Erstattung ausländischer Vorsteuern aus EU-Staaten

1. Möglichkeiten der Erstattung von ausländischer Umsatzsteuer

In Deutschland ansässige Unternehmen, die zum Vorsteuerabzug berechtigt sind und im Zusammenhang mit ihrer unternehmerischen Tätigkeit im Ausland Vorsteuerbeträge entrichtet haben, können diese unter Umständen in einem besonderen Verfahren vergütet bekommen.
Vorsteuerbeträge fallen zum Beispiel an, wenn Mitarbeiter zu Messen, Ausstellungen oder sonstigen Geschäftsreisen fahren und Übernachtungskosten zu tragen haben oder wenn LKWs deutscher Speditionen im Ausland vollgetankt werden.
Diese Vorsteuer- bzw. Umsatzsteuerbeträge können anders als bei inländischen Rechnungen nicht im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldung geltend gemacht werden.
Häufig ist nicht bekannt, dass es für eine erhebliche Anzahl von Ländern die Möglichkeit gibt, diese ausländische Umsatzsteuer im Rahmen des sogenannten „Vorsteuer- bzw. Umsatzsteuervergütungsverfahrens“ erstattet zu bekommen.
Innerhalb der Europäischen Union besteht diese Möglichkeit im Verhältnis zu allen EU-Mitgliedsstaaten.
Tipp
Frist für die Abgabe der Vergütungsanträge für im vorangegangenen Jahr in anderen EU-Staaten gezahlte Vorsteuer ist der 30. September des Folgejahres (maßgebend ist der rechtzeitige Eingang des Antrags beim Bundeszentralamt für Steuern).

2. Materielle Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Vergütungsverfahrens

Das Vergütungsverfahren kann nur von Unternehmern im Sinne des Umsatzsteuerrechts in Anspruch genommen werden. Weiter ist zu beachten, dass ein Unternehmer, der das Rückerstattungsverfahren beanspruchen will, in dem betreffenden Land nicht ansässig sein und auch selbst keine steuerbaren, die Registrierung auslösenden Umsätze im Vergütungszeitraum in dem Land getätigt haben darf. Insoweit geht das Erfordernis, sich dann gegebenenfalls umsatzsteuerlich registrieren zu lassen und die Vorsteuer hierüber geltend zu machen, dem Vergütungsverfahren vor. Unschädlich für die Anwendung des Vergütungsverfahrens sind dabei allerdings in der Regel sonstige Leistungen, die zwar im betreffenden Ausland steuerbar sind, bei denen sich jedoch aufgrund der Anwendung des sogenannten „reverse-charge-Verfahrens“ die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger verlagert.
Im Vergütungsverfahren sind auch die Vorsteuerabzugsbeschränkungen zu beachten. In einer Reihe von Ländern gibt es materielle Einschränkungen des Vorsteuerabzugs. Insbesondere betrifft dies Vorsteuern, die im Zusammenhang mit Reisekosten angefallen sind. Diese wirken auch im Vergütungsverfahren.
Für die Antragsabwicklung ist zwischen Anträgen in Drittlandsstaaten und EU-Mitgliedstaaten zu unterscheiden:

3. Anträge ins Drittland

Zum Vorsteuerrückvergütungsverfahren für Drittländer finden Sie nähere Informationen auf unserer Homepage.

4. Anträge in Mitgliedstaaten der Europäischen Union

In jedem Mitgliedstaat ist ein elektronisches Portal eingerichtet, über das die in diesem Land ansässigen Unternehmen ihre Erstattungsanträge an die anderen Mitgliedstaaten einreichen können.
In Deutschland wurde dieses elektronische Antragsportal beim Bundeszentralamt für Steuern eingerichtet. Details zu dem hierüber einleitbaren Antragsverfahren finden Sie beim Bundeszentralamt für Steuern.
Danach gilt Folgendes:
Antragstellung/Einleitung des elektronischen Verfahrens
Ein im Inland ansässiger Unternehmer, dem in einem anderen Mitgliedstaat von einem Unternehmer Umsatzsteuer in Rechnung gestellt worden ist, kann über das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) bei der zuständigen Behörde dieses Mitgliedstaates einen Antrag auf Vergütung dieser Steuer stellen. Beantragt der Unternehmer die Vergütung für mehrere Mitgliedstaaten, ist für jeden Mitgliedstaat ein gesonderter Antrag zu stellen.
Anträge auf Vergütung von Vorsteuerbeträgen in einem anderen Mitgliedstaat sind nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung nach Maßgabe der Steuerdaten-Übermittlungsverordnung dem BZSt zu übermitteln (§ 18g UStG).
Für die Nutzung des BZStOnline-Portals (BOP) ist ein Zertifikat erforderlich. Inländische Unternehmer und deren Bevollmächtigte können ein bereits vorhandenes ELSTER-Zertifikat nutzen und sich mit diesen Zugangsdaten im BOP einloggen. Wenn noch kein Zertifikat vorhanden ist, empfiehlt das BZSt, das Zertifikat durch die Registrierung in Mein ELSTER zu erwerben.
In dem Vergütungsantrag ist die Steuer für den Vergütungszeitraum zu berechnen.
Antragsfrist
Der Vergütungsantrag ist bis zum 30. September des auf das Jahr der Ausstellung der Rechnung folgenden Kalenderjahres zu stellen. Für die Einhaltung der Frist genügt der rechtzeitige Eingang des Vergütungsantrags beim BZSt.
Mindestbetrag
Der Vergütungsbetrag muss mindestens 50 Euro betragen oder einem entsprechend in Landeswährung umgerechneten Betrag entsprechen. Der Unternehmer kann auch einen Antrag für einen Zeitraum von mindestens drei Monaten stellen, wenn der Vergütungsbetrag mindestens 400 Euro beträgt oder einem entsprechend in Landeswährung umgerechneten Betrag entspricht.
Antragsinhalt
Der Unternehmer hat in dem Vergütungsantrag Folgendes anzugeben:
  • den Mitgliedstaat der Erstattung;
  • Name und vollständige Anschrift des Unternehmers;
  • eine Adresse für die elektronische Kommunikation;
  • eine Beschreibung der Geschäftstätigkeit des Unternehmers, für die die Gegenstände bzw. Dienstleistungen erworben wurden, auf die sich der Antrag bezieht;
  • den Vergütungszeitraum, auf den sich der Antrag bezieht;
  • eine Erklärung des Unternehmers, dass er während des Vergütungszeitraums im Mitgliedstaat der Erstattung keine Lieferungen von Gegenständen bewirkt und Dienstleistungen erbracht hat, mit Ausnahme bestimmter steuerfreier Beförderungsleistungen (vgl. § 4 Nr. 3 UStG), von Umsätzen, für die ausschließlich der Leistungsempfänger die Steuer schuldet, oder innergemeinschaftlicher Erwerbe und daran anschließender Lieferungen im Sinne des § 25b Abs. 2 UStG;
  • die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) oder Steuernummer (StNr.) des Unternehmers;
  • seine Bankverbindung (inklusive IBAN und BIC).
Neben diesen Angaben sind in dem Vergütungsantrag für jeden Mitgliedstaat der Erstattung und für jede Rechnung oder jedes Einfuhrdokument folgende Angaben zu machen:
  • Name und vollständige Anschrift des Lieferers oder Dienstleistungserbringers;
  • außer im Falle der Einfuhr die USt-IdNr. des Lieferers oder Dienstleistungserbringers oder die ihm vom Mitgliedstaat der Erstattung zugeteilte Steuerregisternummer;
  • außer im Falle der Einfuhr das Präfix des Mitgliedstaats der Erstattung;
  • Datum und Nummer der Rechnung oder des Einfuhrdokuments;
  • Bemessungsgrundlage und Steuerbetrag in der Währung des Mitgliedstaats der Erstattung;
  • Betrag der abziehbaren Steuer in der Währung des Mitgliedstaats der Erstattung;
  • gegebenenfalls einen (in bestimmten Branchen anzuwendenden) Pro-rata-Satz;
Art der erworbenen Gegenstände und Dienstleistungen aufgeschlüsselt nach Kennziffern:
  1. Kraftstoff;
  2. Vermietung von Beförderungsmitteln;
  3. Ausgaben für Transportmittel (andere als unter Kennziffer 1 oder 2 beschriebene Gegenstände und Dienstleistungen);
  4. Maut und Straßenbenutzungsgebühren;
  5. Fahrtkosten wie Taxikosten, Kosten für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel;
  6. Beherbergung;
  7. Speisen, Getränke und Restaurantdienstleistungen;
  8. Eintrittsgelder für Messen und Ausstellungen;
  9. Luxusausgaben, Ausgaben für Vergnügungen und Repräsentationsaufwendungen;
  10. Sonstiges. Hierbei ist die Art der gelieferten Gegenstände bzw. erbrachten Dienstleistungen anzugeben.
Soweit es der Mitgliedstaat der Erstattung vorsieht, hat der Unternehmer zusätzliche elektronisch verschlüsselte Angaben zu jeder Kennziffer zu machen (sogenannte Subcodes), wenn dies auf Grund von Einschränkungen des Vorsteuerabzugs im Mitgliedstaat der Erstattung erforderlich ist.
Hinweis:
Für die Vergütung sind grundsätzlich die materiellen Vorschriften des Vergütungslandes maßgeblich. Vorsteuern auf bestimmte Kosten können nicht in allen Mitgliedstaaten gleichermaßen geltend gemacht werden. Die meisten Staaten kennen sogenannte Vorsteuerausschlüsse. Das betrifft insbesondere den Bereich der Repräsentationskosten sowie Reisekosten und Aufwendungen für Unterbringung und Verpflegung. Aber auch im Bereich der Kfz-Aufwendungen existieren zum Teil weitreichende Vorsteuerausschlüsse.
Rechnungskopien
Beträgt die Bemessungsgrundlage in der Rechnung oder dem Einfuhrdokument mindestens 1.000 Euro (bei Rechnungen über Kraftstoffe mindestens 250 Euro), hat der Unternehmer elektronische Kopien der Rechnungen oder der Einfuhrdokumente (als eingescannte Originale) dem Vergütungsantrag beizufügen, sofern der Mitgliedstaat der Erstattung dies vorsieht.
Tätigkeitsbeschreibung
Der Erstattungsstaat kann vom Unternehmer verlangen, in dem Antrag eine Beschreibung seiner unternehmerischen Tätigkeit anhand des harmonisierten Codes vorzunehmen. Er kann außerdem zusätzliche Angaben im Vergütungsantrag fordern.
Informationen über die Antragsvoraussetzungen der einzelnen Mitgliedstaaten stellt das BZSt in einer Präferenzliste EU-Staaten zur Verfügung.
Prüfung der Zulässigkeit durch das Bundeszentralamt
Die dem BZSt elektronisch übermittelten Anträge werden vom BZSt als für das Vorsteuer-Vergütungsverfahren zuständige Behörde auf ihre Zulässigkeit vorgeprüft. Dabei hat das BZSt ausschließlich festzustellen, ob
  1. die vom Unternehmer angegebene Umsatzsteuer-Identifikationsnummer bzw. Steuernummer zutreffend und ihm zuzuordnen ist und
  2. der Unternehmer ein zum Vorsteuerabzug berechtigter Unternehmer ist.
Weiterleitung an den Mitgliedstaat der Erstattung
Stellt das BZSt nach Durchführung der Vorprüfung fest, dass der Antrag insoweit zulässig ist, leitet es diesen an den Mitgliedstaat der Erstattung über eine elektronische Schnittstelle weiter. Mit der Weitergabe des Antrags bestätigt das BZSt, dass
  • die vom Unternehmer angegebene USt-IdNr. bzw. StNr. zutreffend ist und
  • der Unternehmer ein zum Vorsteuerabzug berechtigter Unternehmer ist.
Die Weiterleitung an den Mitgliedstaat der Erstattung hat innerhalb von 15 Tagen nach Eingang des Antrags zu erfolgen.
Übermittlung einer Empfangsbestätigung
Das BZSt hat dem Antragsteller eine elektronische Empfangsbestätigung über den Eingang des Antrags zu übermitteln.
Verzinsung
Der Vergütungsbetrag ist grundsätzlich zu verzinsen, wenn die Auszahlung nicht innerhalb von vier Monaten und zehn Tagen nach Eingang des Vergütungsantrags erfolgt ist.

5. Hilfestellungen bei der Abwicklung von Vorsteuervergütungsanträgen

Die Abwicklung von Vorsteuervergütungsverfahren bedeutet aufgrund deren Formalisierung einen nicht unerheblichen Aufwand. Aus diesem Grund bieten die Auslandshandelskammern deutschen Unternehmen ein spezielles Serviceangebot, indem sie die Vergütungsanträge direkt vor Ort abwickeln. Die Kontaktdaten der Auslandshandelskammern sowie Informationen zu den Konditionen finden Sie nach Ländern sortiert im Internet unter www.ahk.de.
Daneben bieten verschiedene Dienstleister sowie spezialisierte Steuerberater/-innen professionelle Hilfe an. Eine Expertensuche für die Abwicklung der Vergütungsverfahren im Ausland bietet unter anderem der Steuerberater-Suchdienst der Steuerberaterkammer Südbaden. Hier können unter dem Arbeitsgebiet „Vorsteuererstattung Ausland“ vor Ort entsprechende Spezialisten recherchiert werden. Den Steuerberater-Suchdienst finden Sie hier: Steuerberater-Suchdienst.
Bitte beachten Sie: Die Informationen in dieser IHK-Information wurden mit der größtmöglichen Sorgfalt zusammen gestellt. Eine Haftung für die Richtigkeit kann dennoch nicht übernommen werden.