Wie wird Präferenzursprung ermittelt und dokumentiert?

Der Begriff des Warenursprungs wird im Außenhandel häufig verwendet. Er ist jedoch nicht eindeutig, denn es gibt zwei Ursprungsbegriffe, die nach völlig unterschiedlichen Grundlagen ermittelt werden:
Im Ursprungsrecht wird zwischen dem nicht-präferenziellen und dem präferenziellen Ursprung unterschieden. Waren, die über einen präferenziellen Ursprung verfügen, erhalten bei der Zollabwicklung Vorteile. Sie können zu einem ermäßigten Zollsatz oder zollfrei eingeführt werden. Im Gegensatz zum präferenziellen Ursprung gilt der nicht-präferenzielle, auch handelspolitisch genannte Ursprung, für alle Waren und nicht nur für bestimmte Warenkreise. Nachweisdokument des handelspolitischen Ursprungs ist das Ursprungszeugnis, alle notwendigen Informationen darüber finden Sie unter diesem Link:
Ihr Weg zum Ursprungszeugnis

Grundlagen des Präferenzursprungs

Die Europäische Union (EU) hat mit vielen Staaten Freihandelsabkommen (“Präferenzabkommen” geschlossen, die den Warenverkehr der EU mit diesen Staaten begünstigen sollen. Ware mit Präferenzursprung genießt daher eine Zollvergünstigung oder komplette Zollbefreiung.
Die präferenzielle Ursprungseigenschaft muss nach den Ursprungs- und Bearbeitungsregeln der jeweiligen Abkommen erlangt werden. In diesen Abkommen werden der begünstigte Warenkreis und die vorzunehmenden Be- oder Verarbeitungsschritte exakt festgelegt. Eine weitere Voraussetzung für die Gewährung von Zollvorteilen ist die Vorlage der jeweils vorgesehenen Nachweise (zum Beispiel Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1, EUR-Med oder Ursprungserklärungen).
Der Nachweis des präferenziellen Ursprungs ist freiwillig und in der Regel keine Voraussetzung für die Einfuhr einer Ware. Falls die Voraussetzungen nicht erfüllt sind, hat die Waren keinen präferenziellen Ursprung.
Sollte der Importeur dennoch einen Ursprungsnachweis fordern, bleibt die Ursprungsfindung nach dem oben genannten handelspolitischen Ursprungsrecht.
Zuständige Behörde für den präferenziellen Ursprung ist in Deutschland die Zollverwaltung.

Urspungsermittlung

1. Besteht ein Abkommen mit dem Vertragsland?
Präferenzregelungen sind in den jeweiligen Abkommen definiert und gelten daher nur im Verhältnis zwischen den jeweiligen Vertragspartnern. Daher ist zunächst zu prüfen, ob mit dem Handelspartner ein Abkommen besteht. Dabei hilft eine Übersicht der Handelsabkommen vom Zoll.
2. Wie lautete die korrekte Warennummer meines Produktes?
In den Abkommen sind die Bearbeitungsregeln anhand der HS-Position, den ersten vier Stellen der Warentarifnummer definiert. Nur wenn diese für das zu exportierende Produkt korrekt ermittelt wurde, kann der Präferenzursprung bestimmt werden.
3. Wie lautet die Verarbeitungsregel?
Die deutsche Zollverwaltung bietet ein umfassendes Informationssystem zum Thema Warenursprung und Präferenzen an. Die einzelnen Ursprungsregeln können pro Abkommen (wenn das Zielland schon feststeht) oder für mehrere Länder im direkten Vergleich abgefragt werden: WuP online - Gegenüberstellung der Verarbeitungslisten (zoll.de)
In den meisten Fällen handelt es sich um
a) eine “Wertschöpfungsregel”: Hier wird dem Nettoverkaufspreis der Wert aller eingesetzten Vormaterialen gegenübergestellt, die selbst keinen präferenziellen Ursprung haben. Mit anderen Worten: der Wert der Vormaterialien, für die eine gültige Lieferantenerklärung vorliegt, gehören nicht dazu. Interne Kosten und der Gewinn sind im Ab-Werk-Preis bereits enthalten. Preisänderungen können den präferenziellen Ursprung beeinflussen.
b) einen “Positionswechsel”: Hier spielt der Wert im Grundsatz keine Rolle. Verglichen werden die ersten vier Stellen der Warennummer (das ist die Position der Ware) der eingesetzten Vormaterialien mit der Position des hergestellten Erzeugnisses. Der Positionswechsel ist erfüllt, wenn sich die Positionen in mindestens einer Zahl unterscheiden. Vormaterialien, die bereits den präferenziellen Ursprung haben (zum Beispiel Lieferantenerklärung liegt vor), müssen keinen Positionswechsel machen.
Es gibt darüber auch kombinierte Regeln, “Spezialfälle” in einigen Abkommen und andere komplexe Variationen. Wir beraten Sie gern bei Ihren Fragen zur Ermittlung des Ursprungs.

“Lieferantenerklärung”

Um den präferentiellen Ursprung von Materialien zu dokumentieren, die innerhalb Deutschlands oder innerhalb der EU gehandelt werden, kann eine Lieferantenerklärung ausgestellt werden. Diese ist in ihrem Wortlaut verbindlich vorgeschrieben, nicht jedoch in der Form. Sie kann als Einzelerklärung pro Lieferung abgegeben werden oder in Form einer Langzeiterklärung für alle Lieferungen in einem bestimmten Zeitraum.
Alles Wichtige rund um die Lieferantenerklärung finden Sie hier erläutert: Lieferantenerklärung

“Ursprungserklärung”

Für Warensendungen mit einem Wert bis 6.000 Euro kann der Ausführer in der Regel ohne Mitwirkung der Zollverwaltung eine Ursprungserklärung abgeben. Diese kann auf der Rechnung oder einem anderen Handelspapier abgegeben werden und muss grundsätzlich unterschrieben sein. Der Wortlaut ist in den jeweiligen Abkommen vorgeschrieben und kann nach Empfangsland ggf. unterschiedlich sein.

Warenverkehrsbescheinigung “EUR.1”

In vielen Abkommen ist für die Ursprungsdokumentation von höheren Warenwerten die Vorlage einer “EUR.1” erforderlich, die von der zuständigen Zollstelle geprüft und bestätigt wird. Bei der Einfuhr im Empfangsland kann mit Vorlage der EUR.1 die Zollbegünstigung beantragt werden.
Die “EUR.1” ist der Zollstelle ausgefüllt einzureichen. Das Formular steht nicht zum Download zur Verfügung und kann z.B. bei der IHK oder bei Formularverlagen bezogen werden.
Der Ausführer hat der Zollstelle Nachweise über den Warenursprung vorzulegen, hierzu dienen z.B. Lieferantenerklärungen, oder Kalkulationsunterlagen.
In der Europäischen Union ausgestellte Präferenznachweise sind in den meisten Fällen vier Monate gültig, d.h. sie müssen innerhalb dieser Fristen der Zollstelle des Einfuhrstaates vorgelegt werden.
Neuere Abkommen, z.B. mit Korea, Singapur oder auch Kanada, Japan und Großbritannien sehen die “EUR.1” als Nachweisdokument nicht vor. Bei Lieferungen in diese Länder ist für Warenwerte ab 6.000 € zwingend die zollrechtliche Bewilligung “Ermächtigter Ausführer” oder der Status “Registrierter Ausführer” notwendig. Andernfalls kann der Empfänger die Zollvorteile bei der Einfuhr nicht nutzen.

“Ermächtigter Ausführer” (EA) / “Registrierter Ausführer” (REX)

Die Hauptzollämter können Unternehmen eine Vereinfachung als "Ermächtigter Ausführer (EA)" bewilligen. Ermächtigte Ausführer dürfen
  • Ursprungserklärungen auf der Rechnung ohne Wertgrenze ausstellen, d.h. die normalerweise erforderliche Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 (oder EUR-MED) entfällt oder
  • vorausbehandelte Warenverkehrsbescheinigungen A.TR. verwenden (gilt nur für den Warenverkehr EU-Türkei).
Ein "Ermächtigter Ausführer" muss durch seine innerbetriebliche Organisation sicherstellen, dass die Ursprungseigenschaft zweifelsfrei nachgeprüft und überwacht werden kann. Eine erforderliche Arbeits- und Organisationsanweisung (A&O) soll einerseits die Abläufe im Unternehmen dokumentieren, andererseits verspricht sich die Zollverwaltung dadurch eine Dokumentation des aktuellen Informationsstandes des Unternehmens. Auf der Webseite des Zolls werden Aspekte zur A&O und zum Bewilligungsantrag erläutert, dort ist auch das elektronische Antragsformular hinterlegt. In einer Dienstanweisung der Zollverwaltung (VSF Z 4216) werden Mindestanforderungen genannt, die von der A&O erfüllt werden müssen:
  • Benennung eines Gesamtverantwortlichen mit Kenntnissen im Präferenzrecht
  • Art der unternehmerischen Tätigkeit
  • Erfassung der Zulieferung nach Waren mit und ohne Ursprungseigenschaft
  • Angabe des Ursprungslandes und der jeweiligen Präferenzregelung
  • Sicherstellung der innerbetrieblichen Kommunikation
  • Anforderung, Prüfung, Archivierung von Lieferantenerklärungen und anderen einschlägigen Dokumenten
  • Prüfung der Ursprungseigenschaft (ein mögliches Kalkulationsschema finden Sie bei den Downloads)
  • Verantwortlicher für die Erstellung der Präferenznachweise
Häufig ist es hilfreich, die Abläufe und Prüfungsroutinen im Unternehmen mit Hilfe von Diagrammen zu verdeutlichen. Vielleicht bestehen bereits Prozessbeschreibungen, die im Rahmen von Zertifizierungen (u. a. ISO-Zertifizierungen) erstellt worden sind. Die Angaben müssen von den zuständigen Mitarbeitern der Hauptzollämter bei der Bewilligung geprüft werden. Auch bei wenigen Fallzahlen pro Monat kann der Ermächtigte Ausführer bewilligt werden, wenn entsprechende Organisationsabläufe und sachkundige Mitarbeiter im Unternehmen vorhanden sind.
Die Bewilligung gilt auch automatisch für Abkommen, die erst künftig abgeschlossen werden. Daher müssen Bewilligungsinhaber den Länderkreis nicht erweitern lassen.
Beim “Registrierter Exporteur (REX)” handelt es sich nicht um eine förmliche Bewilligung, sondern um eine Registrierung beim zuständigen Hauptzollamt. Allerdings sind die Voraussetzungen, die “Registrierte Exporteure” zu erfüllen haben, die gleichen wie beim Ermächtigten Ausführer. Unternehmen, die sich als REX registrieren, sollten daher intern die gleichen Anforderungen stellen und ihre Abläufe sicherstellen, da der Zoll auch bei Registrierten Exporteuren Prüfungen vornehmen kann.
Tendentiell nimmt die Bedeutung des Ermächtigten Ausführers ab, in den neueren Abkommen gewinnt der Registrierte Exporteur an Bedeutung.
Welche Art der Dokumentation für das jeweilige Zielland zulässig sind, muss ggf. im Einzelfall anhand des Abkommens geprüft werden. Dabei helfen auch unsere länderspezifischen Hinweise: Warenursprung & Präferenzen - IHK Südlicher Oberrhein