Abgrenzung zur freiberuflichen Tätigkeit
Bevor eine Gewerbeanmeldung erfolgt, sollte überlegt werden, ob es sich bei der angestrebten Tätigkeit um eine gewerbliche Tätigkeit oder eine freiberufliche Tätigkeit handelt. Das ist wichtig, da für die Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit keine Gewerbeanmeldung notwendig ist. Dieses Merkblatt soll bei einer ersten Zuordnung helfen und nennt die wesentlichen Unterschiede und häufig auftretende Abgrenzungsfälle.
Allgemein
Die freiberufliche Tätigkeit zählt nicht zu den gewerblichen Tätigkeiten. Dabei ist zu beachten – da häufig verwechselt – , dass beide Tätigkeiten eine selbständige Tätigkeit darstellen. Wesentlicher Unterschied ist jedoch die besondere berufliche Qualifikation, die Voraussetzung einer freiberuflichen Tätigkeit ist. So heißt es in § 1 Abs. 2 PartGG:
„Die Freien Berufe haben im Allgemeinen auf Grundlage besonderer beruflicher Qualifikation oder schöpferischer Begabung die persönliche eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit zum Inhalt.“
Neben den festgelegten sog. „Katalogberufen“, die grundsätzlich eine freiberufliche Tätigkeit begründen sollten, haben sich im Laufe der Zeit vielfältige Teilbereiche entwickelt, bei denen ebenfalls von einem Freien Beruf ausgegangen wird. Dies ist eine Folge der finanzgerichtlichen Rechtsprechung, da insbesondere die Finanzämter für eine endgültige Einordnung eines Selbständigen als „Gewerbetreibender“ oder „Freiberufler“ zuständig ist. Eine solche Einschätzung erfolgt daher immer im Einzelfall und kann längst nicht mehr pauschal auf die „Katalogberufe“ beschränkt werden. Wesentliche Indizien für das Vorliegen einer freiberuflichen Tätigkeit sind:
- Im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit wird ein im Gesetz aufgezählter „Katalogberuf“ ausgeübt.
- Es wird selbständig eine wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit ausgeübt.
- Es wird eine selbständige und den Katalogberufen ähnliche Tätigkeit ausgeübt.
“Katalogberufe“
Eine einheitliche Definition des Freien Berufes gibt es nicht. Freie Berufe setzen eine Tätigkeit voraus, der nicht unbedingt ein Hochschulstudium vorangegangen sein muss. Es muss sich nur um eine Ausbildung wissenschaftlicher Art handeln. Darunter fallen auch das Selbststudium oder durch Berufstätigkeit erworbene Kenntnisse. Die Kenntnisse müssen dem Niveau eines Hochschulstudiums entsprechen. So definiert der Europäische Gerichtshof (EuGH) die freien Berufe (i.S.d. 6. EG-Richtlinie) als „Tätigkeiten die ausgesprochen intellektuellen Charakter haben, eine hohe Qualifikation verlangen und gewöhnlich einer genauen und strengen berufsständischen Regelung unterliegen“.
Das Steuerrecht definiert in § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 Einkommensteuergesetz die freiberufliche Tätigkeit als „selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit“. Außerdem werden in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz einige „Katalogberufe“ aufgezählt. Der dort aufgeführte Katalog ist nicht abschließend. Zu den freiberuflich Tätigen gehören
- Ärzte
- Zahnärzte
- Rechtsanwälte
- Notare
- Patentanwälte
- Vermessungsingenieure
- Ingenieure
- Architekten
- Handelschemiker
- Wirtschaftsprüfer
- Steuerberater
- Beratende Volks- und Betriebswirte
- Vereidigte Buchprüfer
- Steuerbevollmächtigte
- Heilpraktiker
- Dentisten
- Krankengymnasten
- Journalisten
- Bildberichterstatter
- Dolmetscher
- Übersetzer
- Lotsen
- und ähnliche Berufe.
Ausgenommen sind weiter der öffentliche Dienst und die hauswirtschaftliche Tätigkeit.
Die gewerberechtliche und die steuerrechtliche Definition des Freiberuflers ist nicht immer deckungsgleich. Dies kann zu unterschiedlichen Einordnungen führen, so kann z.B. ein und dieselbe Tätigkeit aus steuerrechtlicher Sicht freiberuflich sein, aus gewerberechtlicher Sicht jedoch gewerblich. Für die Gewerbeanmeldung ist allerdings nur der gewerberechtliche Gewerbebegriff maßgeblich.
Abgrenzungsfälle
Oftmals ist die Abgrenzung zwischen einer freiberuflichen und einer gewerblichen Tätigkeit schwierig. Die folgenden Beispielsfälle sollen das veranschaulichen:
EDV-Berater
Freiberuflich tätig ist der EDV-Berater, der eine dem Ingenieur ähnliche Tätigkeit ausübt. Dies ist z.B. der Fall (bei einem entsprechenden Hochschulstudium als Ingenieur) beim Erstellen von EDV-Modellen zum Nachweis der Nutzbarkeit der EDV für betriebliche Abläufe. Auch das Einrichten von Systemsoftware für spezielle Bedürfnisse eines Anwenders und die Entwicklung von Anwendersoftware sind ingenieurähnlich. Von der freiberuflichen Tätigkeit umfasst sind nur die Beratung und die Anfertigung von Entwürfen oder Gutachten. Nicht enthalten sind dagegen die Herstellung, Bearbeitung und der Vertrieb von Sachgütern – diese sind gewerbliche Tätigkeiten und müssen beim Gewerbeamt angemeldet werden. Nicht ingenieurähnlich und damit gewerblich ist z.B. die EDV-Beratung zum Einsatz von EDV-Systemen für innerbetriebliche Arbeitsabläufe.
Fahrschullehrer
Inhaber von Fahrschulen sind gewerberechtlich Gewerbetreibende. Steuerrechtlich übt der Inhaber einer Fahrschule, der die Fahrerlaubnis besitzt und auf Grund der eigenen Fachkenntnisse maßgebend auf die Gestaltung des Unterrichts Einfluss nimmt, selbständig eine unterrichtende und damit freiberufliche Tätigkeit aus.
Künstler
Die Abgrenzung zwischen Kunst und Handwerksgewerbe ist oftmals sehr schwierig. Anders als bei den anderen Freiberuflern ist beim Künstler kein Hochschulabschluss erforderlich, auch Autodidakten werden hier anerkannt. Voraussetzung ist eine „eigenschöpferische Leistung und eine über eine hinreichende Beherrschung der Technik hinausgehende Gestaltungshöhe“. Ein künstlerisches Wirken ist zu verneinen bei weisungsgebundenen Tätigkeiten. Wenn ein Künstler sein Werk selbst vervielfältigt und vertreibt, bleibt die gesamte Tätigkeit freiberuflich, soweit der Vertrieb einen bestimmten Umfang nicht überschreitet.
Unternehmensberater
Der Unternehmensberater kann sowohl freiberuflich als auch gewerblich tätig sein. Voraussetzung für eine freiberufliche Tätigkeit ist der Abschluss eines Betriebswirtschafts- o.ä. Studiums. Umfasst ist die Beratung auf den Gebieten der Betriebswirtschaft (z.B. Marketing, Controlling, Rechnungswesen etc.), den der Studiengang umfasst. Ohne eine solche Ausbildung ist die Beratung von Unternehmen gewerblicher Art.