Freihandelsabkommen
Handels- und Kooperationsabkommen EU-Vereinigtes Königreich
Nach langem Tauziehen haben sich die Europäische Union und das Vereinigte Königreich auf ein Handelsabkommen geeinigt. Dieses beinhaltet Regelungen für den Warenverkehr. Das Abkommen wurde am 27. April 2021 vom Europäischen Parlament ratifiziert und trat am 1. Mai 2021 in Kraft. Seit dem 1. Januar 2021 galt bereits eine vorläufige Anwendung.
Waren mit präferenziellem Ursprung EU genießen seitdem vollständige Zollfreiheit bei der Einfuhr ins Vereinigte Königreich und umgekehrt. Trotz Anwendung dieses Freihandelsabkommens müssen Waren zollrechtlich abgefertigt werden . Auch ist die Einfuhrumsatzsteuer von dem Abkommen nicht umfasst und somit zu erheben. Das Handelsabkommen schließt Nordirland mit ein. Das Abkommen wurde im Amtsblatt der EU L444 vom 31. Dezember 2020 veröffentlicht.
Wichtig: Das Abkommen ändert nichts daran, dass mit dem Brexit eine neue Grenze mit den Zollprozeduren entstanden ist.
Die deutsche Zollverwaltung hat ein umfassendes Merkblatt zum TCA veröffentlicht.
Hinweis: Nachfolgend wird der Begriff Vereinigte Königreich oder der ISO-Ländercode des Vereinigten Königreichs, nämlich GB genannt.
1. Zollfreiheit für Ursprungswaren
Der Zollsatz für Waren mit präferenziellem Ursprung EU bzw. GB liegt seit dem 1. Januar 2021 bei null. Voraussetzung ist, dass die Ursprungsregeln des Abkommens eingehalten werden. Tipp: Prüfen Sie im britischen Zolltarif mit Hilfe der Warennummer, ob im Vereinigten Königreich überhaupt Zoll anfällt. Wenn nicht, ist auch kein Ursprungsnachweis erforderlich.
Wichtig: Es handelt sich um ein bilaterales Handelsabkommen. Waren mit präferenziellem Ursprung GB gelten nur für den Import in die EU als präferenzberechtigt. Eine Nutzung der anderen Handelsabkommen, die die EU abgeschlossen hat, ist für GB-Ware nicht möglich. Auch GB-Ware, die sich vor dem Jahreswechsel 2020/2021 in der EU befunden hat, verliert den EU-Status, den sie ursprünglich hatte.
2. Ursprungsregeln
Die Ursprungssystematik und -regeln folgen denen bisheriger Freihandelsabkommen. Voraussetzung zur Gewährung der Zollfreiheit ist, dass die Ware entweder vollständig im Wirtschaftsraum der EU oder des VK gewonnen oder hergestellt wurde oder die produktspezifischen Ursprungsregeln erfüllt. Diese sind häufig der Positionswechsel (Change of Tariff Heading CTH) oder/und Wertschöpfungsregeln (häufig 50 Prozent). Die produktspezifischen Ursprungsregeln finden Sie im Abkommen unter ANNEX ORIG2 ab Seite 489. Die Ursprungsregelungen orientieren sich inhaltlich stark am Abkommen der EU mit Japan, sie sind insgesamt recht großzügig. Sie werden auch zeitnah in der Präferenzdatenbank des deutschen Zolls hinterlegt.
3. Ursprungsnachweis
Wie bei allen jüngeren Freihandelsabkommen gilt als einzig möglicher Präferenznachweis die Erklärung zum Ursprung auf einem Handelsdokument. Das kann die Handelsrechnung oder auch ein anderes Dokument (Lieferschein, Packliste, Proformarechnung) sein, aus dem die gelieferten Waren hervorgehen. Den Wortlaut der Erklärung zum Ursprung finden Sie im Abkommen unter ANNEX ORIG4 auf Seite 482. Es handelt sich um den üblichen Wortlaut, wie er auch in anderen Handelsabkommen der EU vorgesehen ist. Die Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 ist nicht möglich. Erklärungen zum Ursprung können auch nachträglich ausgestellt werden. Sie müssen nicht unterschrieben werden. Es ist auch eine Langzeiterklärung für mehrere Sendungen mit identischen Waren innerhalb eines Jahres möglich.
3.1. Ursprungsnachweise ausgestellt in der EU
Bis zu einem Wert von 6.000 Euro kann die Ursprungserklärung von jedermann erstellt werden. Ab einem Warenwert von 6.000 Euro dürfen nur Registrierte Ausführer (REX) eine Ursprungserklärung abgeben. Die REX-Nummer ist anzugeben. Der Ermächtigte Ausführer gilt nicht.
3.2. Ursprungsnachweise ausgestellt im Vereinigten Königreich
Die Erklärung zum Ursprung muss wertunabhängig die GB-EORI-Nummer des Ausstellers enthalten. Bei der Einfuhr in die EU sind folgende Unterlagencodierungen anzugeben:
- U116 Erklärung zum Ursprung
- U118 Erklärung zum Ursprung für Mehrfachsendungen identischer Ursprungserzeugnisse
- U117 Gewissheit des Einführers
3.3 Gewissheit des Einführers
Falls keine Erklärung zum Ursprung des Exporteurs vorhanden ist, kann der Importeur auf Basis seiner Kenntnnis der Ware auf eigene Verantwortung die Präferenz und damit eine zollfreie Abfertigung beantragen (Gewissheit des Einführers/Importer’s Knowledge). Dieser Ursprung muss bewiesen werden können, daher dürfte diese Regelung, die es auch im Abkommen EU-Japan gibt, eher zwischen verbundenen Unternehmen angewendet werden.
4. Fristen und Übergangsregelungen:
4.1 Erklärung zum Ursprung ohne EU-Lieferantenerklärungen
Normalerweise sind für die Feststellung des präferenziellen Ursprungs Lieferantenerklärungen für Vormaterialien oder Handelswaren erforderlich. Erst wenn diese vorliegen, darf üblicherweise eine Erklärung zum Ursprung ausgefertigt werden. Wegen der kurzen Frist gilt für das Abkommen EU-UK eine Ausnahme: Erklärungen zum Ursprung dürfen auch ohne vorliegende Lieferantenerklärungen für Waren mit Präferenzursprungseigenschaft ausgestellt werden. Voraussetzung ist, dass die fehlenden Lieferantenerklärungen beim Exporteur bis spätestens 1. Januar 2022 eingehen werden. Inhaltlich wird der Exporteur das Risiko meist eingehen können, wenn für die Vormaterialien oder Handelswaren bereits in der Vergangenheit eine Lieferantenerklärung mit Ursprung Europäische Union abgegeben worden ist. Die Ausnahme wurde im Amtsblatt der EU veröffentlicht.
4.2. Nachträgliche Präferenz
Generell können Einführer bis zu drei Jahre nach dem Import einen Antrag auf Präferenzbehandlung stellen. Dann werden die bezahlten Zölle erstattet. Da im Vereinigten Königreich die Abrechnung der Einfuhren bis einschließlich Juni 2021 sechs Monate später erfolgt (die Einfuhren Januar werden im Juli abgerechnet), ist es unproblematisch, die Erklärung zum Ursprung für Sendungen in das Vereinigte Königreich jeweils erst abzugeben, wenn beispielsweise die REX-Nummer vorliegt.
5. Lieferantenerklärungen
Das Abkommen wurde am 30. Dezember 2020 im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Daher können Unternehmen das Vereinigte Königreich in die Lieferantenerklärung aufnehmen unter „ ...und den Ursprungsregeln für den Präferenzverkehr mit … entsprechen.” Voraussetzung ist, dass die Waren die Ursprungsregeln erfüllen oder dass für Handelsware eine Lieferantenerklärung des Vorlieferanten vorliegt, auf der das Vereinigte Königreich genannt ist. Lieferantenerklärungen können nachgereicht werden, siehe Regelung unter 4.1.
Bitte beachten: Bei den im Abkommen ab Seite 547 enthaltenen Lieferantenerklärungen handelt es sich um grenzüberschreitende Lieferantenerklärungen für die volle Kumulation. Das ist ein Sonderfall. Innerhalb der EU gelten die normalen Lieferantenerklärungen.
6. Weitere Merkmale des Abkommens
Das Handelsabkommen verfügt über einige Besonderheiten:
- Reparatursendungen sind zollfrei, unabhängig vom Warenursprung. Die erforderlichen Verfahrensregeln folgen noch.
Für Kenner des Präferenzrechts folgende Informationen
- Es ist kein Drawback enthalten
- Keine Präferenz bei der Wiedereinfuhr, es fällt also Zoll bei der Wiedereinfuhr von EU-Ware in die EU an.
- Die buchmäßige Trennung ist für Vormaterial und erstmals auch für einige Handelswaren möglich
- Der Wert der Vormaterialien ohne Ursprung kann auch auf Basis des gewichteten Durchschnittspresies oder anderer handelsrechtlicher Berwertungsmethoden ermittelt werden
- Es gibt die bilaterale und die volle Kumulation
Die deutsche Zollverwaltung informiert detailliert auf ihrer Homepage zum Abkommen.