Erfahrungsberichte vergangener Reisen

Reise nach Delft: Startups in den Niederlanden

Die IHK zu Dortmund reiste am 8. Februar mit 24 Unternehmensgründern nach Delft – in eines der renommiertesten Gründerzentren Europas: YES!Delft.
Von Jana Zimmermeyer
Kalt, dunkel und viel zu früh war es, als sich 24 Jungunternehmer aus NRW um sieben Uhr morgens am Essener Hauptbahnhof trafen, um mit dem Reisebus nach Delft zu fahren. Die niederländische Stadt ist circa 15 Kilometer von Rotterdam entfernt und verfügt über eines der renommiertesten Gründerzentren Europas: YES!Delft, das Ziel der Reise.
Die Niederlande sind mit einem Handelsvolumen von mehr als 55 Milliarden Euro der wichtigste Handelspartner Nordrhein-Westfalens. Dass Amsterdam, die Hauptstadt der Niederlande, laut „Global Startup Ecosystem Ranking 2015“ zu den Top fünf der europäischen Startup-Ökosystemen gehört, ist nur ein Indiz für die lebendige Gründerszene. Mehrere 100 Startups werden jährlich in den Niederlanden gegründet. Rund 90 Prozent der Unternehmen, die YES!Delft unterstützte sind immer noch aktiv. Grund genug für die IHK zu Dortmund und NRW.International eine Reise ins Nachbarland zu organisieren. „Uns ist wichtig, jungen Unternehmern von Beginn an die Chancen der Internationalisierung näherzubringen. Denn die vernetzte Welt bietet Startups einen großen Markt.
Wir zeigen ihnen Geschäftsmöglichkeiten und vernetzen sie mit den richtigen Leuten. Die Niederlande sind optimal für erste internationale Aktivitäten“, sagte Dominik Stute, Referatsleiter Auslandsmarkterschließung bei der IHK zu Dortmund, der die Delft-Reise organisierte und begleitete.
Präsentieren, vernetzen, Visitenkarten austauschen: Das Speeddating im Bus weckte alle verschlafenen Teilnehmer auf. Innerhalb von zwei Minuten stellte jeder seinem Sitznachbarn sein Unternehmen vor, dann riefen die Organisatoren zum Wechsel auf. Kai Eimen von b-interaktive aus Schwerte erklärte innerhalb von 120 Sekunden, dass sich b-interaktive darauf spezialisiert hat, klassische Gesellschaftsspiele über das Internet als Echtzeit „social games“ anzubieten. Die Spieler vernetzen sich über Facebook und treten gegeneinander an. Besonders gut gefalle den Kunden das Würfelspiel Kniffel. Als Programmierer spielt Eimen auch während der Arbeit, aus beruflichen Gründen versteht sich. „Natürlich spielen wir unsere Spiele auch selbst, um Fehler ausfindig zu machen und manchmal auch zum Spaß.“ Eugen Barteska, Bartoks Andraczek und Ian Aaron gründeten das Startup vor sechs Jahren. Mittlerweile beschäftigen sie an ihren Standorten in Schwerte und Gliwice, Polen, mehr als 20 Mitarbeiter.
Startup als Problemlösung
517.700 Events, 72.025 Künstler, 4.648 Städte, eine Plattform: Jamata. Stefan Gajewski aus Lünen gründete das Unternehmen, um sein eigenes Problem zu lösen. „Ich war schon oft in Orten unterwegs, in denen ich mich nicht auskannte und habe verzweifelt nach Konzerten gesucht“, sagte Gajewski. „Also entwickelte ich eine Plattform, auf welcher sowohl große Veranstaltungen, als auch kleinere Konzerte und Shows zu finden sind.“ Konzerte, Musicals, Comedy, kulturelle Events, City-Trips bis hin zu Eintrittskarten für Freizeitparks – der Nutzer findet eine riesige Auswahl und spart sich die lange Suche im Netz. „Zukünftig haben Veranstalter, Labels oder Musiker auch die Chance, kostenlos ihre eigenen Events in die Website einzupflegen“, sagte Gajewski. „Aussteigen, bitte!“ Noch bevor das Speeddating zu Ende war, erreichte der Bus YES!Delft. Ein Gewächshaus, große Tische und gemütliche Sofas machen das Gründerzentrum zu einem inspirierenden Arbeitsplatz. Mehr als 180 Unternehmen hat YES!Delft seit seiner Eröffnung 2005 bereits unterstützt. Energie, Medizin und Gesundheit, saubere Technologie, industrielle Lösungen und Mobilität – die Startups sind in den unterschiedlichsten Bereichen aktiv. Neben YES!Delft bietet auch der Hightech Campus Eindhoven ein intensives Betreuungskonzept.
Wirtschaftsminister lobt Digital Hubs
NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin eröffnete die Netzwerkveranstaltung und betonte, wie wichtig grenzüberschreitende Kooperationen seien. Er verwies auf erste Erfolge der neuen digitalen Strategie NRWs. „Die neue Struktur der sechs Digital Hubs in NRW hat sich bereits bezahlt gemacht – das Venture Capital hat sich von 2015 bis 2016 in NRW verdoppelt. In der gesamten Strategie ist es wichtig, drei K zu haben: Köpfe, Kapital und Kooperation.“ Die Niederlande verfügen ebenfalls über Startup-Zentren. Die Regierung engagiert sich seit 2014 mit der Initiative „Startup- Delta“. Damit fördert sie das Geschäftsklima zwischen den 13 Startup-Hubs und bringt Investoren, Gründer, Inkubatoren und Wissenschaftsunternehmen zusammen. Rund fünf Millionen Euro investierten die Stadt Amsterdam, das Wirtschaftsministerium und „StartupDelta“ in das Aktionsprogramm „Startup-Amsterdam“. Ein Resultat sind die „Startup and Coding Academies“. Talentierte Entrepreneure lernen dort Software zu entwickeln. „Auf die Plätze fertig los!“ Bei einer Vorstellungsrunde hatten die deutschen Unternehmer eine Minute Zeit, Wirtschaftsminister Duin ihr Startup vorzustellen. Die Geschäftsideen reichten von veganen Potenzpillen über Anti-Katerpulver bis hin zu modischen Computergehäusen.
Im Anschluss entstanden bei Saft und Nudelsalat internationale Kontakte: Die Startup- Unternehmer trafen auf niederländische Entrepreneure. „Die lockere Atmosphäre hat mir gut gefallen. Man kommt mit jungen Leuten zusammen und redet nicht nur über das Geschäft, das finde ich ziemlich cool“, sagte Eimen über seine erste Startup-Reise. Geschäftliche Themen wurden natürlich nicht ganz außer Acht gelassen. Bei moderierten Round Tables unterhielten sich die Jungunternehmer über Finanzierungsmöglichkeiten und die Suche nach neuen Geschäftspartnern. Dabei stellte sich heraus, dass es in einem kleinen Land wie den Niederlanden weitaus einfacher ist, sich zu vernetzen und etablierte Unternehmen als Geschäftspartner zu gewinnen. Außerdem sollten trotz geografischer Nähe interkulturelle Unterschiede im Geschäftsleben nicht außer Acht gelassen werden. Die Überlebenschancen von Startups in den Niederlanden sind im europäischen Vergleich gut. Nur Österreich, Schweden und Belgien sind besser aufgestellt. Nach fünf Jahren ist die Hälfte der niederländischen Startups noch aktiv, so eine Studie von vacatures.nl.
Die nächste Startup-Reise der IHK ist schon geplant. Vom 28. November bis zum 2. Dezember 2017 geht es nach Helsinki. „Während der Reise können die Startups nicht nur einen interessanten Standort kennenlernen, sondern besuchen mit der Slush Europas größte Startup-Konferenz, auf der die Teilnehmer Investoren und neue Kunden treffen können“, so IHK-Experte Dominik Stute. Stefan Gajewski von Jamata hat auch schon angekündigt, dass er dabei ist.