Selbstständige Erwerbstätigkeit
Die Aufnahme und Ausübung selbständiger oder vergleichbarer unselbständiger Erwerbstätigkeiten durch Ausländer erfordert eine Aufenthaltsgenehmigung, die eine derartige Erwerbstätigkeit weder durch Auflage noch aufgrund ihrer Zweckbestimmung verbietet.
Über die selbständige Tätigkeit im engeren Sinne hinaus werden auch solche Tätigkeiten und Funktionen in Unternehmen erfaßt, die aufgrund der mit ihnen verbundenen Vertretungsmacht oder wegen des faktischen oder wirtschaftlichen Einflusses als der selbständigen Tätigkeit vergleichbar anzusehen sind. Man unterscheidet:
Selbständige (gewerbliche, unternehmerische, freiberufliche usw.) Tätigkeiten
Zu den selbständigen Erwerbstätigkeiten rechnen:
- gewerbliche Tätigkeiten wie z. B. Groß- und Einzelhandel, Im- und Export, Makler, Gastwirt,
- freiberufliche Tätigkeiten etwa als Künstler (Maler, Musiker, Schriftsteller), Journalist, Ingenieur, Architekt,
- Urproduktionsbetriebe wie z. B. land- und forstwirtschaftliche Betriebe.
Selbständig tätig ist auch:
- bei einer Kommanditgesellschaft (KG) der Komplementär der KG,
- bei einer offenen Handelsgesellschaft (OHG) jeder einzelne Gesellschafter,
- bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR oder BGB-Gesellschaft) jeder einzelne Gesellschafter, da Personengesellschaften nicht als Gewerbetreibende angesehen werden können.
Zur selbständigen Erwerbstätigkeit zählt schließlich auch die Tätigkeit des "selbständigen Handelsvertreters", der von einem anderen Unternehmer - bei freier Zeiteinteilung und weitgehender Gestaltungsfreiheit - damit beauftragt ist, für diesen Verträge abzuschließen oder zu vermitteln.
Vergleichbare unselbständige Tätigkeiten:
- Vertretungsberechtigte Organe juristischer Personen, Prokuristen und Generalbevollmächtigte
- Geschäftsführer von Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) und Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften (AG) üben zwar keine selbständige Tätigkeit aus, sind aber die vertretungsberechtigten Organe juristischer Personen. Da juristische Personen ohne ihre Vertretungsberechtigten nicht handlungsfähig sind, werden Geschäftsführer von GmbHs und Vorstandsmitglieder von AGs wie Selbständige behandelt, selbst wenn sie - wie z. B. der angestellte Geschäftsführer - Arbeitnehmereigenschaften besitzen. Eine Arbeitserlaubnis ist dementsprechend nicht erforderlich (§ 9 Nr. 1 der Arbeitsgenehmigungsverordnung - ArGV - in Verbindung mit § 5 Abs. 2 Nr. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes).
Wegen ihrer vergleichbaren Funktion werden im übrigen auch Prokuristen - gleich welcher Unternehmensform - und leitende Angestellte mit Generalvollmacht als den Selbständigen vergleichbare Unselbständige behandelt. Auch sie sind dementsprechend von der generellen Arbeitsgenehmigungspflicht freigestellt (§ 9 Nr. 1 ArGV - in Verbindung mit § 5 Abs. 2 Nr. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes - BVV).
Im Rahmen des Verfahrens zur Eintragung einer GmbH oder AG in das Handelsregister kann das Registergericht auch prüfen, ob ein zum gesetzlichen Vertreter bestellter Ausländer mit gewöhnlichem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland eine ausländerrechtliche Genehmigung hat, wie sie zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit erforderlich ist.
Unselbständige Reisegewerbetreibende:
Bei den meisten Tätigkeiten im Reisegewerbe, die ohne vorhergehende Bestellung (und damit für den Verbraucher überraschend) und außerhalb einer gewerblichen Niederlassung ("ambulant" oder "im Umherziehen") ausgeübt werden, hat der Gesetzgeber die für den Verbraucher bestehenden Risiken bei selbständiger wie unselbständiger Tätigkeiten als gleich hoch angesehen.
Deshalb unterliegen auch unselbständige Tätigkeiten im Reisegewerbe grundsätzlich der Erlaubnispflicht (Reisegewerbekarte), und werden im Ausländerrecht wie selbständige Tätigkeiten behandelt. Im übrigen sind reisegewerbliche Tätigkeiten ohne Rücksicht auf Staatsangehörigkeit und Dauer des Aufenthalts stets als Erwerbstätigkeit anzusehen (§ 12 Abs. 6 DVAusIG).
Mehrheitsbeteiligungen und kumulierte Minderheitsbeteiligungen:
Nicht als Erwerbstätigkeit wird grundsätzlich die bloße Kapitalbeteiligung an Unternehmen gewertet, sei es als "stiller Gesellschafter" oder als Kommanditist einer KG. Entsprechendes gilt in der Regel auch für Minderheitsgesellschafter einer GmbH.
Nach der Rechtsprechung muß sich jedoch ein Ausländer, der z. B. die Mehrheit an Gesellschaftsanteilen an einer GmbH hält oder erwirbt und so - auch ohne Geschäftsführer zu sein - durch entsprechende Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung bestimmenden Einfluss auf die Gesellschaft ausüben kann, behandeln lassen wie ein Selbständiger.
Mit derselben Begründung können von der Rechtsprechung auch Ausländer als Selbständige behandelt werden, denen die Aufnahme einer selbständigen oder vergleichbaren unselbständigen Erwerbstätigkeit verboten ist und die sich zu mehreren jeweils nur als Minderheitsgesellschafter an einer GmbH beteiligen. Dies gilt selbst dann, wenn sie einen deutschen Geschäftsführer berufen, weil sie zusammen die Mehrheit innehaben und somit die Gesellschaft wirtschaftlich beherrschen und Weisungen erteilen können.