Fernabsatzverträge

Die Sondervorschriften des Fernabsatzrechts gelten für alle Verträge, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln (Telefon, Brief, E-Mail etc.) geschlossen werden. Der Grund für diese Sonderbestimmungen liegt darin, dass der Verbraucher weder Verkäufer noch Produkt kennt und daher als besonders schutzbedürftig gilt.

Rechtsgrundlagen

Die Rechtsgrundlagen über Fernabsatzverträge finden sich vorwiegend im dritten Abschnitt des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in den §§ 312b ff. Die Informationspflichten sind in den Art. 246a ff. EGBGB geregelt. Ziel der auf der EU-Verbraucherrechterichtlinie beruhenden Regelungen ist es, die Rechte der Verbraucher europaweit zu vereinheitlichen, um so einen verlässlichen Verbraucherschutz zu gewährleisten.

Anwendungsbereich

Das Fernabsatzrecht gilt für Verträge, die
  1. zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer,
  2. ausschließlich unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln und
  3. ohne vorherigen persönlichen Kontakt im Hinblick auf den Kauf einer bestimmte Ware geschlossen wurden.
Verbraucher ist gemäß § 13 BGB jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zwecke abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Auch ein Unternehmer kann also Verbraucher sein, wenn er für seinen privaten Konsum einkauft. Dann gelten die Regelungen des Fernabsatzrechts auch für ihn.
Unternehmer ist nach § 14 BGB jeder, der bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung seiner gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Darunter fallen auch nicht im Handelsregister eingetragene Kleingewerbetreibende.
Fernkommunikationsmittel sind nach § 312b Abs. 2 BGB insbesondere
  • Briefe,
  • Kataloge,
  • Telefonanrufe,
  • SMS,
  • Telekopien/ Faxe,
  • E-Mails
  • Rundfunk-, Tele- und Mediendienste.
Ausgenommen von den Fernabsatzregelungen sind insbesondere folgende Verträge:
  • Fernunterricht,
  • Verträge über die Teilzeitnutzung von Wohnungen,
  • Grundstücksgeschäfte sowie
  • Geschäfte über die Lieferung von Lebensmitteln, Getränken und anderen Haushaltsgegenständen des täglichen Bedarfs (hierzu werden Gebrauchsgüter des täglichen Bedarfs wie z. B. Kaffeefilter, Hygieneartikel etc. gezählt), die im Rahmen häufiger und regelmäßiger Fahrten geliefert werden.

Informationspflichten

Bei einem Vertrag mit einem Verbraucher hat ein Unternehmer grundsätzlich (das heißt auch im stationären Handel) umfangreiche Informationspflichten zu erfüllen. Ausgenommen hiervon sind lediglich Geschäfte des täglichen Lebens. Die genauen Informationspflichten bei Fernabsatzverträgen sind in Art. 246a EGBGB geregelt. Hiernach muss der Unternehmer dem Verbraucher vor dessen Vertragserklärung Informationen über folgende Dinge zur Verfügung stellen (vereinfachte Darstellung):
  • wesentliche Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen,
  • seine Identität, also etwa seinen Handelsnamen und seine Telefonnummer,
  • die Geschäftsanschrift, an welche sich der Verbraucher mit Beschwerden wenden kann,
  • Gesamtpreis der Waren und Dienstleistungen (einschließlich Steuern, Fracht-, Liefer- oder Versandkosten) oder in den Fällen, in denen diese Kosten vernünftigerweise im Voraus nicht berechnet werden können, die Tatsache, dass solche Kosten anfallen können beziehungsweise die Art der Preisberechnung,
  • ggf. Zahlungs- Liefer und Leistungsbedingungen, den Liefertermin, den Umgang mit Beschwerden,
  • das Bestehen des gesetzlichen Mängelgewährleistungsrecht gegebenenfalls über die Bedingungen und das Bestehen von Garantien und Kundendienstleistungen,
  • ggf. über die Laufzeit des Vertrages oder Bedingung der Kündigung unbefristeter Verträge oder sich automatisch verlängernder Verträge,
  • ggf. über die Funktionsweise digitaler Inhalte einschließlich anwendbarer technischer Schutzmaßnahmen für solche Inhalte,
  • ggf. Beschränkungen der Interoperabilität und der Komptabilität digitaler Inhalte mit Hard- oder Software,
  • Kosten für den Einsatz von Fernkommunikationsmitteln, sofern Kosten berechnet werden, die über die Kosten für die bloße Nutzung des Fernkommunikationsmittels hinaus gehen,
  • ggf. über einschlägige Verhaltenskodizes,
  • ggf. über die Mindestdauer der Verpflichtungen, die der Verbraucher eingeht,
  • ggf. über die Tatsache, dass der Unternehmer von Verbraucher eine Kaution oder die Leistung anderer finanzieller Sicherheiten verlangen kann und unter welchen Bedingungen,
  • ggf. über außergerichtliche Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren,
  • über das Widerrufsrecht und dessen Bedingungen,
  • ggf. über das Nichtbestehen eines Widerrufrechts.
Die gleichen Informationspflichten gelten für Verträge, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden. Ausgenommen hiervon sind Verträge über Finanzdienstleistungen, welche besondere Informationspflichten voraussetzen – die diesbezüglichen Informationspflichten finden sich im neuen Art. 246b EGBGB.
Wird ein Vertrag mit einem Verbraucher im elektronischen Geschäftsverkehr geschlossen (zum Beispiel über eine Webseite) hat der Unternehmer dem Kunden künftig spätestens bei Beginn des Bestellvorgangs anzugeben, ob Lieferbeschränkungen bestehen und welche Zahlungsmittel akzeptiert werden (§ 312 j I BGB). Weitere Informationspflichten finden sich ab sofort in Art. 246 c EGBGB, so muss eine Information erfolgen über (vereinfachte Darstellung)
  • die einzelnen technischen Schritte, die zu einem Vertragsschluss führen,
  • darüber, ob der Vertragstext nach dem Vertragsschluss von dem Unternehmer gespeichert wird und ob er dem Kunden zugänglich ist,
  • darüber, wie er mit technischen Mitteln Eingabefehler vor Abgabe der Vertragserklärung erkennen und berichtigen will
  • über die für den Vertragsschluss zur Verfügung stehenden Sprachen,
  • über sämtliche einschlägige Verhaltenskodizes, denen sich der Unternehmer unterwirft und über den Zugang zu diesen Regelwerken.
Zudem sind unter Umständen Informationspflichten hinsichtlich der Verbraucherstreitschlichtung zu beachten. Online-Händler sind nach Art. 14 Abs. 1 der ODR-Verordnung verpflichtet, einen leicht zugänglicher Link auf die europäische OS-Plattform zu setzen. Aus Art. 14 Abs. 2 der ODR-Verordnung folgt die Pflicht, diese Information - falls vorhanden - in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu bringen.
Aus den §§ 36, 37 Verbraucherstreitbeilegungsgesetz ergeben sich weitere Pflichten. Zum Beispiel hat ein Online-Händler - aber auch stationärer Händler, wenn dieser Allgemeine Geschäftsbedingungen nutzt - nach § 36 Verbraucherstreitbeilegungsgesetz den Verbraucher davon in Kenntnis zu setzen, inwieweit er bereit ist, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen.

Widerruf

Bei Fernabsatzverträgen steht dem Verbraucher ein Widerrufsrecht zu. Das bedeutet, dass er sich innerhalb einer bestimmten Frist ab Erhalt der Ware mit entsprechender Belehrung ohne Angabe von Gründen vom Vertrag lösen kann. Das Widerrufsrecht ist nicht mit dem Gewährleistungsrecht zu verwechseln. Die Gewährleistungsrechte bestehen unabhängig davon und erfordern einen Grund (Sach- oder Rechtsmangel).
Für Fernabsatzverträge sind u.a. folgende Punkte relevant:
  • Die Widerrufsfrist wird für alle EU-Mitgliedsstaaten auf 14 Tage ab Erhalt der Ware festgelegt.
  • Ein „ewiges Widerrufsrecht“ bei fehlerhafter oder fehlender Belehrung gibt es nicht mehr. In solchen Fällen erlischt das Widerrufsrecht 12 Monate nach Ablauf der 14-Tages-Frist.
  • Verbraucher müssen den Widerruf ausdrücklich erklären. Die alleinige Rücksendung der Ware reicht dafür nicht mehr aus.
  • Bei Ausübung des Widerrufsrechts trägt der Unternehmer die regulären Hinsendekosten mit Ausnahme der Zuschläge für Express- und Nachnahmeversand. Die Rücksendekosten bei Ausübung des Widerrufsrechts – sind unabhängig vom Warenwert – grundsätzlich vom Verbraucher zu tragen, wenn der Händler über diese Rechtsfolge belehrt hat. Der Händler kann sich jedoch bereit erklären, die Rücksendekosten zu übernehmen.
  • Der Unternehmer kann die Rückerstattung des Kaufpreises verweigern, solange er die Ware nicht erhalten oder der Verbraucher die Rücksendung der Ware nicht nachgewiesen hat.
Bei einigen Fernabsatzverträgen steht dem Verbraucher kein Widerrufsrecht zu:
  • Lieferung von Waren, die nach Kundenspezifikationen angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind ( z.B.: Maßanzug )
  • schnell verderbliche Ware
  • Audio- und Videoaufzeichnungen sowie Software, sofern die gelieferten Datenträger vom Verbraucher entsiegelt worden sind
  • Wett- und Lotteriedienstleistungen
  • Versteigerungen
  • bei der Lieferung versiegelter Ware, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind,
  • bei Waren, die nach ihrer Lieferung untrennbar mit anderen Gütern vermischt wurden,
  • bei alkoholischen Getränken, wenn die Lieferung erst 30 Tage nach Vertragsschluss erfolgen kann und deren aktueller Wert von Schwankungen auf dem Markt abhängt.
Auch bei Downloads ist das Widerrufsrecht ausgeschlossen, wenn das Laden der Daten bereits begonnen, der Verbraucher dem Download vorher ausdrücklich zugestimmt und der Verbraucher zur Kenntnis genommen hat, dass er sein Widerrufsrecht durch die Ausführung des Downloads verliert.
Gleichwohl ist der Unternehmer auch bei den vorgenannten Fernabsatzgeschäften verpflichtet, den Verbraucher entsprechend den gesetzlichen Maßgaben zu informieren.
Wichtig: Sogenannte „Internet- Auktionen” gelten nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom November 2004 (Az.:VII ZR 375/03) in der Regel nicht als Versteigerungen im obigen Sinne mit der Folge, dass auch hier ein Widerrufsrecht des Verbrauchers besteht, sofern der Verkäufer gewerblich tätig ist. Dies ist nach der Entscheidung des BGH in der Regel anzunehmen, wenn er nachhaltig und in größerem Umfang mit neuen und gebrauchten Waren bei eBay handelt.