Carbon-Leakage-Verordnung

Kostenentlastung

Die Carbon Leakage Verordnung (BECV) regelt die Entlastung von Unternehmen, die durch die Anfang 2021 eingeführte CO2- Bepreisung nach dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) in besonderer Weise in ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt sind. Die Entlastung stellt eine Beihilfe dar.
Die Ausgestaltung der BECV orientiert sich stark an der kostenlosen Zuteilung für Carbon Leakage gefährdete Unternehmen im Europäischen Emissionshandel (EU ETS). Gegenüber der Zuteilung im EU ETS ist die Entlastung nach der BECV aber restriktiver ausgestaltet und setzt höhere Anforderungen an die antragstellenden Unternehmen.
Das Bundeskabinett hat die Verordnung Ende März 2021 verabschiedet, sie muss aber noch durch den Bundestag und bedarf einer beihilferechtlichen Genehmigung durch die EU.
Aus dem EU ETS übernommen, wurde die Liste der Carbon Leakage gefährdeten Sektoren (NACE Code, 4-Steller-Ebene) und Teilsektoren (NACE Code, 6-8-Steller-Ebene), die der Industrie zuzuordnen sind. Nur Unternehmen und selbstständige Unternehmensteile, die einem Carbon Leakage gefährdeten Sektor oder Teilsektor zuzuordnen sind, haben die Möglichkeit, eine Beihilfe zu erhalten. Die Sektorenliste kann auf Antrag von Sektoren ergänzt werden, die Kriterien zur Aufnahme sind aber sehr anspruchsvoll. Es muss eine hohe Emissions- und Handelsintensität nachgewiesen werden.
Anders als im Kontext des EU-ETS sind den Sektoren und Teilsektoren gestufte Kompensationsgrade (65 bis 95 %) zugeordnet, die sich an der durchschnittlichen Emissionsintensität des jeweiligen Sektors orientieren. Mit Ausnahme der ersten beiden Jahre müssen die antragstellenden Unternehmen nachweisen, dass sie eine Mindestemissionsintensität erfüllen. Andernfalls erhalten sie einen Kompensationsgrad von nur 60 %. Für den Nachweis ist in den meisten Fällen die Berechnung der Bruttowertschöpfung des Unternehmens und eine Bestätigung durch einen Wirtschaftsprüfer erforderlich. Darüber hinaus ist ein Selbstbehalt von 150 Tonnen CO2 vorgesehen, der nicht entlastungsfähig ist.
Als weiterer Faktor, der zu einer Reduzierung der Entlastungshöhe führt, kommen – wie im Kontext des EU-ETS – Benchmarks zu Einsatz. Für die Entlastung nach der BECV ist dies zumeist der jüngst neu festgelegte EU-Brennstoffbenchmark. Bei Nutzung von Erdgas als Brennstoff führt die Anwendung des Benchmarks dazu, dass die Entlastung um weitere 26 % reduziert wird. Bei Nutzung von Kohle, die ab 2023 der CO2-Bepreisung unterliegt, wird die Entlastung um ca. 60 % reduziert. Bei hocheffizienter KWK und dem Bezug von Wärme von Dritten kommt der EU-Wärmebenchmark zu Anwendung, der bei Nutzung von Erdgas zu einer geringeren Reduzierung führt.
Im Ergebnis kommt es durch die kombinierte Anwendung von Benchmark und Kompensationsgrad zu einer möglichen Entlastung von ca. 45 bis 72 % bei Nutzung von Erdgas und ca. 24 bis 38 % bei Nutzung von Kohle. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass nur Brennstoffverbräuche beihilfefähig sind, die für die Herstellung von Produkten, die zudem einem Carbon Leakage gefährdeten Sektor zuzuordnen sind, eingesetzt worden sind. Wenn ein Unternehmen auch andere Produkte herstellt oder Brennstoffe, z. B. zur Beheizung von Verwaltungsgebäuden einsetzt, müssen diese bei der Berechnung der Entlastung unberücksichtigt bleiben. Unberücksichtigt bleiben auch die Anteile des Brennstoffeinsatzes, die z. B. in einer KWK-Anlage zur Herstellung von Strom genutzt worden sind.
Eine ursprünglich vorgesehene Verrechnung der Entlastung auf den CO2-Preis mit der Entlastung, die sich für das antragstellende Unternehmen daraus ergibt, dass aus einem Teil der Erlöse der CO2-Bepreisung eine allgemein wirksame Senkung der EEG-Umlage finanziert wird, ist inzwischen nicht mehr vorgesehen.
Als Voraussetzung für die Gewährung der Entlastung ist weiterhin vorgesehen, dass die antragstellenden Unternehmen Gegenleistungen erbringen. Zum einen müssen die Unternehmen nachweisen, dass Sie ein Energiemanagementsystem nach ISO 50001 oder ein EMAS-Umweltmanagementsystem betreiben. Für Unternehmen mit weniger als 10 GWh reichen ein Energiemanagement nach ISO 50005 oder die Mitgliedschaft in einem Energieeffizienznetzwerk. Zum anderen werden die Unternehmen ab 2023 zu Investitionen in Energieeffizienz und Klimaschutz verpflichtet, soweit diese als Maßnahmen im Rahmen der Managementsysteme identifiziert worden sind. 2023 und 2024 müssen mindestens 50 % und ab 2025 mindestens 80 % der Entlastungssumme entsprechend investiert werden.
Die Anträge zur Entlastung sind jeweils zum 30. Juni des Folgejahres bei der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt) einzureichen.
Quelle: DIHK

Referentenentwurf

Mit der Einführung des nationalen Brennstoffemissionshandels werden fossile Brennstoffemissionen mit einem CO2-Preis belegt. Diese CO2-Bepreisung führt zu einer zusätzlichen Kostenbelastung beim Einsatz fossiler Brennstoffe. Unternehmen, die mit ihren Produkten in besonderem Maße im internationalen Wettbewerb stehen, können diese zusätzlichen Kosten teilweise nicht über die Produktpreise weitergeben, wenn ausländische Wettbewerber keiner vergleichbar hohen CO2-Bepreisung unterliegen. In diesen Fällen besteht die Gefahr, dass die Produktion betroffener Unternehmen infolge CO2-Preis-bedingter Wettbewerbsnachteile ins Ausland abwandert und dort möglicherweise zu insgesamt höheren Emissionen führt (sog. „Carbon-Leakage“).
Zum Erhalt der grenzüberschreitenden Wettbewerbsfähigkeit betroffener Unternehmen wurde der Entwurf einer Verordnung über Maßnahmen zur Vermeidung von Carbon-Leakage durch den nationalen Brennstoffemissionshandel (BEHG-Carbon-Leakage-Verordnung – BECV) vorgelegt. Die IHK-Organisation hat sich an der zugehörigen Verbändeanhörung beteiligt und schätzt das vorgesehene Maß der Entlastung als nicht ausreichend ein. Das im Endergebnis gewährte Entlastungsniveau ist zu gering und die Auswahl beihilfeberechtigter Sektoren zu eng gefasst. Darüber hinaus ist die Erfüllung der Anforderungen und die Nachweisführung für die beihilfeberechtigen Unternehmen sehr bürokratisch ausgestaltet. Mehr dazu finden Sie in der Stellungnahme des DIHK.
Innerhalb der Industrie sind von der neuen CO2-Bepreisung typischerweise Unternehmen der ersten Weiterverarbeitungsstufen und Veredlung von Rohstoffen besonders betroffen, beispielsweise in der Metallverarbeitung, Oberflächenbehandlung, Textilveredlung und Lebensmittelherstellung. Diese Unternehmen sind tief in die industriellen Wertschöpfungsketten in Deutschland integriert. Für sie besteht die Gefahr eines erheblichen Wettbewerbsnachteils und im Ergebnis der Verlagerung von Nachfrage und Produktion ins Ausland. Eine Verlagerung von Produktion und Aufträgen würde sich daher weit über die betroffenen Unternehmen hinaus auf die industrielle Wertschöpfung in Deutschland auswirken. Eine angemessene Ausgestaltung der Regelungen zur Entlastung Carbon Leakage-gefährdeter Unternehmen ist damit ein wichtiger Faktor für den Industriestandort Deutschland.
Quelle: BMU, DIHK