Vollversammlung
IHK fordert entschlossenes Handeln von Politik und Wirtschaft
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) für Ostfriesland und Papenburg hat angesichts der anhaltenden wirtschaftlichen Stagnation und neuer globaler Unsicherheiten zu mehr politischem Mut und einer stärkeren regionalen Reformbereitschaft aufgerufen. „Deutschland kann sich in diesen Zeiten keine politische Blockade leisten. Regierung und Opposition müssen über ihre Differenzen hinweg aus staatspolitischer Verantwortung zusammenarbeiten, um Wirtschaft und Gesellschaft Stabilität zu geben“, betonte IHK-Vizepräsident Dr. Bernhard Brons in der IHK-Vollversammlung in Emden.
Die regionale Wirtschaft steht vor großen Herausforderungen: Der IHK-Konjunkturklimaindikator ist von 86 auf 71 Punkte gefallen, und ein Drittel der Betriebe leidet unter finanziellen Engpässen. Hauptsorgen der Unternehmen sind steigende Arbeitskosten, der Fachkräftemangel und unsichere wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen. Dennoch gibt es Lichtblicke: „Die vereinfachten Genehmigungsverfahren haben den Ausbau erneuerbarer Energien vorangetrieben. Niedersachsen erzielte 2024 mit 754 Megawatt neue Rekorde beim Windkraftausbau“, so Brons. Gleichzeitig sind jedoch weitere Anstrengungen nötig, um den Strompreis durch steuerliche Entlastungen und mehr Speichermöglichkeiten, etwa im Bereich Wasserstoff, zu senken.
Auch die Elektromobilität bleibt ein entscheidender Faktor für die regionale Wirtschaft. Die IHK fordert von der Politik bessere Rahmenbedingungen wie den Ausbau der Ladeinfrastruktur und günstigeren Strom, um das VW-Werk in Emden wieder voll auszulasten.
Berufliche Bildung und Fachkräfte als Schlüssel
Mehr als 1300 Schüler und rund 130 Betriebe konnte die IHK auf ihrer Ausbildungsmesse zusammenbringen. „Damit verzeichnen wir in diesem Jahr einen Besucherrekord, der uns zeigt, wie gefragt und wichtig dieses Format in unserer Region ist“, sagte Brons in seinem Jahresrückblick. Darüber hinaus lobte er das Engagement der Betriebe bei ihrer Zertifizierung zu „Top-Ausbildungsbetrieben“: „Gut ausgebildete Fachkräfte sind das Rückgrat unserer Wirtschaft. Initiativen wie die Auszeichnung ‚TOP AUSBILDUNG‘ und der Wirtschaftskompass zeigen Wege auf, wie Unternehmen dem Fachkräftemangel aktiv begegnen können“, so Brons.
Tourismus und Handel stärken
Trotz zufriedenstellender Ergebnisse der letzten Tourismussaison blickt die Branche sorgenvoll in die Zukunft. Die IHK hat im Austausch mit dem Landtag Maßnahmen wie Bürokratieabbau, bessere Infrastruktur und die Fachkräftesicherung diskutiert. „Mit rund 125 Regeln und Auflagen blockiert die Bürokratie den Betrieb unserer Restaurants und Hotels“, sagt Brons. Der Praxischeck Bürokratie im Gastgewerbe, bei dem Abgeordnete im laufenden Betrieb hospitieren, soll konkrete Belastungen sichtbar machen.
Verkehr und internationale Zusammenarbeit
Verkehr und internationale Vernetzung bleiben zentrale Themen im IHK-Bezirk. „Mit unserer Randlage ist es umso wichtiger, dass die Erreichbarkeit unserer Region gewährleistet ist – auf Straße, Schiene und über den Seeweg. Der Hyperloop als künftiges Verkehrsmittel, der Ausbau des Schiffsrecyclings in Emden und die Renaissance des Dortmund-Ems-Kanals sind Beispiele dafür, wie die Region moderne Mobilitätslösungen und nachhaltige Entwicklung voranbringen will.
Mit ihrem „Wirtschaftskompass“ möchte die IHK Orientierung in unsicheren Zeiten bieten, das IHK-Hauptgeschäftsführer Max-Martin Deinhard: „Der Wirtschaftskompass gibt Impulse – von der Digitalisierung über die Fachkräftesicherung bis hin zu Klimaschutz und Innovation.“ Besonders mit Blick auf die Neuwahlen im Februar fordert die IHK Bund und Länder auf, die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu stärken, Bürokratie abzubauen und regionale Standortvorteile besser zu nutzen.