Stand 24.04.2023
Energiepreise
Seit Mitte 2021 sind die Energiepreise stark gestiegen. Besonders Strom und Erdgas sind im Vergleich zu 2020 und 2019 immer noch deutlich teurer. Unternehmen, die diese gestiegenen Kosten nicht an Kunden weitergeben können, trifft es sehr hart. Die Entwicklungen an den Rohstoff- und Energiemärkten bereiten den Unternehmen weiterhin Sorgen.
Aktuelle Informationen:
Wir empfehlen Ihnen trotz der Strom- und Gaspreisbremse sich bei einem hohen Arbeitspreis nach Möglichkeiten eines neuen Liefervertrages zu erkundigen. Die Gas- und Strompreise am Terminmarkt sind im ersten Quartal weiter deutlich gesunken, sodass günstigere Verträge wieder angeboten werden. Die neue sieht zudem vor, dass ab 01. Mai 2023 bei Unternehmen mit einer Entlastungssumme von über 2 Mio. Euro die Entlastung nur bis zu einem bestimmten vertraglichen Arbeitspreis erfolgt.
Hintergründe und aktuelle Entwicklungen in der Energiekrise
Die Großhandelspreise für Strom und Gas haben sich nach historisch hohen Niveaus wieder beruhigt. Auch andere Energieträger wie Öl und Kohle waren zwischenzeitlich so teuer wie lange nicht mehr. Zusätzlich befindet sich der Preis für eine Tonne Kohlendioxid im europäischen Emissionshandel (EU-ETS) immer noch auf einem Allzeithoch. Auch wenn sich die Märkte auf Grund von positiven Signalen für die Energiesicherheit in Deutschland und Europa beruhigt zu haben scheinen, bleiben die Energiepreise mit Unsicherheiten behaftet.
Erdgaspreise:
Die Erdgaspreise befinden sich an den Börsen wieder auf dem Stand vor dem 24. Februar 2022, auch wenn nicht ganz auf dem Niveau vor dem Anstieg ab Herbst 2021. Diese Entwicklung kommt bei den Unternehmen noch nicht immer an. Deutschlandweit lag im ersten Quartal 2023 der Mittelwert für Vollversorgungsverträge nach VEA bei 7,95 Ct/kWh.
Strompreise:
Der Strompreis folgte aufgrund des Merit-Order Prinzip ebenfalls den Turbulenzen an den Gasmärkten. Da diese sich seit Winter 2022 wieder beruhigen verzeichnet auch der Strommarkt sinkende Preise. So betrug im ersten Quartal 2023 der durchschnittliche Großhandelsstrompreis in Deutschland nur noch 115,82 Euro/MWh statt 184,62 Euro/MWh im Vorjahreszeitraum. Einen Einfluss dürften auch Einsparmaßnahmen gehabt haben, die zu einem 8,3 Prozent geringerer Stromverbrauch führten.
Was bedeuten die Preise für Unternehmen?
Unternehmen sind sehr unterschiedlich von den Preissteigerungen betroffen. Ein hoher Energieverbrauch oder besser ein hoher Energiekostenanteil bezogen auf das hergestellte Produkt oder die angebotene Dienstleistung führt zumeist zu einer stärkeren Belastung durch den Anstieg des Energiepreises. Der Gasmarkt ist weiterhin nervös und viele Lieferanten bieten noch keine Lieferangebote für Sondervertragskunden. Des Weiteren sind viele Unternehmen durch längerfristige Verträge an höhere Preise gebunden. Die Energiekrise ist für die Unternehmen noch nicht vorbei.
Es gibt aber weitere entscheidende Faktoren:
- Wie kaufe ich meine Energie ein? Die meisten Unternehmen mit einem Energieverbrauch bis zu 2 GWh im Jahr sind vertraglich an einen Energiedienstleister beispielsweise Stadtwerke gebunden und werden über diesen mit Gas und Strom beliefert. Der Einfluss auf die Einkaufspolitik des Lieferanten ist sehr gering. Einige dieser Anbieter mussten im letzten Jahr Insolvenz anmelden. Unternehmen mit einem Energieverbrauch über 2 GWh kaufen ihre Energie überwiegend direkt an den Energiebörsen ein. Hier ist entscheidend, ob der Einkauf kurzfristig an den Spotmärkten oder langfristig an den sogenannten Terminmärkten erfolgt. Der Anstieg der Energiepreise an den Terminmärkten für längerfristige Lieferverträge war im Vergleich zu den Spotmärkten lange moderat. Durch die Trägheit der Terminmärkte profitieren langfristige Einkäufer jedoch zum jetzigen Zeitpunkt auch nicht so stark von den jüngsten Preissenkungen.
- Welche Energie kaufe ich ein? Die Preise sind im Jahr 2023 für alle Arten von Energieträgern (beispielsweise Strom, Gas, Öl oder Kohle) stark gestiegen. Bei den meisten kehrte sich dieser Trend jedoch schon länger wieder um. Erneuerbare Energien waren weit weniger betroffen und fungieren weiterhin als stabilisierendes Element im Energiemarkt.
- Wie ist die Kostenkalkulation? Entscheidend für die Wirtschaftlichkeit eines Produktes oder einer Dienstleistung ist, ob die stark gestiegenen Energiepreise an die Kunden weitergegeben und gegebenenfalls in der Gesamtkalkulation eingepreist werden können. Hier ist die Vertragsgestaltung wichtig.
Allgemeine Handlungsoptionen für Unternehmen
Die Ausmaße des Preisanstieges haben Experten und Verbraucher gleichermaßen überrascht. Dennoch gibt es Handlungsoptionen. Im Folgenden finden Sie verschiedene Möglichkeiten auf die Energiepreise zu reagieren.
Kurzfristige Lösungsansätze
- Anbieterwechsel: Einige Anbieter wagen sich bereits wieder mit günstigeren Angeboten auf den Markt. Eine Prüfung mehrerer Angebote kann sich trotz Preisbremsen lohnen
- Anpassen der Produktion: Das heißt, soweit es möglich und wirtschaftlich ist, kann die Produktion verlagert, reduziert oder zeitlich verschoben werden.
- Prüfen Sie mögliche Kompensationen: Rund ein Drittel der Thüringer Unternehmen, die eine Strom- beziehungsweise Energiesteuerrückerstattung in Anspruch nehmen können, tun dies nicht.
- Prüfen Sie die Preiserhöhungen: Der Gesetzgeber hat hier im Energiesektor klare Grenzen vorgegeben. Der Lieferant ist zu höchstmöglicher Transparenz verpflichtet und darf lediglich die Preise im Großhandel weitergeben.
- Kostenweitergabe: Versuchen Sie zumindest einen Teil der gestiegenen Energiekosten an die Kunden weiterzugeben. Gestalten Sie diese Preiserhöhung so transparent wie möglich.
Mittelfristige Lösungsansätze
- Strategie: Entwickeln Sie eine Strategie für den Energieeinkauf und die Kostenkalkulation Ihrer Gesamtproduktion. Das Risiko von massiven Preissprüngen am Energiemarkt wird in der Zukunft zunehmen. Deshalb sollten Energiekosten Teil des Risikomanagements sein.
- Energieeffizienz: Die Erhöhung der Energieeffizienz im Unternehmen ist eine der wichtigsten Maßnahmen.
- Vertragsgestaltung: Achten Sie bei der Vertragsgestaltung im Energieeinkauf auf langfristige Verträge, zumindest für einen Teil der bezogenen Energiemengen. Dies dämpft die Wirkung von starken Preisschwankungen. Zusätzlich sollten Sie im Verkauf die Möglichkeit von energiebezogenen Preisschwankungen einkalkulieren. Ein Instrument sind Gleitpreisklauseln.
Langfristige Lösungsansätze
- Energieeffizienz: Betrachten Sie die Energieflüsse in Ihrem Unternehmen im Gesamten und gestalten Sie die Prozesse energieeffizienter. Ein Energiemanagementsystem wie die DIN ISO 50.001 oder Energieaudits sind bei der systematischen Entwicklung von Energieeffizienzmaßnahmen sehr hilfreich.
- Energieversorgung: Nehmen Sie die Energieversorgung zumindest für einen Teil der benötigten Energiemengen in die eigene Hand. Prüfen Sie den Direktbezug von erneuerbaren Energien über PPAs (Power Purchase Agreements) oder eigenen Erzeugungsmöglichkeiten wie Windräder und PV-Anlagen
- Produktportfolio: Passen Sie Ihr Produktportfolio soweit möglich an.
- Verbrauchsstrukturen: Achten Sie bei Neuinvestitionen auf die effiziente und effektive Nutzung von Energie.
Wie entwickeln sich die Energiepreise zukünftig?
Die Hochpreisphase ist nur temporär. Wie lange diese anhält ist jedoch schwer zu bestimmen. Auch die sinkenden Preise der letzten Monate könnten sich durch einen Ausfall von Lieferanten, Verzögerungen im Ausbau der Infrastruktur oder einem unerwartet strengen Winter 2023/24 wieder drehen. Für Erdgas hängt die Entwicklung maßgeblich von der politischen Situation in der Ukraine ab. Auf dem Strommarkt ist durch den wetterbedingten Anstieg der Stromerzeugung im Bereich der Erneuerbaren Energien eine moderate Entspannung der Situation zu erwarten. Im Bereich der Netzentgelte ist zumindest in diesem Jahr eine Dämpfung der Erhöhung vorgesehen. Zur Vereinheitlichung/Beibehaltung der Entgelte der Übertragungsnetzbetreiber gewährt die Bundesregierung einen Zuschuss von 12,84 Milliarden Euro. Aufgrund der veränderten Erzeugerstruktur werden Preisfluktuationen (positive wie negative) im Energiemarkt der Zukunft eine verstärkte Rolle spielen. Es ist wichtig, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um darauf vorbereitet zu sein!
Weitere Informationen und Lageberichte:
Hinweise zum Ersatz oder zur Grundversorgung bei Unternehmen
Anders als private Haushalte fallen Unternehmen bei einem fehlenden Energieversorgungsvertrag (Kündigung oder Auslaufen) nicht automatisch in die Grund- bzw. Ersatzversorgung. Der Gesetzgeber unterteilt die Unternehmen dabei in zwei Gruppen:
In der ersten Gruppe sind Unternehmen mit Abnahmestellen für Strom im Niederspannungs- beziehungsweise für Gas im Niederdruckbereich. Ihnen muss für maximal 3 Monate eine Versorgung gewährleistet werden. Verantwortlich ist der zuständige Grundversorger (Grundversorger ist das Versorgungsunternehmen mit den meisten Kunden im Einzugsgebiet). Ist ein Unternehmen in diese Kategorie einzuordnen, wird die Belieferung durch den Grundversorger der Region nahtlos übernommen. Das Unternehmen ist jedoch verpflichtet bei einer Entnahme aus dem Netz seinem Grundversorger dies mitzuteilen. Nach Ablauf der Übergangsregelung muss spätestens ein neuer Vertrag unterschrieben und der Zähler beim Bilanzkreisverantwortlichen angemeldet sein. Geschieht dies nicht, ist der Netzversorger berechtigt die Abnahmestellen stillzulegen.
Wichtig: Für Unternehmen der zweiten Gruppe, welche Abnahmestellen oberhalb der Niederspannungs- beziehungsweise Niederdruckebene betreiben, gilt keine Verpflichtung zur Ersatzversorgung durch den Grundversorger. Dieser ist berechtigt sämtliche Abnahmestellen unverzüglich stillzulegen!
Die Ersatzversorgung ist ein vergleichsweise teurer Liefervertrag, da die Kosten des Energieeinkaufs seit Sommer 2022 schneller weitergegeben werden dürfen. Deshalb empfiehlt es sich, möglichst zeitnah einen neuen Lieferanten zu suchen. Die Voraussetzungen sind im Energiewirtschafts Gesetz (EnWG) § 38 “Kauf von Energie zum eigenen Verbrauch über die allgemeinen Versorgungsnetze und der Bezug von Strom aus dem Niederspannungsnetz bzw. Gas aus dem Netz des Niederdrucks” geregelt.
Quellen: