IHK-Wirtschaftsgespräch in Schwerte

Cyberangriffe aus der Sicht von Betroffenen und Experten

Mehr als 240 Millionen E-Mails wurden 2023 schätzungsweise weltweit versendet – in nur 60 Sekunden. Hinzu kamen in diesem sehr kleinen Zeitfenster unzählige Aktivitäten in sozialen Medien. Keine Frage, das Wirtschaftsleben mit fast allen seinen Geschäftsmodellen und den entsprechenden Kommunikationskanälen ist größtenteils digitalisiert – mit zahlreichen Vorteilen, aber auch Risiken, wie Philipp Halbach in seiner Begrüßung am 30. September deutlich machte: „In einer zunehmend vernetzten Welt hat sich die Cyberkriminalität zu einer der größten Herausforderungen für Unternehmen, Institutionen und Privatpersonen entwickelt.“ Damit gab der geschäftsführende Gesellschafter der Diagramm Halbach Verwaltungs GmbH den Takt vor für das Wirtschaftsgespräch der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Dortmund. Denn die Schwerpunktthemen Cyberkriminalität und Internetsicherheit waren die Leitthemen bei der Veranstaltung in der Rohrmeisterei Schwerte.
Und das Interesse war groß. Zusammen mit IHK-Hauptgeschäftsführer Stefan Schreiber konnte Halbach, der an der Seite von Tina Risse-Stock, Sonja Pusceddu und Philip Winterkamp die Interessen der Schwerter Unternehmen in der IHK-Vollversammlung vertritt, rund 70 Gäste aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung begrüßen.
Mit Inna Claus, Kriminaloberkommissarin beim Landeskriminalamt (LKA), gab gleich die erste Expertin einen sehr informativen, aber auch alarmierenden Einblick in die Aktivitäten von Cyberkriminellen und benannte klar die Risiken im Internet. „Cyber-Erpressungen durch Ransomware-Angriffe sind die größte Gefahr. Mittlerweile werden viele der erbeuteten Daten im Darknet weiterverkauft und es folgt die nächste Erpressung.“ Mit Begriffen wie (D)Dos-Attacke, Supply-Chain-Angriff, Phishing und CEO-Fraud benannte die LKA-Expertin vom Cybercrime-Kompetenzzentrum weitere gefährliche Aktivitäten, die zumeist von hochspezialisierten und international agierenden Verbrechern ausgeführt werden. Den tatsächlich dadurch entstandenen Schaden schätzte Inna Claus allein für den Mittelstand (KMU) in Nordrhein-Westfalen auf 43 Milliarden Euro jährlich.
Allerdings hatte Claus natürlich auch wichtige Tipps für die Gäste des Wirtschaftsgesprächs im Gepäck – und empfahl unter anderem die dringend notwendige Sensibilisierung der Mitarbeitenden in den Betrieben. „Der Mensch ist leider das schwächste Glied in der Fehlerkette“, so Claus.
Eine Einschätzung, der sich auch IT-Experte Peter Hansemann, Geschäftsführer der ICN GmbH + Co. KG aus Dortmund, anschloss und weitere wichtige Schritte zu mehr IT-Sicherheit ausführte. Mit rund 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern betreut ICN etwa 200 KMU-Kunden. Hansemann konnte also sehr praxisnah aufzeigen, wie die Cyber-Attacken ablaufen und welche Schutzmaßnahmen sich vorsorglich empfehlen. In seinen zehn goldenen Regeln listete er unter anderem die Multifaktor-Authentifizierung, die regelmäßige Datensicherung (Backups), die Verschlüsselung sensibler Daten, Schutzsoftware und Sicherheitsrichtlinien für starke Passwörter auf.
Talkrunde mit Axourgos und Schreiber
Noch spannender wurde es für die Gäste bei der Talkrunde mit Dimitrios Axourgos und Stefan Schreiber. Denn Moderator Philipp Halbach befragte sowohl Schwertes Bürgermeister als auch den IHK-Hauptgeschäftsführer nach den eigenen Erfahrungen infolge einer Cyberattacke. Hintergrund: Im Jahr 2022 wurde die bundesweite IHK-Organisation über ihren IT-Dienstleister IHK GfI angegriffen, ein Jahr darauf wurde die Südwestfalen-IT gehackt – was unangenehme Folgen für viele Kommunen, darunter auch Schwerte, hatte. „Das war eine Katastrophe“, erinnerte sich Axourgos, denn viele Service-Angebote für Bürgerinnen und Bürger hätten einfach nicht mehr angeboten werden können. Und bei der IHK? „Unser Dienstleister hat die Systeme schnell runtergefahren und es sind keine Daten der Mitgliedsunternehmen abgegriffen worden. Aber es war eine große Herausforderung“, erläuterte Schreiber. Auf Halbachs Frage, was mit einem Angriff auf die IT-Systeme der IHK für die Wirtschaft auf dem Spiel stehe, nannte Schreiber beispielhaft drei wichtige Punkte: „Wir konnten keine Prüfungen durchführen, keine Bescheinigungen für Gefahrguttransporte anfertigen und keine Zolldokumente für den internationalen Handel ausstellen.“
Dank Notfallplänen und gutem Krisenmanagement war die IHK nach vier Wochen wieder voll einsatzbereit. Auch die Stadtverwaltung Schwerte ist wieder sehr gut aufgestellt. Was IHK und Stadt daraus gelernt haben? Krisenprävention und Mitarbeiterschulungen genießen noch mehr Priorität.
Zu guter Letzt stand ein ganz anderes Thema auf der Tagesordnung: Unter dem Arbeitstitel „Kreislaufwirtschaft braucht Kooperation“ stellt Michael Tesch vom Kunststoff-Institut Lüdenscheid das Werkstoffforum der Zukunft vor, das gemeinsam mit der TechnoPark und Wirtschaftsförderung Schwerte und weiteren Partnern im Januar 2024 gestartet wurde.
Bei einem gemeinsamen Imbiss, bei dem in zwangloser Atmosphäre das ein oder andere Thema in Schwerte weiter diskutiert wurde, klang das von IHK-Regionalbetreuer Michael Adel organisierte Wirtschaftsgespräch aus.
2. Oktober 2024