21.06.2022
IHK-Umfrage: Überwiegende Mehrheit der Unternehmen spürt starken Kostendruck
Die Folgen der Corona-Pandemie sind in den Unternehmen nach wie vor spürbar. Seit Herbst 2021 hat sich der Kostendruck massiv verstärkt. Denn zu weltweiten Lieferengpässen kamen enorme Preissprünge bei Energie und Rohstoffen hinzu, die dann im Zuge des russischen Angriffskrieges in der Ukraine einen weiteren Schub erhalten haben. Nach neuesten Angaben des Statistischen Bundesamtes haben sich innerhalb eines Jahres, also zwischen Mai 2021 und Mai 2022, die Erzeugerpreise um ein Drittel erhöht. Im Ergebnis einer aktuellen Sonderauswertung der jüngsten Konjunkturumfrage der drei Thüringer Industrie- und Handelskammern signalisieren branchenübergreifend rund 80 Prozent der Unternehmen von höheren Einkaufspreisen für Energie, Rohstoffen und Waren betroffen zu sein.
„Eine regelrechte Kostenexplosion hat insbesondere der produzierende Bereich verzeichnet. Rund 95 Prozent der Industrie- und Bauunternehmen berichten von massiv gestiegenen Preisen für Rohstoffe, Waren und Vorprodukte“, informiert Dr. Cornelia Haase-Lerch, Hauptgeschäftsführerin der IHK Erfurt über die Befragungsergebnisse. Unter den hohen Energiepreisen (Strom, Gas und Kraftstoff) würden sogar 97 Prozent der Baubetriebe und 88 Prozent der Industriefirmen leiden. Ähnlich dramatisch sehe es im Verkehrsgewerbe aus, wo ebenfalls 97 Prozent der Unternehmen die höheren Energiekosten als sehr problematisch empfinden.
„Es kommt jetzt darauf an, dass die Politik alles unterlässt, um Betriebe zusätzlich zu belasten. Unternehmen mussten auch aufgrund staatlicher Zusatzlasten bereits in Vor-Krisenzeiten die höchsten Preise in Europa zahlen“, erklärt Roland Beil, Geschäftsführer der Schuster Kunststofftechnik GmbH aus Waltershausen. Denn jede zusätzliche Regelung bedeute gerade für kleine und mittlere Unternehmen erheblichen bürokratischen Aufwand – und damit weitere Kosten.
„Die aktuellen Kostensteigerungen können für viele Unternehmen ernsthafte Existenzprobleme nach sich ziehen“, ergänzt die IHK-Hauptgeschäftsführerin. So meldeten laut IHK-Umfrage vor allem Unternehmen aus Branchen, die besonders unter galoppierenden Energiepreisen oder zunehmenden Lieferkettenproblemen leiden, zunehmend finanzielle Schwierigkeiten. Denn nicht nur Rohstoffe, Vorprodukte und Energie seien teurer geworden, in allen Branchen würden auch die Arbeitskosten, Einkaufspreise für erhaltene Dienstleistungen sowie die Fremdkapitalzinsen kräftig anziehen.
„Eine Entspannung der Situation ist derzeit nicht in Sicht. Auch in den kommenden Monaten dürften die Preise weiter klettern. Die meisten Betriebe sehen keinen anderen Ausweg als die Weitergabe der gestiegenen Kosten an ihre Kunden – eine für jedes Unternehmen immer wieder schwierige Abwägung“, sagt die IHK-Chefin. Insgesamt 86 Prozent der Unternehmen müssten künftig weiter an der Preisschaube drehen oder hätten das bereits getan. Rund jeder Zehnte sei angesichts der Wettbewerbssituation nicht in der Lage seine Kostensteigerungen an die Kunden weiterzugeben. Können diese beispielsweise ohne weiteres auf Alternativangebote ausweichen, schränkt das die Überwälzung von Kostenerhöhungen ein. Ein weiteres Hindernis liege in langfristigen Verträgen, die eine Anhebung von Preisen – zumindest kurzfristig – nicht ermöglichten.
„Im besonders beeinträchtigten Industriesektor haben bereits 71 Prozent der Unternehmen ihre Preise erhöht. Ähnlich verhält es sich im Handel und im Gastgewerbe: Auch dort hat bereits über die Hälfte der Betriebe Preisanpassungen vorgenommen“, berichtet Haase-Lerch.
Hintergrundinformation zur Konjunkturumfrage:
An der IHK-Konjunkturumfrage im April 2022 haben sich rund 1.000 Thüringer Unternehmen aus den Sektoren Industrie, Baugewerbe, Verkehrsgewerbe, Handel, Gastronomie und Dienstleistungen beteiligt.