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Wir können stolz auf unsere Region sein und sollten das auch zeigen!
Ostthüringen ist eine Region, in der man gut leben kann. Mit Umweltqualität, Einkaufsmöglichkeiten, Kinderbetreuung, Wohnraum und Freizeit-, Kultur- und Sportangeboten zeigen sich die hiesigen Unternehmen zufrieden. Deutlich mehr investieren müssen Freistaat, Landkreise und Städte in Standortmarketingaktivitäten und damit in ein positives Image der Region. Im Interview sprechen die Unternehmerinnen Monika Lips und Christine Daum, darüber, was sie an Ostthüringen begeistert und wo sie Handlungsbedarf sehen. Beide sind als Vorsitzende bzw. Stellvertreterin im IHK-Ausschuss Tourismus, Handel, Stadtentwicklung und weiteren Ehrenämtern engagiert.
- Was begeistert Sie in ihrer Stadt und an Ostthüringen?
- Was ist notwendig, damit sich Menschen (und Unternehmen) in ihrer Stadt, ihrer Region, an ihrem Standort „wohlfühlen“, gern dort leben und arbeiten?
- Wo sehen Sie „Defizite“ und was muss getan werden?
- Neben dem Ehrenamt in der IHK engagieren Sie sich auch aktiv in Ihren Städten. Wo sehen und setzen Sie da Prioritäten?
Monika Lips, Inhaberin des Geraer Hotels Zwergschlösschen sowie Vorsitzende IHK-Ausschuss Tourismus, Handel, Stadtentwicklung (r.) und Christine Daum, einzelhändlerin aus Eisenbeg sowie stellvertretende Vorsitzende des IHK-Ausschusses
© IHK Ostthüringen
Was begeistert Sie in ihrer Stadt und an Ostthüringen?
Monika Lips: Es ist eine lebens- und liebenswerte Region, die viel zu bieten hat. Und ich meine nicht nur Natur und Bratwurst, Geschichte, Kultur und Sport. Wir haben viele tolle Unternehmen, „Hidden Champions“, die Weltspitze sind. Wir können stolz auf unsere Region sein und sollten das auch deutlicher zeigen – mit einem aktiven, auch internationalen Marketing und mit unserer persönlichen Wertschätzung. Oft sieht man das Gute vor der Haustür nicht und der kritische Blick überwiegt.
Christine Daum: Genau. Wir haben in Eisenberg die gleichen Probleme, wie jede Stadt: Leerstand, nicht genügend Mitarbeiter und Nachfolger für kleine Geschäfte. Aber wir haben auch einen großen Pluspunkt, der das Flair der Stadt bestimmt und liebenswert macht: Alle Akteure sind gut vernetzt, ziehen an einem Strang und unterstützen einander. So schaffen wir es, unsere Stadt mit attraktiven Events und Festen nach außen sichtbar zu machen und auch unseren Bürgern immer wieder die lebenswerte Seite der Stadt zu zeigen.
Was ist notwendig, damit sich Menschen (und Unternehmen) in ihrer Stadt, ihrer Region, an ihrem Standort „wohlfühlen“, gern dort leben und arbeiten?
Christine Daum: Gerade Eisenberg bietet einiges, sodass sich junge Familien gut aufgehoben fühlen können. Kinderbetreuung, Freizeit, Sport, Musikschule: Es gibt viele Angebote und vor allem kurze Wege. Auch Investitionen im Umfeld, wie zum Beispiel in unseren Klinikstandort, bringen nicht nur Gäste und Kunden in die Stadt, sondern sind auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.
Monika Lips: Ich denke, es wird oft unterschätzt, dass alles, was Touristen und Gäste in eine Stadt zieht, auch attraktiv für Einwohner ist und so zu einem wichtigen Standortfaktor für Unternehmen wird, die Fachkräfte gewinnen und halten wollen. Ich verstehe Tourismus deshalb auch als einen Teil der Wirtschaftsförderung.
Wo sehen Sie „Defizite“ und was muss getan werden?
Monika Lips: Handlungsbedarf sehe ich vor allem darin, bewusst wahrzunehmen, was die Region und die eigene Stadt zu bieten hat und das deutlicher sichtbar zu machen – durch ein aktives Citymanagement, durch intensiveres Standortmarketing und durch ein starkes Tourismuskonzept. Dringenden Handlungsbedarf sehe ich aber auch bei der Politik, die mit bürokratischen Auflagen, Berichts- und Prüffristen und immer neuen Anforderungen den Unternehmern das Leben immer schwerer macht. Als Gastronomin spüre ich jeden Tag, was das für eine unternehmerische und juristische Gratwanderung geworden ist.
Christine Daum: Da könnte ich auch einiges aufzählen. Zum Beispiel müssen für verkaufsoffene Sonntage dem Antrag sehr viele detailreiche Nachweise beigefügt werden, die sich zum Teil widersprechen und so gar nicht erbracht werden können. Das ist für mich überzogene und überflüssige Bürokratie. Elektronische Kassensysteme wurden zur Pflicht – obwohl die Finanzämter die Daten gar nicht übernehmen konnten. Da könnten wir - und ich meine damit alle Unternehmen – noch zahlreiche weitere Beispiele nennen. Das kostet Zeit und Geld und macht das Unternehmersein zunehmend unattraktiv. Kein Wunder, das so viele Ladengeschäfte ohne Nachfolger bleiben.
Beide unisono: Genau diese Folgen unausgegorener (wirtschafts)politischer Entscheidungen immer wieder deutlich zu machen ist ein wichtiger Teil unserer Arbeit im Ausschuss für Tourismus, Handel, Stadtentwicklung der IHK.
Neben dem Ehrenamt in der IHK engagieren Sie sich auch aktiv in Ihren Städten. Wo sehen und setzen Sie da Prioritäten?
Christine Daum: Eisenberg liegt mir nicht nur als Händlerin am Herzen. Ich liebe den Charme der kleinen Stadt in einem eher ländlich geprägten Umfeld. Man kennt sich, will gemeinsam etwas bewegen und ganz wichtig: alle ziehen mit. Deshalb engagiere ich mich auch gern und mit viel Freude in der Eisenberger Innenstadtinitiative, seit einigen Jahren als deren Vorsitzende. Wir 45 Eisenberger Unternehmer freuen uns über die sehr gute Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung. Gemeinsam haben wir schon viel erreicht. Vor allem die großen Events, wie das Mohrenfest, der Frühlings- und Herbstmarkt, oder der Nachtweihnachtsmarkt haben Eisenberg bekannt gemacht. Wir laden regelmäßig auch zum „Heimatshoppen“ ein. Für viele Eisenberger und Besucher sind das feste Termine in ihrem Kalender und sie reisen extra deswegen an. Das geht nur mit viel Engagement und Zusammenhalt - und das ist unsere Stärke.
Monika Lips: In einer größeren Stadt wie Gera sind die Wege länger, die Strukturen vielfältiger und es ist nicht immer einfach, alle Interessen unter einen Hut zu bringen. Eines ist für mich aber klar: Wir müssen die vielen schönen Seiten unserer Stadt bekannter machen – auch über Ländergrenzen hinweg. In meinem Hotel beispielsweise habe ich mehrere Zimmer thematisch ausgestaltet, um meine Gäste auf die vielen schönen Seiten Geras neugierig zu machen: Theater, Schloss Osterstein, Tierpark, Otto Dix, Küchengarten, Weiße Elster, Sportlegenden oder Textilindustrie. Als Stadt müssen wir mehr in das Stadtmarketing investieren. Erste Schritte sind mit der Etablierung eines Citymanagements getan. Weitere müssen folgen, wie die Sichtbarkeit und Leistungsfähigkeit unserer Tourist Information sowie ein starkes Tourismuskonzept. Dafür engagiere ich mich nicht nur in der IHK und auch mit meinem Hotelkonzept, sondern seit der letzten Wahl auch im Stadtrat.
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