Existenzgründung

Freiberuflich oder Gewerblich?

In Deutschland gibt es zwei Arten, eine Existenz zu gründen. Entweder betreiben Sie ein Gewerbe oder Sie sind freiberuflich tätig. Dies hängt davon ab, welche Tätigkeit Sie ausüben. Ob Sie gewerblich oder freiberuflich tätig sind, hat Auswirkungen auf die Formalitäten sowie auf die Rechtsform Ihres Unternehmens.

Gewerbeanmeldung und Gewerbesteuer

Nur der Gewerbetreibende ist verpflichtet beim zuständigen Gewerbeamt (Stadt, Gemeinde) ein Gewerbe anzumelden und Gewerbesteuer zu entrichten. Freiberufler müssen ihre Tätigkeit beim Finanzamt anmelden und unterliegen dem normalen Einkommensteuertarif.

Bilanzierung

Ein gewerbliches Unternehmen, das nach Art und Umfang einen kaufmännischen Geschäftsbetrieb erfordert, muss in das Handelsregister eingetragen werden und ist damit zur doppelten Buchführung verpflichtet. Der Freiberufler wird im Handelsregister nur dann eingetragen, wenn er die Rechtsform der GmbH oder AG wählt (daneben gibt es noch die Partnerschaftsgesellschaft, die allerdings nicht im Handelsregister, sondern im Partnerschaftsregister eingetragen wird). Eine Bilanzierungspflicht besteht für Freiberufler – mit Ausnahme der im Handelsregister eingetragenen – unabhängig von der Höhe des Umsatzes oder Gewinns nicht (Einnahme/Überschussrechnung reicht aus).

Kammerzugehörigkeit

Gewerbetreibende sind Pflichtmitglieder bei der Industrie- und Handelskammer oder der Handwerkskammer. Für rein freiberuflich Tätige besteht eine IHK-Zugehörigkeit nur dann, wenn eine GmbH oder eine AG gegründet wird. Ansonsten gibt es nur bei einigen Freiberuflern eine Pflichtmitgliedschaft in den „Kammern für freie Berufe”.

Definition “Gewerbebetrieb”

Für den Begriff “Gewerbebetrieb” gibt es im Gewerbesteuerrecht und in der Gewerbeordnung unterschiedliche Definitionen.

Gewerbebegriff nach Gewerbeordnung

Nach Sprachgebrauch und Rechtsprechung versteht man unter dem Betrieb eines Gewerbes eine selbständige, erlaubte, auf Gewinnerzielung gerichtete, auf gewisse Dauer ausgeübte Tätigkeit im wirtschaftlichen Bereich mit Ausnahme der Urproduktion (z. B. Land- und Forstwirtschaft, Fischerei, Bergbau), der freien Berufe und der bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen Vermögens. Ein Gewerbe wird somit nicht ausgeübt, wenn
  • ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft oder
  • eine freiberufliche Tätigkeit oder
  • eine Vermögensverwaltung
betrieben wird. Typische Gewerbetreibende sind die Betriebe des Handwerks und der Industrie, der Handel, Makler- und Vermittlertätigkeiten, Verkehrs- sowie die Gaststättenbetriebe.

Gewerbebegriff nach Gewerbesteuergesetz

Eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, ist Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist.

Definition der freien Berufe

Das Partnerschaftsgesellschaftsgesetz (PartGG) definiert die freien Berufe wie folgt: “Die freien Berufe haben im allgemeinen auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikation oder schöpferischer Begabung die persönliche, eigenverantwortliche und fachliche unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit zum Inhalt.” Aus dem sachlichen Geltungsbereich gewerberechtlicher Vorschriften werden die freien Berufe üblicherweise unterteilt nach freien wissenschaftlichen, künstlerischen und schriftstellerischen Tätigkeiten einerseits und persönlichen Dienstleistungen, die eine höhere Bildung erfordern, andererseits. Die freien Berufe zeichnen sich aus durch die Qualität der – häufig akademischen – erforderlichen Ausbildung, durch den Charakter der erbrachten Dienstleistungen, die durch eine höhere Bildung bedingt sind und bei denen die persönliche Leistung und Verantwortung sowie das besondere Vertrauensverhältnis im Vordergrund stehen. Der persönlichen Erbringung der Dienstleistung steht dabei nicht entgegen, dass sich der Freiberufler dabei grundsätzlich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedienen kann. Voraussetzung ist, dass er auf Grund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird. Auch eine Vertretung im Fall vorübergehender Verhinderung steht der Annahme einer leitenden und eigenverantwortlichen Tätigkeit nicht entgegen. Das Einkommensteuergesetz unterteilt in § 18 EStG die freien Berufe in die „Katalogberufe” und die „ähnlichen” Berufe.
Katalogberufe sind die
  • Heilberufe (Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Heilpraktiker, Krankengymnasten, Hebammen und Heilmasseure.)
  • Rechts-, wirtschafts- und steuerberatende Berufe (Rechtsanwälte, Patentanwälte, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte sowie beratende Volks- und Betriebswirte)
  • Technische und naturwissenschaftlich orientierte Berufe (Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Lotsen)
  • Wissenschaftliche Bildungsberufe, Lehrer und Erzieher (Geologen, Physiker, Biologen; Tanz-, Turn- oder Fahrlehrer, Erzieher und Diplom-Pädagogen)
  • künstlerisch und publizistisch Schaffende (Künstler, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer)
Zu den „ähnlichen Berufen” zählen die Tätigkeiten, die eine Ähnlichkeit mit einem konkreten Katalogberuf aufweisen (z. B. Psychotherapeut, Unternehmensberater).

Abgrenzungsprobleme

Die Abgrenzung zwischen freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeit ist außerhalb der Katalogberufe in der Praxis oft strittig. Sowohl Finanzbehörden als auch Gewerbeämter orientieren sich bei der Beurteilung des Einzelfalles an entsprechenden Verwaltungsrichtlinien und den zahlreichen Gerichtsurteilen, denen sich weitere Abgrenzungen entnehmen lassen. Ist ein Existenzgründer sich nicht sicher, ob er eine gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit ausübt, sollte er beim zuständigen Finanzamt nachfragen.

Abgrenzung freier Mitarbeiter / Freier Beruf

Der Begriff des „freien Berufes” ist von dem des „freien Mitarbeiters” zu unterscheiden. Der „freie Mitarbeiter” ist eine Person, die aufgrund eines Dienst- oder Werkvertrages für andere Personen/Unternehmen ein Unternehmen Aufträge ausführt, Projekte betreut ohne dabei in das Unternehmen eingegliedert zu sein. Ein freier Mitarbeiter kann Freiberufler oder Gewerbetreibender sein oder eine sonstige selbständige Tätigkeit ausüben. ”Echte” Selbständige sind diese Personen jedoch dann nicht, wenn sie vom Auftraggeber abhängig und weisungsgebunden sind, keine Möglichkeit der freien Arbeitszeitgestaltung haben oder kein Unternehmerrisiko tragen. Sie sind dann als sog. „Scheinselbständige” anzusehen.

Gemischte Tätigkeiten

Eine Einzelperson kann grundsätzlich neben einer freiberuflichen Tätigkeit auch eine gewerbliche Tätigkeit ausüben. Steuerlich wird dann jede Betätigung für sich beurteilt, soweit sich die Tätigkeiten nach der Verkehrsauffassung trennen lassen, also zwischen den Tätigkeiten kein sachlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang oder nur gewisse sachliche und wirtschaftliche Berührungspunkte bestehen. Der Steuerpflichtige erzielt dann nebeneinander Einkünfte aus Gewerbebetrieb und aus freiberuflicher Arbeit. Problematisch wird die Abgrenzung jedoch, wenn die freiberuflichen und die gewerblichen Tätigkeiten derart miteinander verflochten sind, dass sie sich gegenseitig unlösbar bedingen. Schuldet beispielsweise ein Steuerpflichtiger seinem Auftraggeber einen einheitlichen Erfolg, ist die zur Durchführung des Auftrags erforderliche Tätigkeit regelmäßig als einheitliche zu beurteilen. In diesem Fall ist die gesamte Tätigkeit entweder als freiberuflich oder als gewerblich anzusehen, je nachdem welcher Teil ihr „das Gepräge” gibt. Beispiel: Ein Arzt betreibt eine Klinik, ein Kurheim oder Sanatorium als Gewerbebetrieb. Seine ärztlichen Leistungen gehören zu seiner gewerblichen Tätigkeit. Gleiches gilt für den An- und Verkauf von Waren. Diese gewerblichen Betätigungen führen bei einem Freiberufler dazu, dass die gesamte Tätigkeit als gewerbliche eingestuft wird (Tierärzte, die Medikamente oder Impfstoffe gegen Entgelt abgeben; Augenärzte, die Kontaktlinsen nebst Pflegemitteln verkaufen). Schließen sich Angehörige eines freien Berufs zu einer Personengesellschaft zusammen (GbR), haben die Gesellschafter nur dann freiberufliche Einkünfte, wenn alle Gesellschafter die Merkmale eines freien Berufs erfüllen. Kein Gesellschafter darf nur kapitalmäßig beteiligt sein oder Tätigkeiten ausüben, die keine freiberuflichen sind. Üben Personengesellschaften auch nur zum Teil eine gewerbliche Tätigkeit aus, so ist der gesamte Betrieb als gewerblich zu behandeln. Eine Kapitalgesellschaft (GmbH, AG) wird unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Aktivität, niemals als Freiberufler behandelt, sondern ist kraft Rechtsform Gewerbebetrieb.

Unterschiede in der Alterssicherung

Auch im Hinblick auf die Altersvorsorge gibt es Unterschiede. Für Gewerbetreibende gibt es besondere Regelungen zur gesetzlichen Pflichtversicherung für Personen, die ein Handwerk betreiben oder die in dem Verzeichnis nach § 19 Handwerksordnung (HwO) eingetragen sind. Die Sozialversicherungspflicht für Scheinselbständige nach § 7 Sozialgesetzbuch (SGB) IV und für Selbständige ohne versicherungspflichtige Arbeitnehmer mit nur einem Auftraggeber nach § 2 Ziffer 9 SGB VI gilt sowohl für Gewerbetreibende wie für Freiberufler. Für einen Teil der Freiberufler (z. B. selbständige Lehrer und Erzieher, Krankenpfleger und Masseure sowie Künstler und Publizisten) existieren darüber hinaus Pflichtversicherungen in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 2 SGB VI. Verkammerte Freiberufler (z.B. Ärzte, Rechtsanwälte, Notare) sind rentenversicherungspflichtig über ihre Pflichtmitgliedschaft in den berufsständischen Versorgungswerken. Ein anderer Teil der Freiberufler ist nicht versicherungspflichtig oder kann sich von der Versicherungspflicht befreien lassen.