Kleinunternehmerregelung künftig auch grenzüberschreitend anwendbar

Nach der bisherigen Sonderregelung für Kleinunternehmen können nur Unternehmen, die in dem Mitgliedstaat ansässig sind, in dem die Mehrwertsteuer (MwSt) geschuldet wird, von der mit der Regelung einhergehenden Steuerbefreiung (oder Nichterhebung der MwSt) profitieren. Ab 1.1 2025 können Kleinunternehmen, die in anderen Mitgliedstaaten ansässig sind als in dem Mitgliedstaat, in dem die MwSt geschuldet wird, die Sonderregelung ebenfalls in Anspruch nehmen.
KMU-Webportal
Die EU-Kommission hat ein KMU-Webportal eingerichtet, das sich derzeit noch im Aufbau befindet. Es enthält aktuell allgemeine Informationen über die Funktionsweise der Kleinunternehmerregelung (KMU-Programm/SME-Scheme), die Kontaktdaten der Mitgliedstaaten sowie eine englische Version der Erläuterungen („Explanatory Notes“) sowie des KMU-Leitfadens. Die beiden Dokumente sind unter "Legislation - Guide" zu finden. Die EU Kommission hat angekündigt, Fassungen in den Sprachen aller Mitgliedstaaten bereitzustellen.
In den kommenden Wochen soll das KMU-Webportal um Informationen über die KMU-bezogenen nationalen Vorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten ergänzt werden und den Zugang zu einem Simulator ermöglichen. Anfang 2025 soll das Portal zudem einen Zugang zu der Datenbank SME-on-the-web erhalten.
Grundlage für die Reform der Sonderregelung für Kleinunternehmen ist die Richtlinie (EU) 2020/285, die zum 1. Januar 2025 in nationales Recht umzusetzen ist. Die Reform der Sonderregelung findet sich wieder in Art. 284 Abs. 1 MwStSystRL. Die bisher anders lautende Regelung in Art. 283 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL) wurde gestrichen. Gleichzeitig wurde die sogenannte Zusammenarbeits-Verordnung (EU) Nr. 904/2010 entsprechend angepasst.
Mit der Richtlinie wurde EU-weit eine Grenze von 85.000 EUR als Umsatzhöchstbetrag festgelegt. Bis zu diesem Betrag können die EU-Mitgliedstaaten kleine Unternehmen von der MwSt befreien. Zudem wurde die nationale Kleinunternehmerregelung auf Unternehmer aus anderen EU-Mitgliedstaaten ausgedehnt. Es bleibt jedoch weiterhin den Nationalstaaten vorbehalten, ob und in welcher Höhe (bis zum oben genannten Maximalbetrag) Kleinunternehmen von der MwSt befreit werden.
EU-Mitgliedstaaten, die eine solche Steuerbefreiung eingeführt haben, müssen diese auch Unternehmen aus anderen EU-Mitgliedstaaten gewähren. Dies ist allerdings an Bedingungen geknüpft, die in Art. 284 Abs. 2 MwStSystRL festgelegt wurden und wie folgt lauten:
  • der Jahresumsatz dieses Steuerpflichtigen in der Union übersteigt 100.000 EUR nicht;
  • der Betrag der Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen in dem Mitgliedstaat, in dem der Steuerpflichtige nicht ansässig ist, übersteigt nicht den Schwellenwert, der in diesem Mitgliedstaat für die Gewährung der Steuerbefreiung für in diesem Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige gilt.
Damit greift die grenzüberschreitende Anwendung der Kleinunternehmerregelung nur, wenn sowohl der jeweilige nationale Jahresumsatz als auch der Jahresumsatz insgesamt innerhalb der EU nicht überschritten werden.
Zudem muss der Steuerpflichtige, der die Steuerbefreiung in einem anderen EU-Mitgliedstaat, in dem er nicht ansässig ist, in Anspruch nehmen oder auch nicht mehr in Anspruch nehmen will, seinen eigenen EU-Mitgliedstaat entsprechend benachrichtigen. Auch darf er nur in dem EU-Mitgliedsstaat, in dem er ansässig ist, hinsichtlich der Anwendung der Steuerbefreiung (mit individueller Identifikationsnummer) identifiziert werden.