IHK-VOLLVERSAMMLUNGSMITGLIEDER VORGESTELLT

Statt zu meckern, etwas Eigenes kreiert

Saskia Beyer hat gemeinsam mit Geschäftspartnern 2013 die ad hoc best services GmbH gegründet, die sie seit 2014 als eine von drei Geschäftsführern leitet. Seit Beginn der aktuellen Legislaturperiode im Februar 2023 ist sie Mitglied der IHK-Vollversammlung und IHK-Vizepräsidentin.

Warum haben Sie sich entschieden, Unternehmerin zu werden?

Die Korsetts waren zu eng, der Horizont zu klein. Ich wollte mehr. Da blieb als logische Schlussfolgerung nur, selbst Geschäftsführerin zu werden.
In den wenigsten Leben verläuft alles wie geplant. Das war bei mir nicht anders. Es ist immer entscheidend, was man daraus macht. Ich wollte ursprünglich in die Psychologie gehen. Der direkte Weg war mir jedoch verwehrt. Es war ein Numerus Clausus Fach und ich war auf dem Weg zum Abitur einfach noch nicht zielbewusst genug. Der Umweg, den ich hätte einschlagen müssen, passte nicht zu meinem Heimatgefühl. Es gibt Leute, die gehen gern weg. Ich bin gern hier verwurzelt. Also zog es mich in den Bereich Wirtschaft und Personalführung, was meinen Interessen entsprach und durchaus auch Psychologie beinhaltet.
Nach meinem Studium und mancherlei Praktika begann ich 2006, als Angestellte zu arbeiten. Das war herausfordernd, da ich nebenbei noch meine Diplomarbeit schrieb. 2009 wechselte ich dann die Firma. Das Schöne war, ich stieg zügig auf in die Ebene unter der Geschäftsführung. Ich hatte also bereits sehr jung viel Personalverantwortung, konnte meine Erfahrungen sammeln und in diese Verantwortung hineinwachsen.
Insofern fiel mir auch auf, was nicht passte, für mich jedenfalls. Die Korsetts waren zu eng, der Horizont zu klein. Ich wollte mehr. Da blieb nur die logische Schlussfolgerung, selbst Geschäftsführerin zu werden. Mit der ad hoc, die eine Namenskreation von mir war, haben wir unser jeweils erstes „Kind“ bekommen. Und daher ist unsere Firma für uns, und insofern auch für mich, wie Familie.
Wir, die Gründer, haben uns als Mittzwanziger im Job kennengelernt und festgestellt, was uns vor Ort missfiel. Statt zu meckern, haben wir etwas Eigenes kreiert – also etwas Konstruktives aus einer Unzufriedenheit gemacht. Vielleicht wurden wir am Anfang nicht immer ernst genommen und abgestempelt. Aber wir sind mit Ehrgeiz, der Bereitschaft uns weiterzuentwickeln und der Überzeugung, dass unsere Idee gut ist, herangegangen und dabeigeblieben – Und der Erfolg hat uns Recht gegeben.

Worin sehen Sie die Vorzüge, Unternehmerin zu sein und wo liegen die Herausforderungen?

Nicht immer nur damit beschäftigt sein, neue Mitarbeiter zu finden oder auch neue Kunden, sondern dass diese sich geschätzt und wohlfühlen und im Idealfall bleiben.
Der größte Vorzug ist, die Entscheidungsfreiheit zu haben, was wir tun, wie wir es tun und mit wem. Der größte Nachteil ist, die Entscheidungsfreiheit zu haben.
Am Ende des Tages, des Monats, des Jahres, müssen die Zahlen stimmen. Man sollte nicht immer nur damit beschäftigt sein, neue Mitarbeiter zu finden oder auch neue Kunden, sondern dass diese sich geschätzt und wohlfühlen. Der Anspruch an uns selbst ist: Leute kommen, um zu bleiben, egal ob Mitarbeiter oder Kunden oder Partner.
Die Herausforderung war am Anfang, Fuß zu fassen. Nun sind es Herausforderungen anderer Art: die Schnelllebigkeit, politische Entwicklungen, ein sehr flexibler Finanzmarkt, und ökologische Herausforderungen sind gewachsen. Auch wir können uns keine Fachkräfte backen, sondern müssen diese finden oder selbst ausbilden – und so gut behandeln, dass sie uns weiterempfehlen, dass sie sich bei uns zu Hause und wohl mit uns fühlen.

Was ist Ihnen als Unternehmerin wichtig?

… agil sein und zuhören können und dies dann auch umsetzen.
Ich möchte mir am Ende des Tages in die Augen sehen können und weder Anstand noch Moral über Bord werfen. Ich möchte erfolgreich sein, aber auch alle anderen teilhaben lassen. Dafür ist es wichtig, agil zu sein und zuhören zu können und dies dann auch umzusetzen. Ich möchte, dass wir uns immer weiterentwickeln und vermeiden, uns auf Lorbeeren auszuruhen. Jede Form von Arroganz bringt Rückschritt. Stolz zu sein auf seine Leistung wiederum ist ein Antrieb.
Neben dem Anspruch die Besten auf dem Markt zu sein, wollen wir auch eine fantastische Unternehmenskultur. Man verbringt so viel Zeit auf Arbeit, mit Kollegen und Mitarbeitern – das sollte einfach Spaß machen und nicht nur notwendiges Übel sein, um Geld zum Leben zu haben. Mein Ziel ist, auch bei weiterem Wachstum den persönlichen Kontakt zu den Mitarbeitern nicht zu verlieren, eine flache Hierarchie zu behalten und innen warmherzig zu bleiben aber nach außen Perfektion zu zeigen.
Mittlerweile sind wir mit insgesamt rund 500 Mitarbeitern in allen Geschäftsbereichen einer der größten Arbeitgeber Geras. Ursprünglich gingen wir als Energiedienstleister an den Start und haben dann aus der Entwicklung heraus unsere Geschäftsbereiche Stück für Stück ausgeweitet. Um bodenständig zu bleiben, war es zunächst wichtig, fest im Sattel zu sitzen. Aus den Bedarfen unserer Kunden und Partner ergab sich dann das Wachstum. Wir sind dabei, eine Firmengruppe aufzubauen, die alles aus einer Hand rund um die Immobilie bieten kann: Sanierung, Bauen, Beratung, Energiedienstleistung, Versicherung, Datenschutz, Digitalisierung, Marketing, Energiekonzepte und natürlich die Umsetzung des Ganzen. Wir werden absehbar auch noch die Themenbereiche Architektur und Innenarchitektur einbeziehen.
Außerdem habe ich die Vision, irgendwann einen eigenen Campus zu integrieren. So können wir Mitarbeitern und zukünftigen Mitarbeitern eine extrem hohe Qualität der Wissensvermittlung bieten und dies immer mit direktem Praxisbezug. Ziel ist, Weiterbildungen individuell zuzuschneiden – nach Bedarfen der Firma, genauso wie nach Wünschen, Fähigkeiten und Können der Mitarbeiter.

Wodurch wurden Ihre Einstellungen, Werte und Entscheidungen geprägt?

Ich möchte mich immer weiter entwickeln, immer wieder Neues entdecken.
Ich bin ein Familienmensch, bin lokal hier vernetzt und meiner Heimat verbunden. Nachdem ich wusste, was ich wollte, war klar: Ich wollte und will viel. – Da gilt es auch, zurückgeben zu können. Nur wer partizipieren lässt, kann auch partizipieren. Ich möchte mich immer weiter entwickeln, immer wieder Neues entdecken .

Was außer dem Unternehmen ist Ihnen noch wichtig?

Hinter jedem Mitarbeiter steht eine Familie. Insofern ist es eine Verantwortungskette. Das ist schön, aber muss auch gehegt und gepflegt werden.
Meine Kinder und meine Familie stehen an erster Stelle, an zweiter bereits mein drittes Baby, die Firma, denn auch die ist irgendwie zur Familie geworden. Hinter jedem Mitarbeiter steht eine Familie. Insofern ist es eine Verantwortungskette. Sie ist schön, aber sie muss gehegt und gepflegt werden, letztlich wie eine Liebe … damit sie wächst und gedeiht.
Ich fühle mich mit meiner Region verbunden und bin hier gut vernetzt, nicht nur privat, sondern auch als Unternehmerin. Wir suchen bei unseren Projekten immer zuerst die Zusammenarbeit mit hiesigen Unternehmen. Nur wenn es uns gemeinsam gelingt, Thüringen und explizit auch Ostthüringen attraktiver zu machen, können wir auch jungen Leuten eine Zukunft bieten und sie hier halten. In der IHK sehe ich dafür die richtige Plattform, um sich dazu offen auszutauschen und gemeinsam etwas zu bewegen – über Branchenzugehörigkeit und Unternehmensgrößen hinweg.
Wenn darüber hinaus noch Zeit ist, bin ich gern mit Freunden unterwegs. Ich reise sehr gern und lasse es mir auf meinen Reisen auch gern gut gehen und genieße das Leben.
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