Gewerbesteuer einfach erklärt
Die Gewerbesteuer in neun Schritten erklärt
- 1. Was ist die Gewerbesteuer?
Die Gewerbesteuer ist eine Realsteuer oder Objektsteuer im Sinne des §3 Abgabenordnung, denn sie besteuert nicht eine Person, sondern ein Objekt, den Gewerbebetrieb. Die persönliche Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners wird bei der Berechnung der Gewerbesteuer nicht berücksichtigt.Die Gewerbesteuer ist eine Gemeindesteuer im Sinne des Art.106 Abs.6 GG und §1 Gewerbesteuergesetz (GewStG), d.h. die Gemeinden, in denen sich Betriebsstätten des Gewerbe-betriebes befinden, sind berechtigt, die Gewerbesteuer zu erheben. Ein Teil der Gewerbesteuereinnahmen wird jedoch im Rahmen der Gewerbesteuerumlage als Ausgleich für die Beteiligung der Gemeinden an der Einkommensteuer an Bund und Land abgeführt.Erhebungszeitraum ist das Kalenderjahr.
- 2. Was ist Steuergegenstand der Gewerbesteuer und wer bezahlt sie?
Das Objekt der Gewerbesteuer ist der Gewerbebetrieb.Steuerschuldner ist der Unternehmer, bzw. die Gesellschaft, die ein Gewerbe betreibt (§5 GewStG).In der Gewerbeordnung wird der Begriff „Gewerbebetrieb“ nicht definiert. Eine nähere Beschreibung findet im Einkommensteuergesetz (EStG) statt. Diesem zufolge ist eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufes noch als eine andere selbständige Tätigkeit (Abgrenzung zur privaten Vermögensverwaltung) anzusehen ist.Die Gewinnerzielungsabsicht muss jedoch nicht Hauptzweck der Betätigung sein.
Gewerbliche Unternehmen Personenunternehmen sind gewerblich tätige Einzelunternehmen oder Personengesellschaften. Bei ihnen kommt es auf die Rechtsgrundsätze des EStG an, d.h. Personenunternehmen sind der Gewerbesteuer unterworfen, wenn sie die tatsächlichen Merkmale des Gewerbebetriebes nach EStG §15 Abs. 2 aufweisen: - Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr
- selbständige und nachhaltige Betätigung mit Gewinnerzielungsabsicht (die gewerbliche Prägung alleine genügt nicht)
- keine Land- und Forstwirtschaft
- keine selbständige Arbeit im Sinne des § 18 Abs.1 Nr.1 Satz 1 EStG (freiberufliche Tätigkeit)
- keine Vermögensverwaltung.
Gemischt tätige Personen gelten jedoch in vollem Umfang als Gewerbebetrieb, d.h. die gewerbliche Tätigkeit führt zur Umqualifizierung der Einkünfte aus nicht gewerblicher, z.B. freiberuflicher Tätigkeit.Kapitalgesellschaften wie die Aktiengesellschaft (AG) und die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) sind aufgrund ihrer Rechtsform immer Gewerbebetriebe (§2 Abs.2 GewStG). So würde die Tätigkeit z.B. der Steuerberatung zwar unter § 18 EStG fallen, doch unterliegt eine Steuerberatungsgesellschaft in der Form einer GmbH der Gewerbesteuer, da es sich um einen Gewerbebetrieb kraft Rechtsform handelt.
- 3. Berechnung der Gewerbesteuer (vereinfacht)
Besteuerungsgrundlage ist der Gewerbeertrag (abgerundet auf volle 100 Euro), d.h. der Steuerbilanz-Gewinn gemäß §7 GewStG, abzüglich der Kürzungen nach §9, zuzüglich der Hinzurechnungen nach §8 GewStG.Nach Abzug eines Freibetrags (§11 Abs.1 Satz 3 GewStG) von 24.500 Euro für natürliche Personen und Personengesellschaften (z.B. OHG, KG) und der eventuellen Verluste der vorhergehenden Erhebungszeiträume gemäß §10a GewStG, wird der Gewerbeertrag mit der Steuermesszahl multipliziert, woraus sich der Steuermessbetrag ergibt. Bei bestimmten sonstigen juristischen Personen, wie z.B. bei rechtsfähigen Vereinen, gilt ein Freibetrag von 5.000 Euro. Für Kapitalgesellschaften (z.B. AG, GmbH, KGaA) gibt es keinen Freibetrag.Der Steuermessbetrag wird von dem örtlich zuständigen Finanzamt im Steuermessbescheid festgesetzt.
Zur Steuermesszahl: - Für natürliche Personen und Personengesellschaften gilt für die über den Freibetrag von 24.500 Euro hinausgehenden Beträge eine Steuermesszahl von 3,5 Prozent.
- Für Kapitalgesellschaften, bei welchen kein Freibetrag existiert, gilt für alle Beträge eine Steuermesszahl von 3,5 Prozent.
Die Gemeinde ist ebenfalls für die Beitreibung zuständig, d.h. sie nimmt Zahlungen entgegen, kann Erlass und Stundung aussprechen oder Erstattungen und Anrechnungen vornehmen.Schema:
Steuerbilanz-Gewinn
- Kürzungen nach § 9 GewStG
+ Hinzurechnungen nach § 8 GewStG
- Freibetrag
- gegebenenfalls Verluste
= Gewerbeertrag
Gewerbeertrag x Steuermesszahl = Steuermessbetrag
Steuermessbetrag x Hebesatz = GewerbesteuerBeispiel:
Anhand einer Beispielrechnung soll die Ermittlung der zu zahlenden Gewerbesteuer bei einem Personenunternehmen und einer Kapitalgesellschaft verdeutlicht werden.
Der Unternehmer Herbert Müller (Einzelkaufmann) und die Peter Schulz GmbH (Kapitalgesellschaft) - beide ansässig in Freiburg - erwirtschaften im Jahr 2022 je einen Gewerbeertrag von 60.000 Euro.Gewerbesteuer-Belastung bei der Kapitalgesellschaft:
Die Kapitalgesellschaft Peter Schulz GmbH muss Gewerbesteuer in Höhe von 9.030 Euro abführen. Dies ergibt sich wie folgt:
Schritt 1:
Gewerbeertrag x Steuermesszahl = Steuermessbetrag
Hier: 60.000 Euro x 3,5 % = 2.100 Euro
Schritt 2:
Steuermessbetrag x Hebesatz in Prozent = zu zahlende Gewerbesteuer
Hier: 2.100 Euro x 430 % (Freiburg) = 9.030 EuroGewerbesteuer-Belastung beim Personenunternehmen:
Das Personenunternehmen Herbert Müller muss Gewerbesteuer in Höhe von 5.342,75 Euro abführen. Dies ergibt sich wie folgt:
Schritt 1:
Gewerbeertrag (Berücksichtigung des Freibetrages bei Personenunternehmen) x Steuer-messzahl = Steuermessbetrag
Hier: (60.000 Euro - 24.500 Euro) x 3,5 % = 1.242,50 Euro
Schritt 2:
Steuermessbetrag x Hebesatz in Prozent = zu zahlende Gewerbesteuer
Hier: 1.242,50 Euro x 430 % (Freiburg) = 5.342,75 Euro
- 4. Vorauszahlung
Vorauszahlungen von einem Viertel der Gewerbesteuer, die sich bei der letzten Veranlagung ergeben hat, sind jeweils am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November zu entrichten. Die geleisteten Vorauszahlungen werden auf die Steuerschuld für diesen Erhebungszeitraum angerechnet.
- 5. Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer
Bei Personenunternehmen erfolgt eine Kompensation der Gewerbesteuer durch die Anrechnung des 4,0-fachen des Gewerbesteuermessbetrages auf die Einkommensteuer, § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG). Dadurch wird eine Gewerbesteuerkompensation bei einem Gewerbesteuerhebesatz von 400 Prozent erreicht. Die Anhebung von vormals 3,8 auf 4,0 erfolgte durch das 2. Corona-Steuerhilfegesetz vom 29. Juni 2020 und gilt erstmalig für den Veranlagungszeitraum 2020.Diese Anrechnung beschränkt sich auf den Anteil der Einkommensteuer, der auf gewerbliche Einkünfte entfällt. Die Anrechnung auf die tarifliche Einkommensteuer ist aber auf die Höhe der tatsächlich zu zahlenden Gewerbesteuer begrenzt.Anhand eines Beispiels soll die Steueranrechnung verdeutlicht werden.
Beispiel: Ein lediger Steuerpflichtiger hat ausschließlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb, der örtliche Gewerbesteuerhebesatz beträgt 420 Prozent. Das Unternehmen erwirtschaftet einen Gewinn von 50.000 Euro. Es ergibt sich somit ein Gewerbesteuermessbetrag von 892,50 Euro bzw. eine Gewerbesteuerschuld von 3.748,50 Euro.Zur Vereinfachung erfolgt die Berechnung ohne Ansatz des Solidaritätszuschlags. Außerdem wurde von Sonderausgaben in Höhe von 0 Euro und keinen bei der Gewerbesteuer hinzuzurechnenden Zinsen/Zinsanteilen und keinen gewerbesteuerlichen Kürzungen ausgegangen.Berechnung mit Gewerbesteuer:
Einkünfte aus Gewerbebetrieb 50.000 Euro
- Sonderausgaben 0 Euro
zu versteuerndes Einkommen 50.000 Euro
ESt auf 50.000 Euro laut Grundtabelle 12.950 Euro
- anrechenbare Gewerbesteuer (4,0 x Gewebesteuermessbetrag = 4,0 x 892,50 Euro = 3.570 Euro)
= zu zahlende Einkommensteuer 9.380 Euro
+ zu zahlende Gewerbesteuer 3.748,50 Euro
= Gesamtsteuerbelastung 13.128,50 Euro + SolZBerechnung ohne Gewerbesteuer zum Vergleich:
Um vergleichen zu können, wie hoch die Gesamtsteuerbelastung ohne Gewerbesteuer wäre, wird im Folgenden hypothetisch unter ansonsten gleichen Bedingungen davon ausgegangen, dass keine Gewerbesteuer zu zahlen wäre.Zu versteuerndes Einkommen 50.000 Euro
ESt auf 50.000 Euro laut Grundtabelle 12.950 Euro
Somit ergibt sich eine Gesamtsteuerbelastung von 12.950 Euro + SolZVergleicht man diese Belastung mit der Gesamtsteuerbelastung aus der Berechnung mit Gewerbesteuer, die 13.128,50 Euro beträgt, ist festzustellen, dass die tatsächliche Mehrbelastung durch die Gewerbesteuer 178,50 Euro (Differenz zwischen 13.128,50 Euro und 12.950 Euro) beträgt. Damit wirkt sich die Gewerbesteuer nicht als volle, sondern nur als teilweise Mehrbelastung aus.
- 6. Rechtsmittel
Gegen den Gewerbesteuerbescheid kann bei der Gemeinde Widerspruch eingelegt werden. Gegen dessen Abweisung durch die Gemeinde kann Klage vor dem Verwaltungsgericht erhoben werden.Gegen Steuermessbescheide oder Zerlegungsbescheide kann ein Einspruchsverfahren vor dem Finanzamt eingeleitet werden, dessen erfolgreicher Ausgang sich ebenfalls auf den Gewerbesteuerbescheid auswirkt.
- 7. Zerlegung
Ein Gewerbebetrieb kann sich auf dem Gebiet mehrerer Gemeinden befinden, was die Zerlegung der Gewerbesteuer nötig macht. Falls es sich um eine einzige Betriebsstätte handelt, die sich über mehrere Gemeinden erstreckt, so erfolgt die Zerlegung nach „Lage der örtlichen Verhältnisse“ (§ 30 GewStG).Befinden sich jedoch mehrere Betriebsstätten eines Gewerbebetriebes über mehrere Gemeinden verteilt, so hat die Zerlegung der Gewerbesteuerschuld entsprechend dem Verhältnis der Arbeitslöhne, die die Arbeitnehmer der einzelnen Betriebsstätten erhalten, zu erfolgen.
- 8. Mehrheit von Betrieben
Es kann sich neben der Problematik der Zerlegung auch die Frage stellen, ob ein Gewerbetreibender mit mehreren Betrieben diese als einen Gewerbebetrieb gesammelt oder getrennt zu versteuern hat. Bei getrennter Besteuerung könnte er für jeden Gewerbebetrieb einen Freibetrag geltend machen, bei gemeinsamer Besteuerung wäre dies nur einmal möglich.Verschiedenartige Betriebe sind in der Regel getrennt der Gewerbesteuer unterworfen. Bilden die Betriebe jedoch eine wirtschaftliche Einheit, d.h. befinden sie sich in einem sachlichen, insbesondere wirtschaftlichen, finanziellen oder organisatorischen Zusammenhang, so sind sie als ein Gewerbebetrieb anzusehen.Bei Personen- oder Kapitalgesellschaften, die mehrere Betriebe auch noch so verschiedener Art betreiben, ist jedoch immer von einem einheitlichen Gewerbebetrieb auszugehen.
- 9. Beginn und Ende der Gewerbesteuerpflicht
Die Gewerbesteuerpflicht beginnt bei Einzelgewerbetreibenden und Personengesellschaften im Zeitpunkt der Aufnahme der maßgeblichen Tätigkeit, bei Kapitalgesellschaften regelmäßig mit der Eintragung in das Handelsregister. Sie endet bei Einzelgewerbetreibenden und Personengesellschaften mit der tatsächlichen Einstellung des Betriebs, bei Kapitalgesellschaften erst mit dem Beenden jeglicher Tätigkeit überhaupt (in der Regel mit dem Zeitpunkt, in dem das Vermögen an die Gesellschafter verteilt wird).