29.09.2023

Vollversammlung der IHK Erfurt verabschiedet Positionspapier Energie

Die Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Erfurt hat im Rahmen ihrer turnusmäßigen Sitzung am Mittwoch, 27. September 2023, ein zwölf Thesen umfassendes Positionspapier zur Energieversorgung in Thüringen verabschiedet. In die Aufstellung der Thesen flossen auch die Ergebnisse des IHK-Energiewende-Barometers 2023 ein. Aus den Umfragedaten geht hervor, dass die Stimmung der Thüringer Unternehmen mit Blick auf Energiepreise, Energieversorgung und Energiewende so schlecht ist wie nie zuvor. Die Vollversammlung der IHK Erfurt appelliert daher an die Politik und Verwaltung, jetzt zu handeln und eine gelingende Energiewende auf den Weg zu bringen.
Das Energie-Thema ist für die hiesigen Unternehmen nach wie vor eine riesige Herausforderung. „Nie waren Vertrauen in die Energiepolitik so niedrig und Sorgen zur Wettbewerbsfähigkeit und Versorgungssicherheit in den Unternehmen so groß wie heute. Insbesondere vor dem Hintergrund getrübter Stimmung und belasteter Konjunktur in den Unternehmen braucht die Energiewende mehr Tempo und Planungssicherheit. Der Handlungsdruck ist immens hoch. Unternehmen müssen in die Lage versetzt werden, dass der eigene Energieumbau von Seiten des Staates nicht ausgebremst wird. Gleichzeitig dürfen wir den Mut nicht verlieren, die Dinge anzupacken“, so Peter Zaiß, Vizepräsident der IHK Erfurt.
Das Positionspapier enthält wichtige Forderungen an die Politik und Verwaltung, die durch die Ergebnisse des aktuellen Energiewende-Barometers 2023 der IHK-Organisation gefestigt werden.
Unabdingbar für eine funktionierende Wirtschaft ist eine verlässliche Versorgung mit ausreichender Energie zu vertretbaren Kosten. Die Wahl der Energieformen sollte technologisch entschieden werden und darf keinen Energieträger per se ausschließen. Zur Energieversorgung sind funktionierende Energienetze notwendig. Diese sind ein immens wichtiger Standortfaktor. Hierzu wird laut Energiewende-Barometer jedoch die größte Kritik von Seiten der hiesigen Unternehmen artikuliert: Mehr als 65 Prozent der Befragten äußerten sich negativ aufgrund des schleppenden Netzausbaus und dem dürftigen Zuwachs für Erneuerbare Energie-Anlagen. Dies gefährdet Projekte zur Eigenversorgung mit Strom in den Unternehmen und auch die Standortattraktivität Thüringens. Die Vollversammlung der IHK Erfurt fordert daher einen konsequenten und zielgerichteten Netzausbau, der den Zuwachs an notwendigen Erneuerbaren Energien Rechnung trägt, auch mittels digitaler, automatisierter Steuerungsprozesse sowie den barrierefreien Zugang, um die Leistungsfähigkeit der Thüringer Wirtschaft zu sichern.
Nicht minder gehört zur funktionierenden Wirtschaft eine Konkurrenzfähigkeit Thüringens im europäischen Vergleich sowie eine faire Lastenverteilung, die aktuell aufgrund der hohen Strompreise in Deutschland nicht gegeben ist. Die Thüringer Unternehmen sehen große Risiken in den Kosten für Strom, Gas und Wärme: 81 Prozent sprachen sich im Energiewende-Barometer 2023 für eine schnelle Senkung der Steuern und Abgaben insbesondere auf den Strompreis aus. Konkret beinhaltet dies eine Senkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestniveau sowie eine flexiblere Gestaltung der Netzentgelte, aber auch eine breite Förderung beispielsweise von Energieeffizienzmaßnahmen oder Maßnahmen zur Dekarbonisierung über Steuerrabatte.
Für die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende spielt die Sicherstellung einer nachhaltigen Versorgung mit grünen Produkten eine große Rolle. Dafür bedarf es ausgewiesener Flächen, resilienter Lieferketten und ausreichender, ausgebildeter Fachkräfte. Doch an der Umsetzung hakt es: Laut Energiewende-Barometer schätzen rund 61 Prozent der befragten Unternehmen die Umsetzung der Energiewende als negativ oder sehr negativ für die Wirtschaftsfähigkeit ihres Unternehmens ein. Dies ist das schlechteste Ergebnis seit der erstmaligen Erhebung im Jahr 2014. Umso drängender wird die Forderung, die gesteckten Ziele zum Ausbau Erneuerbarer Energien noch heute anzugehen, um die zukünftige Versorgungssicherheit nicht zu gefährden.
Unternehmen, die bereit sind, in neue Technologien zu investieren, werden aber aktuell noch häufig durch immer komplexere Genehmigungsverfahren ausgebremst. Es fehlen Fachleute in den Behörden, klare Verwaltungshinweise und standardisierte Verfahren für effiziente Prozesse. Auch Projekte zur Eigenversorgung, die insbesondere vom verarbeitenden Gewerbe mittels eigener Windkraftanlagen geplant werden, sind zunehmend gefährdet. Obwohl rund 70 Prozent der Befragten aus diesem Sektor die Umsetzung von eigenen Erneuerbaren Energiekapazitäten planen oder bereits umsetzen, fehlt es an der wichtigen Unterstützung seitens der Kommunen und Regionalen Planungsgemeinschaften vor Ort, der Netzbetreiber, vor allem in den unteren Netzebenen sowie an der Übertragung von EU-Regularien in nationales Recht. Hier muss sowohl an den bürokratischen Vorgaben als auch an den Personalressourcen und der Zusammenarbeit von Bund und Ländern dringend gearbeitet werden, um eine Beschleunigung der Energiewende zu forcieren.
Das Positionspapier zur Energiewende mit allen 12 Thesen steht zum Download (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 761 KB)bereit.