FAQs Reisegewerbe und Handwerk
- Ist Handwerk im Reisegewerbe möglich?
- Wann gilt eine Tätigkeit als im Reisegewerbe ausgeübt und wann unterliegt sie als stehendes Gewerbe der Handwerksordnung und damit dem Meistervorbehalt?
- Ein Handwerker benötigt meist eine Werkstatt. Folgt daraus automatisch, dass es sich um ein stehendes Gewerbe handelt?
- Erfordert die Ausübung von Handwerk im Reisegewerbe eine sofortige Arbeitsausführung?
- Wie ist es zu bewerten, dass Auftraggeber nach dem Geschäftskontakt sich dann an den Anbieter wenden, um ihm weitere Aufträge zu erteilen?
- Welche Anwendungsfälle für handwerkliche Tätigkeiten im Reisegewerbe sind dann denkbar?
- Ist Werbung möglich?
Ist Handwerk im Reisegewerbe möglich?
Ja, es gibt allerdings gesetzliche Ausnahmen für bestimmte Gesundheitshandwerke wie den Augenoptiker und Orthopädiemechaniker, Orthopädieschuhmacher und Hörgeräteakustiker (§ 56 Abs. 1 Ziffer 1 d Gewerbeordnung). Diese Handwerke dürfen nicht im Reisegewerbe ausgeübt werden. Die reisegewerbliche Tätigkeit für Friseure ohne Meisterprüfung ist nach der gegenwärtigen Gesetzeslage erlaubt.
Wann gilt eine Tätigkeit als im Reisegewerbe ausgeübt und wann unterliegt sie als stehendes Gewerbe der Handwerksordnung und damit dem Meistervorbehalt?
Der grundsätzliche Unterschied ist, wie der Gewerbetreibende seinen Auftrag erhält: Im Reisegewerbe muss die Initiative zur Erbringung der Leistung eindeutig vom Anbietenden ausgehen. Er muss also die potentiellen Kunden aufsuchen und nach Aufträgen fragen. Wer nach vorheriger Terminvereinbarung zum Kunden ins Haus kommt, ist kein Reisegewerbetreibender, sondern führt ein stehendes Gewerbe. Allerdings darf der Reisegewerbetreibende vorbereitende Tätigkeiten getrennt vom eigentlichen Auftrag ausführen (z. B. Maße nehmen, Kostenvoranschläge erstellen, sonstige geringfügige Vorarbeiten).
Sind die Voraussetzungen für ein Reisegewerbe gegeben, unterliegt dieses nicht den Bestimmungen der Handwerksordnung (kein Meister erforderlich, keine Handwerkskammerzugehörigkeit).
Sind die Voraussetzungen für ein Reisegewerbe gegeben, unterliegt dieses nicht den Bestimmungen der Handwerksordnung (kein Meister erforderlich, keine Handwerkskammerzugehörigkeit).
Ein Handwerker benötigt meist eine Werkstatt. Folgt daraus automatisch, dass es sich um ein stehendes Gewerbe handelt?
Nein, nach § 55 Abs. 1 GewO kann Reisegewerbe auch ausgeübt werden, wenn der Gewerbetreibende eine Werkstatt hat. Diese darf jedoch nur für die Ausführung der vorbereitenden Tätigkeiten (s. o.) verwendet werden. Kann dies bejaht werden, reicht eine Reisegewerbekarte aus.
Ist die Betriebsstelle jedoch "Anlaufstelle" auch für Kunden und ihre Aufträge, handelt es sich um ein dem Handwerksrecht unterliegendes stehendes Gewerbe, für das eine Eintragung in der Handwerksrolle erforderlich ist. Einer zusätzlichen Reisegewerbekarte bedarf es wohl nicht. Ist eine feste Werkstatt vorhanden, spricht der Anschein für ein stehendes Handwerk.
Erfordert die Ausübung von Handwerk im Reisegewerbe eine sofortige Arbeitsausführung?
Nein. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung darauf hingewiesen, dass die Leistung nicht sofort erbracht werden muss, vielmehr kann die Ausübung der Arbeiten nach einem vorausgehenden Angebot durch den Reisegewerbetreibenden vor Ort auch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.
Wie ist es zu bewerten, dass Auftraggeber nach dem Geschäftskontakt sich dann an den Anbieter wenden, um ihm weitere Aufträge zu erteilen?
Das Bundesverfassungsgericht hat sich in dem konkreten Fall nicht dazu geäußert. Zudem ist heute durch die Benutzung von mobilen Kommunikationsmitteln das Erhalten von Aufträgen auch ohne Büro bzw. Werkstatt möglich.
Das Bundesverfassungsgericht hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Gewerbetreibende die Schwelle zum stehenden Gewerbe nicht überschreiten darf. Daher ist in diesen Fällen im Zweifel davon auszugehen, dass ein stehendes Gewerbe ausgeübt wird. Dann greift die Handwerksordnung, und der Gewerbetreibende muss seinen Meister oder eine vergleichbare Qualifikation nachweisen.
Das Bundesverfassungsgericht hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Gewerbetreibende die Schwelle zum stehenden Gewerbe nicht überschreiten darf. Daher ist in diesen Fällen im Zweifel davon auszugehen, dass ein stehendes Gewerbe ausgeübt wird. Dann greift die Handwerksordnung, und der Gewerbetreibende muss seinen Meister oder eine vergleichbare Qualifikation nachweisen.
Welche Anwendungsfälle für handwerkliche Tätigkeiten im Reisegewerbe sind dann denkbar?
Nach dem Bundesverfassungsgericht kann es sich nur um "Reparaturen und kleinere Handreichungen an Ort und Stelle beim Kunden" handeln. Damit wird der Bereich einer reisegewerblichen Handwerkstätigkeit zutreffend eng gesehen.
Ist Werbung möglich?
Werbung für die reisegewerbliche Tätigkeit ist nur sehr eingeschränkt möglich. Anzeigen können nicht geschaltet werden, da bei einer telefonischen Bestellung aufgrund einer Anzeige kein Reisegewerbe mehr vorliegt, sondern ein stehender Gewerbebetrieb (s.o.). Möglich sind jedoch Autowerbung "Reisegewerbe Hair Design Astrid Müller" oder die Verteilung von Handzetteln (ohne Kommunikationsdaten), mit denen der Reisegewerbetreibende seinen Besuch ankündigt "Sie benötigen einen neuen Haarschnitt? - Reisegewerbe Hair Design Astrid Müller besucht Sie morgen zwischen 15-18 Uhr". Um eine Irreführung der Kundschaft zu vermeiden, dass der Reisegewerbetreibende keinen Meisterbetrieb führt, empfiehlt es sich, einen Hinweis auf das Reisegewerbe in die Werbung mit aufzunehmen. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts ist dem Besteller dann ohne weiteres bewusst, dass keine Meisterqualifikation vorliegt.
Diese Übersicht wurde mit der gebotenen Sorgfalt erstellt. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben kann jedoch keine Gewähr übernommen werden. Die vorstehenden Informationen geben ausschließlich die Rechtssicht der IHK-Organisation wieder, die in einigen Punkten von der Sichtweise der Handwerkskammern abweicht.