MITTELDEUTSCHER EXPORTTAG

Mehr als nur die Seidenstraße – Handelsrouten auf dem Prüfstand

Die Zahlen stimmen zuversichtlich. Trotz Ukraine-Krieg, Russland-Sanktionen und Unsicherheiten bei den globalen Lieferketten: Die drei mitteldeutschen Bundesländer haben 2022 im Außenhandel zugelegt. Waren im Wert von rund 94 Milliarden Euro wurden exportiert, ein Zuwachs von knapp 13,3 Milliarden im Vergleich zum Vorjahr. Durch Teuerungen sind die Preise jedoch deutlicher gestiegen als die Warenmenge. Außerhalb der EU sind unter anderem China sowie die USA wichtige Exportpartner und belegen die globale Verflechtung der hiesigen Wirtschaft.
Am 13. September 2023 diskutieren Unternehmer und Experten beim Mitteldeutschen Exporttag in Erfurt zu „Welttrends – Routen, Ressourcen, Recruiting“. Gemeinsam mit den Teilnehmern werden Toralf Weiße, Vorstandsvorsitzender im Netzwerk Logistik Mitteldeutschland, und Robert Beuthner, Referatsleiter Außenwirtschaft der IHK Dresden, über Strategien, Lösungen und Ideen sprechen, wie sich Mitteldeutschland unter veränderten Bedingungen im globalen Wettbewerb erfolgreich behaupten kann.
Die schmerzhaften Erfahrungen mit angespannten Lieferketten der vergangenen Jahre sowie anhaltende geopolitische Spannungen haben jedoch ein Umdenken in Gang gesetzt. Russland spielt zwar für die Exporte nur eine marginale Rolle, doch die Handelswege in Richtung China – Stichwort Seidenstraße – sowie der Umgang mit dem Reich der Mitte erfahren eine Neubewertung. 

Abhängigkeiten reduzieren

Als Alternative für Transporte zwischen Europa und China steht vor allem der Mittelkorridor im Fokus. Doch der Weg über Georgien, Aserbaidschan und Kasachstan überzeugt noch nicht durchgängig. Deshalb wird momentan kräftig in den Kapazitätsausbau investiert. Zukünftig könnte hierüber aber nicht nur der Transitweg, sondern auch der Zugang zu den zentralasiatischen Märkten interessant werden. Auf der Suche nach neuen Geschäftspartnern richtet sich bereits heute der Blick Mitteldeutschlands verstärkt auch auf seine östlichen Nachbarn. 
Die EU schlägt mit ihrer globalen Konnektivitätsstrategie Global Gateway ebenfalls einen neuen Weg ein. Rund 300 Milliarden Euro sollen bis 2027 für Investitionen in aller Welt mobilisiert werden. Das Projekt fungiert als Alternative etwa zur chinesischen Belt and Road Initiative. Es soll die EU-Beziehungen zum globalen Süden stärken und verhindern, dass Länder etwa in Afrika in eine zu starke Abhängigkeit von China oder Russland geraten.
Toralf Weiße / Stefan Hensel, Netzwerk Logistik Mitteldeutschland
Unternehmen sind daher bestrebt, die Risiken von Produktionsstopps durch fehlendes Material sowie Unsicherheiten bei den Lieferzeiten zu reduzieren. Das ist eine Mammutaufgabe, die alle Unternehmensbereiche betrifft.

– Toralf Weiße, Vorsitzender des Netzwerkes Logistik Mitteldeutschland

„Eine Mammutaufgabe“ 
Kurzinterview mit Toralf Weiße zu aktuellen Unsicherheiten und möglichen Alternativen

Welche großen Veränderungen gibt es derzeit? 
Vieles von dem, was über Jahrzehnte als verlässlich galt, funktioniert heute nicht mehr. Unternehmen sind daher bestrebt, die Risiken von Produktionsstopps durch fehlendes Material sowie Unsicherheiten bei den Lieferzeiten zu reduzieren. Woher beziehe ich Rohstoffe und Teile? Über welchen Weg erreiche ich bestehende und neue Kunden? Wie kann ich die Logistik absichern und Alternativen zu Abhängigkeiten von einzelnen Partnern finden? Und das alles unter den Rahmenbedingungen von Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Fachkräftemangel. Das ist eine Mammutaufgabe, die alle Unternehmensbereiche betrifft.

Wie stellen sich Unternehmen auf die veränderte Situation ein? 
Ein zentraler Hebel zur Risikominimierung ist die Logistik, die Unternehmen mit den weltweiten Märkten verbindet. Als erste Reaktion wurde in einigen Bereichen verstärkt auf Vorratshaltung statt Just-in-time gesetzt. Auch die Frage nach dem Insourcing von Aufgaben stellt sich wieder. Damit sind jedoch auch Kosten verbunden. Es wird daher genau abgewogen, wie Planungssicherheit unter den aktuellen und mittelfristigen Bedingungen hergestellt werden kann, ohne die Wettbewerbsfähigkeit aufs Spiel zu setzen. 

Und in Zukunft – welche Konsequenzen ergeben sich aus Ihrer Sicht? 
Die Globalisierung der Wirtschaftswelt wird nicht abgeschafft, aber sie verändert sich. Warenströme verlagern sich unter der Prämisse geostrategischer Überlegungen. Daraus ergeben sich auch Chancen. Früher haben wir als Netzwerk Logistik Mitteldeutschland Fachmessen in Moskau und Schanghai besucht. In Zukunft sind wir vielleicht in Singapur oder Aserbaidschan vor Ort.  
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Der Mitteldeutsche Exporttag ist eine der größten Fachkonferenzen zum internationalen Geschäft in Mitteldeutschland, organisiert von den IHKs aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
Der Exporttag informiert praxisnah, vernetzt mit nationalen und internationalen Experten und zeigt Impulse und Chancen für mitteldeutsche Unternehmen in der neuen Welt des Exports auf.
Wie bei sich verschiebenden Märkten die Sicherheit der Lieferketten erhöht und Risiken minimiert werden können, steht im Mittelpunkt des Workshops „Routen – Handelsrouten mehr als nur die Seidenstraße“.

Wann? 13. September, 10-16:30 Uhr
Wo? IHK Erfurt
Die Veranstaltung ist kostenfrei! 

Mehr Informationen, das komplette Programm und Anmeldung
ihk.de/erfurt

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