Freihandel

Ursprungsregelungen EU-Vietnam-Abkommen

Zum 1. August 2020 ist das gemeinsame Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union (EU) und Vietnam in Kraft getreten. Das Abkommen ist insbesondere für deutsche Unternehmen interessant, da allein 33 Prozent aller EU-Exporte nach Vietnam aus Deutschland kommen. Nachfolgend finden Sie Informationen zu den wichtigsten Änderungen bei den Präferenzen und Zöllen sowie zu den Übergangsregelungen.
Achtung: Seit 1. Januar 2023 ist für Importe aus Vietnam nur noch dieses Handelsabkommen anwendbar. Das bislang parallel anwendbare APS entfällt. Das hat Auswirkungen auf die Ursprungsnachweise, Einzelheiten finden Sie unter 3.2

1. Zollabbau

Durch das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Vietnam werden mehr als 99 Prozent der Zölle für Ursprungswaren abgebaut. Über die Access2Markets Datenbank können Sie die aktuelle Zollhöhe in Vietnam prüfen.

1.1 Export: Zeitplan Vietnams für EU-Ursprungserzeugnisse

Vietnam verpflichtet sich bei Inkrafttreten des Abkommens für 65 Prozent der EU-Erzeugnisse den Zoll bei der Einfuhr sofort abzuschaffen. Im Laufe von zehn Jahren folgen, bis auf wenige Ausnahmen, alle weiteren Erzeugnisse (siehe auch Zeitplan Vietnam Appendix 2-A-2, ab Seite 672 (nicht barrierefrei)). Fast alle Maschinenbauerzeugnisse können beispielsweise direkt nach Abschluss des Abkommens zollfrei nach Vietnam eingeführt werden. Die restlichen Maschinenbauerzeugnisse folgen nach fünf Jahren. Daneben werden circa 50 Prozent aller Pharmazeutika zollfrei ab Inkrafttreten, der Rest wird spätestens nach sieben Jahren zollfrei. Im Bereich Kraftfahrzeuge und -teile kommt die vollständige Zollfreiheit nach zehn Jahren. Lediglich für sensible Agrarprodukte, unter anderem Reis, Pilze oder Thunfisch, bleiben Zollkontingente bestehen.

1.2 Import: Zeitplan der EU für vietnamesische Ursprungserzeugnisse

Die EU schafft den Zoll für 84 Prozent der vietnamesischen Ursprungswaren mit Inkrafttreten des Abkommens ab. Innerhalb von sieben Jahren werden die übrigen Zölle abgebaut sein (siehe auch Zeitplan EU Appendix 2-A-1, ab Seite 169 (nicht barrierefrei)). Es ist sichergestellt, dass die Importzölle der EU in keinem Fall höher sind, als die APS-Zölle. Das wäre theoretisch zu Beginn möglich, wenn die Abbaustufen durch das Abkommen kleiner sind, als die Differenz zwischen dem Drittlandszollsatz und dem APS-Zollsatz.
Für wenige landwirtschaftliche Produkte wie Reis, Mais, Knoblauch, Champignons, Zucker und hoch zuckerhaltige Produkte, Maniokstärke, Surimi und Thunfischkonserven bleiben Kontingente bestehen.
Die verschiedenen Abbaustufen entnehmen Sie den allgemeinen Bestimmungen (Annex 2-A), ab Seite 162 (nicht barrierefrei).

2. Ursprungsregeln

Bedingung für eine zollfreie Einfuhr ist der Ursprung der Erzeugnisse in einer der beiden Volkswirtschaften. Die Ursprungsregeln ähneln den Regeln des Allgemeinen Präferenzsystems (APS) der EU gegenüber Entwicklungsländern wie auch jenen, die in anderen Handelsabkommen, beispielsweise Singapur, Anwendung finden. Die Ursprungsregeln sind im Ursprungsprotokoll (Annex II, ab S. 1.341(nicht barrierefrei) festgelegt. Meist wird ein Positionswechsel auf 4-steller Ebene für Vormaterialien ohne Ursprung oder alternativ je nach Ware eine Wertschöpfungsregel zwischen 40 und 70 Prozent verlangt. Für manche Warengruppen ist der 6-Steller ausschlaggebend.

Kumulierung

Das Freihandelsabkommen sieht zwei Kumulierungsmöglichkeiten vor: die bilaterale Kumulierung zwischen der EU und Vietnam sowie die ASEAN-Kumulierung. Bereits im Abkommen der EU mit Singapur ist die Möglichkeit der ASEAN-Kumulierung vorgesehen. Ziel der EU ist es, einheitliche Regeln zur Kumulierung mit den zehn ASEAN (Association of Southeast Asian Nations)-Staaten (Brunei, Indonesien, Kambodscha, Laos, Malaysia, Myanmar, Philippinen, Singapur, Thailand und Vietnam) zu verhandeln. Das bedeutet, dass in Vietnam gefertigte Güter auch dann zollfrei wären, wenn ihre Teile aus anderen Staaten des ASEAN-Verbundes stammten, mit denen die EU ein Abkommen hat.
Weitere Verhandlungen mit Mitgliedern der ASEAN gibt es derzeit mit Indonesien. Das Freihandelsabkommen mit Singapur (EUSFTA) ist im November 2019 in Kraft getreten.
Parallel entwickelt sich in der Region mit RCEP die größte Freihandelszone der Welt. Eine direkte Kombination des Abkommens EU-Vietnam mit RCEP ist nicht vorgesehen. Es ist aber durchaus möglich, die Abkommen nacheinander zu nutzen, indem EU-Waren in Vietnam ursprungsbegründend be- oder verarbeitet werden.

3. Ursprungsnachweise

3.1 Export: Ursprungsnachweise ausgestellt in der EU

Präferenznachweis für alle Warensendungen ist die Ursprungserklärung auf der Rechnung. Diese hat den üblichen Wortlaut. Ab einem Warenwert von 6.000 Euro darf nur ein Registrierter Exporteur (REX) eine Ursprungserklärung ausstellen. EU-Exporteure müssen sich also bei ihrer zuständigen Zollbehörde (in Deutschland das zuständige Hauptzollamt) als REX registrieren lassen, wenn sie die Zollvorteile des EU-Vietnam-Abkommens nutzen wollen. Bereits bestehende REX-Registrierungen gelten automatisch auch für Vietnam. Der Zoll informiert auf seiner Website ausführlich über den REX.

3.2 Import: Ursprungsnachweise ausgestellt in Vietnam

Für vietnamesische Ausführer gilt als Präferenznachweis bis zu einem Warenwert von 6.000 Euro gleichfalls die Ursprungserklärung. Ab einem Warenwert von 6.000 Euro ist eine Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 auszustellen. Eine Umstellung auf das REX-System ist möglich, aber noch nicht notifiziert. In einer Fachmeldung des Zolls sind die Details dargestellt.
Das bisherige APS-System war noch bis Ende 2022 anwendbar. Der Nachweis des präferenziellen Ursprungs erfolgte mit einer APS-Erklärung zum Ursprung. Für Sendungen, die 2023 verzollt werden, ist die EUR.1 oder bei Sendungen bis 6.000 Euro eine Ursprungserklärung mit anderem Wortlaut erforderlich. Sprechen Sie Ihre vietnamesischen Lieferanten an. Der Vorteil besteht darin, dass die Zollhöhe bei Verwendung dieser Nachweise gegenüber dem APS sinkt.

4. Übergangsregelungen und weitere Informationen

Die Zollvorteile aus dem Abkommen können für alle Ursprungswaren angewendet werden, die nach dem 1. August 2020 in den freien Verkehr überführt werden. Das ist auch für schwimmende Ware möglich oder für Ware, die sich bereits in Zolllagern befindet. Die erforderlichen Nachweise können nach dem Versand und nach dem Inkrafttreten des Abkommens erstellt werden.
  • Übersicht zu Handelsabkommen der EU
  • Allgemeine Informationen, Verhandlungsdokumente und vieles mehr bietet die Europäische Kommission an.
  • Vietnam schreibt eine Ursprungskennzeichnung für alle importierten Waren vor. Neben der üblichen, mitgliedsstaatsspezifischen Markierung (zum Beispiel „Made in Germany”) ist bei Ausfuhren nach Vietnam die Ursprungskennzeichnung „Made in EU” möglich. Jedoch nur für nichtlandwirtschaftliche Produkte (mit Ausnahme von Arzneimitteln). Hinweis: Die Ursprungskennzeichnung ist unabhängig von der Frage, ob ein Ursprungszeugnis vorgelegt werden muss. Dies kann in der Access2Markets Datenbank der EU recherchiert werden.