
(1) Erscheint der Antragsteller ohne ausreichende Entschuldigung nicht zum Verhandlungstermin und lässt er sich auch nicht vertreten (Säumnis), so ist auf Antrag ein Versäumnisspruch dahingehend zu erlassen, dass der Antragsteller mit seinem Begehren abgewiesen wird.
(2) Bei Säumnis des Antragsgegners ist dem Antragbegehren stattzugeben, sofern die Begründung den Antrag rechtfertigt.

§ 16 Kosten
(1) Das Verfahren ist gebührenfrei.
(2) Jeder Beteiligte trägt die ihm durch das Verfahren entstandenen Kosten selbst. Zeugen und Sachverständige sind von demjenigen Beteiligten zu entschädigen, der sie zum Beweis seiner Behauptung angeboten hat.
(3) Wenn die Regelung des Abs. 2 zu unbilligen Härten führen würde, kann der Ausschuss durch Spruch eine Kostenentscheidung fällen.

§ 17 Niederschrift
(1) Die Beteiligten erhalten eine Niederschrift über das Ergebnis der Verhandlung.
(2) Die Niederschrift wird von einem Mitarbeiter der IHK als Protokollführer aufgenommen.
(3) Die Niederschrift muss enthalten:
a) den Ort und Tag des Verhandlungstermins,
b) die Namen des Ausschussvorsitzenden, des Beisitzers und des Protokollführers,
c) die genaue Bezeichnung des Verfahrens nach den Beteiligten und dem Streitgegenstand,
d) die Angabe der erschienenen Beteiligten sowie der gesetzlichen Vertreter,
e) die wesentlichen Angaben über den Verlauf und das Ergebnis des Termins.
(4) Die Niederschrift ist von den Mitgliedern des Ausschusses und vom Protokollführer zu unterzeichnen.

§ 18 Fristen für Anerkennung und Klage
(1) Ein vom Ausschuss gefällter Spruch (§§ 13, 15) wird nur wirksam, wenn er innerhalb einer Woche nach Aushändigung oder Zustellung anerkannt wird. Die Anerkennung des Spruches kann im Verhandlungstermin, in Textform oder zu Protokoll der IHK erklärt werden.
(2) Die IHK unterrichtet die Beteiligten unverzüglich, wenn der Spruch anerkannt wurde.
(3) Bei Nichtanerkennung des Spruchs ist eine Klage beim zuständigen Arbeitsgericht nur binnen zwei Wochen nach Aushändigung oder Zustellung des Spruches zulässig. Entsprechendes gilt, wenn ein Spruch nicht zustande gekommen ist. Die Klagefrist beginnt mit Aushändigung bzw. Zustellung der Niederschrift.
(4) Ein von den Beteiligten anerkannter Spruch besitzt die Rechtskraft eines Urteils.

§ 19 Vollstreckbarkeit
Aus einem Vergleich, der vor dem Ausschuss geschlossen worden ist (§ 12), und aus einem Spruch des Ausschusses, der von den Beteiligten anerkannt worden ist, findet die Zwangsvollstreckung statt, wenn der Vergleich oder der Spruch von dem Vorsitzenden des Arbeitsgerichts, das für die Geltendmachung des Anspruchs zuständig wäre, für vollstreckbar erklärt worden ist.

Verfahrensordnung des Schlichtungsausschusses
erlassen:
durch die IHK Ostthüringen zu Gera als zuständige Stelle aufgrund des Beschlusses des Berufsbildungsausschusses der IHK Ostthüringen zu Gera vom 24. September 2015
Rechtsgrundlage:
§ 9 in Verbindung mit § 79 Abs. 4 Berufsbildungsgesetz (BBiG) vom 23. März 2005 (BGBl. I, Seite 931), zuletzt geändert durch Artikel 22 des Gesetzes vom 25. Juli 2013 (BGBl. I, Seite 2749)
ausgefertigt:
am 5. Oktober 2015 durch Präsident und Hauptgeschäftsführer
bekannt gemacht:
in der "Ostthüringer Wirtschaft", 11/2015, S. 31-32
in Kraft:
ab 1. Januar 2016