Europäische Regeln für die Produktion von erneuerbarem Wasserstoff stehen fest
Die Europäische Kommission hat durch einen delegierten Rechtsakt die Kriterien für die Produktion von erneuerbarem Wasserstoff definiert. Diese sind am 10. Juli 2023 in Kraft getreten. Damit gelten erstmals Produktionskriterien für erneuerbaren Wasserstoff beziehungsweise erneuerbare Kraftstoffe nicht-biologischen Ursprungs (RFNBOs).
Die Kriterien gelten als erreicht, wenn der durchschnittliche Anteil erneuerbarer Energien im Stromsektor in der jeweiligen Gebotszonen bei über 90 Prozent liegt. Auch gilt der Wasserstoff als "grün", wenn die Emissionsintensität bei der Stromproduktion in einer Gebotszone unter 18g CO2-Äquivalent pro Megajoule liegt. Zum Vergleich: In Deutschland liegt der Wert beim Fünffachen. Von den Gebotszonenkriterien profitieren daher nur Staaten mit einem hohen Anteil an Wasserkraft und Atomenergie wie beispielsweise Schweden und Frankreich. In diesen Ländern können somit wetterunabhängige und stabile Produktionsbedingungen für grünen Wasserstoff geschaffen werden, wobei in Frankreich die Atomstromproduktion seit dem letzten Jahr aufgrund von erhöhten Wartungsaufwand und niedriger Pegelstände deutlich gedrosselt ist. So hat Deutschland im Jahr 2022 circa 14 TWh Strom nach Frankreich exportiert.
Die Wasserstoffproduktion in Deutschland ist damit jedoch nicht unmöglich. Der produzierte Wasserstoff wird auch als erneuerbar betrachtet, wenn die folgenden drei Voraussetzungen erfüllt sind:
- Additionalitätskriterium: Ab dem 1. Januar 2028 müssen zusätzliche Wind- und Solaranlagen für die Wasserstoffproduktion errichtet werden, beziehungsweise dürfen nicht älter als 36 Monate sein, bevor sie im Rahmen eines Power Purchase Agreements (PPA) oder per Direktleitung genutzt werden dürfen. Außerdem darf die Anlage weder eine operative noch eine Investitionsbeihilfe erhalten. Hervorzuheben ist die Übergangsregelung bei den Erneuerbare-Energien-Anlagen, die vor Ende 2027 gebaut werden. Diese werden weitere 10 Jahre von dieser Regelung ausgenommen.
- Zeitkriterium: Ab 2030 darf Wasserstoff nur noch in der gleichen Stunde produziert werden, in der auch die zugehörige PPA Anlage Strom erzeugt. In der Übergangszeit darf Wasserstoff auch zu Zeiten produziert werden, in denen gerade kein Strom aus der Erneuerbaren-Energien-Anlage zur Verfügung steht. Bedingung hierfür ist, dass Stromdefizite innerhalb des Monats bilanziell ausgeglichen werden.
- Geografisches Kriterium: Die Wasserstoff-Produktionsanlage muss außerdem in derselben Gebotszone sein, wie die Stromerzeugungsanlage. Ausgenommen sind verbundene Gebotszonen, in denen der Strompreis höher oder gleich hoch ist wie in der Gebotszone, in der die Produktion für Wasserstoff stattfindet. Ausnahmen gibt es für Offshore-Anlagen.
Unternehmen haben lange auf einheitliche Regeln für die grüne Wasserstoffproduktion gewartet. Der delegierte Rechtsakt sorgt bei Wasserstoffproduzenten nun für Planungssicherheit und bietet zudem längere Übergangsfristen als in vorherigen Entwürfen vorgesehen. Dies ist wichtig, da Vorlaufzeiten für große Elektrolyseur-Projekte und die dazugehörige Infrastruktur in der Regel lange Zeiträume in Anspruch nehmen.
Allerdings gibt es auch einige Punkte, die zu einem europäischen Flickenteppich bei den Wasserstoffkriterien führen könnten. Beispielsweise können die Mitgliedstaaten die Stundenregelung schon vor dem Jahr 2027 einführen. Auch ist es ihnen möglich, das geografische Kriterium um weitere Kriterien für den Standort der PPA-Anlage und der Wasserstoffproduktion zu ergänzen. Um den Wasserstoffhochlauf voranzubringen, sollte von zusätzlichen Anforderungen abgesehen werden. Zudem sollten die Nachweispflichten, wie die Stundenregel, möglichst unbürokratisch und einfach handhabbar ausgestaltet werden.
Der finale Text wurde als delegierte Verordnung EU 2023/1184 am 20. Juni hier im EU-Amtsblatt veröffentlicht und trat 20 Tage später in Kraft.
(Quelle: DIHK)
Bedeutung für die Region Südlicher Oberrhein
Die neuen Kriterien bieten wenig Spielraum, um am Südlichen Oberrhein grünen Wasserstoff zu erzeugen. Damit bleibt die Region weiter von Wasserstoffimporten aus dem Ausland und Norddeutschland abhängig und das bei steigendem Bedarf an Wasserstoff. So wird ein Wasserstoffbedarf in Baden-Württemberg von 12 GW in diesem Jahr und 20 GW im Jahr 2050 erwartet. Eine Anbindung an das Wasserstoffnetz (Europäischer Wasserstoff Backbone) beginnt frühestens 2035. Insofern gilt es weiterhin, die Produktion möglichst energie- und ressourceneffizient zu gestalten.
Dennoch gibt es auch im Dreiländereck Deutschland-Frankreich-Schweiz die Initiative 3H2 (Trinationale Wasserstoff Initiative), um die Wasserstoffwirtschaft voran zu bringen. Am 5. Oktober findet das 3H2-Forum in den Black Forest Studios in Kirchzarten statt. Die Teilnahmegebühr beträgt 90 EUR (zzgl. MwSt). Anmeldungen sind ab sofort möglich.
Wasserstoff-Kernnetz
Die Fernleitungsnetzbetreiber haben am 12. Juli 2023 den Planungsstand für ein überregionales Wasserstoff-Kernnetz bis zum Jahr 2032 veröffentlicht. Hier haben Sie die Möglichkeit, sich über den aktuellen Planungsstand zu informieren. Als Stakeholder können Sie bis zum 28. Juli eine Stellungnahme gegenüber dem BMWK unter der folgenden E-Mail-Adresse einreichen WASSERSTOFFKERNNETZ@bmwk.bund.de.