Recht und Steuern
Merkblatt Umsatzsteuer
1. Allgemeines
Die Umsatzsteuer, häufig auch „Mehrwertsteuer“ genannt, ist eine der größten Einnahmequellen des Bundes und der Länder. Ziel der Umsatzsteuergesetzgebung ist die Besteuerung des Konsums. Rechtsgrundlage für die Festsetzung und Erhebung der Umsatzsteuer ist in erster Linie das Umsatzsteuergesetz (UStG).
2. Steuerpflicht
Die Umsatzsteuer kennt keine personenbezogene Steuerpflicht. Vielmehr werden einzelne Sachverhalte (Umsätze) besteuert. Dennoch ist der Unternehmerbegriff für die Umsatzsteuer von zentraler Bedeutung: Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit, d.h. eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, selbständig ausübt. Der Unternehmer hat grundsätzlich für die von ihm getätigten Umsätze Umsatzsteuer-Voranmeldungen abzugeben und die Umsatzsteuer (abzüglich der von ihm an andere Unternehmer gezahlten Umsatzsteuer = Vorsteuer) an das Finanzamt abzuführen. Er ist Schuldner der Umsatzsteuer. Kauft z.B. ein Einzelhändler Ware beim Großhändler für netto 100 Euro zuzüglich 19 % (16% vom 01.07.2020 bis 31.12.2020) = 19 Euro Umsatzsteuer ein und veräußert er diese Ware für netto 200 Euro an einen Verbraucher, so beträgt die darauf letztlich abzuführende Umsatzsteuer 19 Euro. Daraus wird deutlich, dass nur der Mehrwert, also die sog. Wertschöpfung, besteuert wird. Die Umsatzsteuer, die der Unternehmer an seinen Lieferanten gezahlt hat, wird bei ihm selbst als Vorsteuer in Anrechnung gebracht. Eine Steuerkumulierung, d.h. eine Erhebung der Steuer von der Steuer, ist damit grundsätzlich ausgeschlossen. Die wirtschaftliche Last der Umsatzsteuer trägt damit der Verbraucher, da dieser als Letzter in der Kette der Wertschöpfung (Produktion - Handel - Konsum) den Bruttopreis entrichten muss und als Nicht-Unternehmer die Vorsteuer nicht geltend machen kann.
3. Steuerbare Umsätze
Der Umsatzsteuer unterliegen als steuerbare Umsätze u.a. Lieferungen und sonstige Leistungen. Eine Lieferung liegt vor, wenn ein Unternehmer im Inland einem Dritten die Verfügungsmacht über einen Gegenstand entgeltlich verschafft (typischer Fall: Verkauf). Dies allein bewirkt, dass Umsatzsteuer anfällt. Sonstige Leistungen sind solche, die keine Lieferungen sind, z.B. Dienstleistungen. Diese können auch in einem Unterlassen oder im Dulden einer Handlung oder eines Zustandes bestehen (Beispiel: Überlassung einer Wohnung zur Miete). Wichtig für die Besteuerung nach dem UStG ist, dass die Lieferung oder Erbringung einer sonstigen Leistung im Inland erfolgt. Ob dies tatsächlich der Fall ist, regelt das UStG. Befindet sich der Ort der Lieferung oder Leistung nicht im Inland, sondern im übrigen Gemeinschaftsgebiet oder im Drittland, hat dies umsatzsteuerliche Auswirkungen.
4. Steuerbefreiungen
Von der Umsatzsteuer befreit sind beispielsweise folgende Tatbestände:
- Ausfuhrlieferungen (in ein Drittland),
- innergemeinschaftliche Lieferungen (in das übrige Gemeinschaftsgebiet),
- die meisten Bankgeschäfte,
- Abschluss von Versicherungen (aber: Versicherungssteuer),
- Vermietung und Verpachtung von Grundstücken.
Eine vollständige Auflistung der Befreiungstatbestände enthalten die §§ 4 - 5 UStG. Der Gesetzgeber hat für bestimmte Umsätze einen möglichen Verzicht (sog. Option) auf Steuerbefreiungen geregelt. Dies bedeutet, dass der an sich steuerfreie Umsatz als steuerpflichtiger Vorgang behandelt wird, wenn der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird. Die Wahrnehmung dieser Möglichkeit empfiehlt sich häufig z.B. bei der Vermietungstätigkeit, wenn hohe Reparaturaufwendungen (mit der Möglichkeit des Vorsteuerabzugs) getätigt werden.
5. Steuersatz
Der sog. allgemeine Steuersatz der Umsatzsteuer beträgt 19 % des steuerpflichtigen Entgelts (16% vom 01.07.2020 bis 31.12.2020). In gewissen Fällen (z.B. Lebensmittel, Bücher und Zeitungen, Kunstgegenstände) gilt ein ermäßigter Steuersatz von 7 % (5% vom 01.07.2020 bis 31.12.2020).
6. Pflichtangaben auf Rechnungen
Rechnungen sind wichtige Dokumente, die Geschäftskunden ebenso für ihre Umsatzsteuererklärung benötigen wie der liefernde Unternehmer selbst. Als Beleg für den Vorsteuerabzug des Kunden müssen Rechnungen von Unternehmen bestimmte Angaben enthalten, um den Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes zu entsprechen. Fehlen wichtige Inhalte, kann das für den Rechnungsempfänger zuständige Finanzamt die Rechnung für Umsatzsteuerzwecke unter Umständen nicht anerkennen.
Eine ordnungsgemäße Rechnung muss danach kumulativ folgende Angaben enthalten:
- Vollständiger Name und vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,
- Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des leistenden Unternehmers,
- Ausstellungsdatum der Rechnung,
- fortlaufende Rechnungsnummer,
- Menge und handelsübliche Bezeichnung der gelieferten Gegenstände oder Art und Umfang der sonstigen Leistung,
- Zeitpunkt der Lieferung bzw. sonstigen Leistung,
- nach Steuersätzen und -befreiungen aufgeschlüsseltes Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung,
- im Voraus vereinbarte Minderungen des Entgelts,
- anzuwendender Steuersatz,
- Entgelt und hierauf entfallender Steuerbetrag,
- im Falle einer Steuerbefreiung ein Hinweis auf die Steuerbefreiung (z.B. “Innergemeinschaftliche Lieferung“),
- in besonderen Fällen die Angabe „Gutschrift“,
- ggf. Angaben über die bestehende Kleinunternehmerregelung.
Rechnungen, deren Gesamtbetrag (brutto) 250 Euro nicht übersteigt (sog. Kleinbetragsrechnungen), müssen dagegen nur die folgenden Angaben enthalten:
- Vollständiger Name und vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers,
- Ausstellungsdatum der Rechnung,
- Menge und Art der gelieferten Gegenstände oder Art und Umfang der sonstigen Leistung,
- Entgelt und Steuerbetrag für die Lieferung oder Leistung in einer Summe (Angabe des Bruttoentgelts = Entgelt inkl. Umsatzsteuer),
- Steuersatz (oder im Fall einer Steuerbefreiung ein Hinweis auf die Steuerbefreiung).
Für einige spezielle Fälle sieht das Umsatzsteuergesetz weitere Angaben in Rechnungen vor. Das gilt z. B. bei
- innergemeinschaftlichen Lieferungen,
- innergemeinschaftlichen Neufahrzeuglieferungen,
- innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften,
- Umkehr der Steuerschuld bei grenzüberschreitenden Leistungen (Reverse-Charge-Verfahren),
- Differenzbesteuerung,
- Reiseleistungen.
Hinweis 1: Private (auch Unternehmer, die Leistungen für ihren nicht unternehmerischen Bereich verwenden), die für eine steuerpflichtige Werklieferung oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück eine Rechnung erhalten haben, sind verpflichtet, diese Rechnung, einen Zahlungsbeleg oder eine andere beweiskräftige Unterlage zwei Jahre lang aufzubewahren. Bei einem Verstoß gegen diese Verpflichtung kann ein Bußgeld verhängt werden. Auf diese Aufbewahrungspflicht der Privatperson muss in der Rechnung hingewiesen werden. Dies kann z.B. durch einen Zusatz wie folgt geschehen: „Der Rechnungsempfänger ist verpflichtet, die Rechnung zu Steuerzwecken zwei Jahre lang aufzubewahren.“
Hinweis 2: Bei behördlichen Beitrags- oder Gebührenbescheiden handelt es sich nicht um Rechnungen im Sinne des Umsatzsteuergesetzes, sondern um Verwaltungsakte. Hintergrund eines solchen Bescheides ist nicht eine Lieferung oder Leistung im umsatzsteuerrechtlichen Sinne, sondern ein hoheitliches Tätigwerden einer Behörde im verwaltungsrechtlichen Sinne. Beiträge bzw. Gebühren werden nicht zivilrechtlich auf der Basis von Verträgen, sondern öffentlich-rechtlich auf der Grundlage von z.B. Beitrags- bzw. Gebührenordnungen, Haushaltssatzungen bzw. Gebührentarifen erhoben. Folglich finden die umsatzsteuerrechtlichen Pflichtangaben für Rechnungen in diesem Bereich keine Anwendung.
7. Vorsteuer
Vorsteuer ist die Umsatzsteuer, die dem Unternehmer von einem anderen Unternehmer für Leistungsbezüge seines Unternehmens in Rechnung gestellt worden ist. Das Recht auf Geltendmachung des Vorsteuerabzugs entsteht dem Grunde und der Höhe nach im Zeitpunkt des Leistungsbezugs. Wenn sich die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse ändern, ist der Unternehmer verpflichtet, den Vorsteuerabzug zu berichtigen. Unternehmer, die von der Umsatzsteuer befreite Umsätze tätigen, können grundsätzlich die ihnen in Rechnung gestellte Vorsteuer nicht abziehen. Werden sowohl steuerpflichtige Umsätze als auch steuerfreie Umsätze ohne Vorsteuerabzug ausgeführt, muss eine Aufteilung der Vorsteuer in abziehbare und nicht-abziehbare Beträge vorgenommen werden.
8. Besteuerungsverfahren
Gestaffelt nach der Höhe der abzuführenden Steuer (sog. Zahllast = Umsatzsteuer abzüglich Vorsteuer) im Kalenderjahr hat der Unternehmer grundsätzlich Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben und dabei die Steuer selbst zu berechnen.
Grundsätzlich ist die Umsatzsteuervoranmeldung vierteljährlich vorzunehmen. Unternehmen, deren Umsatzsteuer im Vorjahr mehr als 7.500 Euro betragen hat, sind jedoch zur monatlichen Abgabe der Voranmeldung verpflichtet. Unternehmen, deren Umsatzsteuer im Vorjahr niedriger als 1.000 Euro war, können vom Finanzamt ganz von der Abgabe einer Umsatzsteuervoranmeldung befreit werden. Abgabetermin für die Umsatzsteuervoranmeldung ist jeweils der 10. des Monats, der auf den Erklärungszeitraum folgt. Im Jahr der Unternehmensgründung und im darauffolgenden Jahr hat die Abgabe der Voranmeldung ebenfalls monatlich zu erfolgen.
Ist der Vorsteuerbetrag größer als die Umsatzsteuerschuld, hat der Unternehmer einen Rückzahlungsanspruch gegenüber dem Finanzamt. Darüber hinaus muss der Unternehmer zusätzlich noch eine Umsatzsteuervoranmeldung für das gesamte Kalenderjahr (= Jahresanmeldung) abgeben.
Die Umsatzsteuervoranmeldungen und die Umsatzsteuerjahreserklärung sind grundsätzlich auf elektronischem Weg an das Finanzamt zu übermitteln.
9. Kleinunternehmer
Die Verpflichtung zur Erhebung der Umsatzsteuer durch Unternehmen ist abhängig von den Umsätzen. Kleinunternehmer können sich von der Umsatzsteuererhebung auf Antrag befreien lassen. Sie bieten ihre Leistungen und Waren somit ohne Umsatzsteuer an und sind nicht zur regelmäßigen Abgabe einer Umsatzsteuererklärung verpflichtet. Gleichzeitig dürfen sie allerdings auch keinen Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen und keine Umsatzsteuer in ihren Rechnungen gesondert ausweisen. Als Kleinunternehmer gelten Unternehmen, deren Umsatz inkl. erhobener Umsatzsteuer im abgelaufenen Kalenderjahr 22.000 Euro nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird.
Es steht jedem Unternehmer frei, auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung mit bindender Wirkung für mindestens fünf Jahre zu verzichten und freiwillig Umsatzsteuererklärungen abzugeben. Sie können dann auch einen Vorsteuerabzug geltend machen. Das ist vor allem sinnvoll, wenn in den ersten Geschäftsjahren die Ausgaben noch sehr hoch sind.
Kleinunternehmer geben einmal jährlich ihre Umsatzsteuererklärung ab.
Stand: Oktober 2020