Energie, Umwelt und Nachhaltigkeit

Freiwilliger Nachhaltigkeitsberichtsstandard für kleine und mittlere Unternehmen

Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind zwar nicht von der neuen gesetzlichen Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung betroffen. Dennoch wächst der Druck vonseiten von Investoren, Banken, Kunden, Geschäftspartnern, (potenziellen) Mitarbeitern und anderen Stakeholdern, mehr Transparenz in Bezug auf die ökologischen und gesellschaftlichen Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeiten zu schaffen. Um diesen gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden, wurde der freiwillige Nachhaltigkeitsberichtsstandard für KMU, der sogenannte "Voluntary SME-Standard" (VSME), entwickelt. Dieser Standard soll sicherstellen, dass Unternehmen, die nicht direkt berichtspflichtig sind, nicht durch die Informationsanforderungen der berichtspflichtigen Unternehmen überlastet werden.

1. Notwendigkeit und Chancen einer Nachhaltigkeitsberichterstattung

Banken und Geschäftspartner fordern von KMU immer öfter Infos zur Nachhaltigkeit

Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind derzeit nicht verpflichtet, einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen. Dennoch sehen sich KMU zunehmend mit Forderungen seitens Banken, Investoren, Geschäftspartnern und Kunden konfrontiert, Nachhaltigkeitsinformationen bereitzustellen. Diese Anforderungen variieren oft stark in Format und Detaillierungsgrad. Aufgrund dieser Entwicklung entscheiden sich viele Unternehmen freiwillig für die Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts, um die damit verbundenen Vorteile zu nutzen.
​​​​​​​Europäische Kommission entwickelt freiwilligen Nachhaltigkeitsberichtsstandard VSME
Die Europäische Kommission plant für 2024 die Einführung eines freiwilligen Nachhaltigkeitsberichtsstandards für KMU, den "Voluntary SME-Standard" (VSME). Dieser Standard soll KMU dabei unterstützen, ihre Nachhaltigkeitsziele und -projekte besser zu dokumentieren und gegenüber ihren Stakeholdern zu kommunizieren. Der VSME soll insbesondere die Informationsbedarfe decken, die im Zusammenhang mit Auftrags- und Kreditvergaben oder durch die Rolle von KMU in Lieferketten entstehen. Ein einheitlicher europäischer Standard könnte zudem die Belastung für KMU reduzieren, die nicht direkt zur Berichterstattung verpflichtet sind.
​​​​​​​Welche Chancen bietet ein Nachhaltigkeitsbericht?
Ein Nachhaltigkeitsbericht bietet Unternehmen zahlreiche Chancen, insbesondere im Kontext der wachsenden Bedeutung von Sustainable Finance. Die Berichterstattung ermöglicht es, Nachhaltigkeit systematisch im Unternehmen zu verankern und hat positive Auswirkungen auf Kapitalbeschaffung, Kostenstrukturen und Absatzvolumen. Darüber hinaus spielt die Integration von Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekten eine entscheidende Rolle für die langfristige Zukunftsfähigkeit und den Unternehmenserfolg. Nachhaltigkeit ist daher nicht nur eine rechtliche Verpflichtung, sondern auch ein strategischer Vorteil.

2. Aktueller Stand: Wie sieht der Entwurf für einen freiwilligen KMU-Standard aus?

Im Januar 2024 hat die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) einen ersten Entwurf des freiwilligen Nachhaltigkeitsberichtsstandards für KMU (VSME) veröffentlicht. Dieser Entwurf richtet sich an alle kleinen und mittleren Unternehmen, die nicht unter die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) fallen, jedoch freiwillig Nachhaltigkeitsinformationen bereitstellen möchten. Eine inoffizielle deutsche Übersetzung des VSME-Entwurfs steht inzwischen ebenfalls zur Verfügung.
Der aktuelle VSME-Entwurf gliedert sich in drei Module: (1) das Basic Module, (2) das Narrative-Policies, Actions and Targets (PAT) Module und (3) das Business Partners Module. Diese Module decken wesentliche Nachhaltigkeitsinformationen ab, einschließlich umwelt- und sozialbezogener Themen sowie unternehmenspolitischer Aspekte.
​​​​​​​Basic Module: Das Basis-Modul richtet sich an Kleinstunternehmen im Sinne der Rechnungslegungsrichtlinie und enthält die geringsten Anforderungen. Insgesamt umfasst es etwa 30 Datenpunkte. Ergänzend wird ein Leitfaden bereitgestellt, der unter anderem Berechnungsbeispiele und Formeln enthält.
​​​​​​​PAT Module: Das Narrative-Policies, Actions and Targets (PAT) Modul ergänzt das Basic Module und richtet sich an Unternehmen, die bereits formalisierte Leitlinien, Maßnahmen und Ziele im Bereich der Nachhaltigkeit definiert haben.
​​​​​​​BP Module: Das Business Partners (BP) Modul kann in Verbindung mit dem Basic Module oder sowohl mit dem Basic- als auch dem PAT-Modul genutzt werden. Es enthält zusätzliche Datenpunkte, die häufig von Kreditgebern, Investoren und Geschäftspartnern des Unternehmens benötigt werden.
Für weiterführende Informationen empfehlen wir die Aufstellung der DIHK zum VSME sowie der Kollegen und Kolleginnen der IHK für München und Oberbayern.

3. DIHK Stellungnahme zum VSME für die EFRAG Konsultation.

​​​​​​​VSME-Entwurf und Konsultationsprozess

Der Entwurf für den freiwilligen Nachhaltigkeitsberichtsstandard für KMU (VSME) stand bis zum 21. Mai 2024 zur Konsultation offen. Den aktuellen Entwurf sowie weiterführende Informationen zur laufenden Konsultation finden Sie auf der Website der EFRAG hier. Die Stellungnahme der DIHK zum VSME-Entwurf ist ebenfalls hier verfügbar.
​​​​​​​Herausforderungen und notwendige Nachbesserungen

Der sogenannte Trickle-down-Effekt, bei dem KMU indirekt von europäischer und nationaler Regulierung betroffen sind, führt zu einer erheblichen Belastung, insbesondere durch die Anforderungen der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Um diese überwiegend als unverhältnismäßig wahrgenommenen Berichtspflichten zu reduzieren, sind weitere Anpassungen auf europäischer Ebene notwendig. Insbesondere sollte ein praktikables und nachgebessertes VSME-Basis-Modul als "Value Chain Cap" in die europäische Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie (CSRD) integriert und von der Europäischen Finanzaufsicht berücksichtigt werden.
Anforderungen an den VSME-Standard

Ein zukünftiger europaweiter freiwilliger Standard für nicht börsennotierte kleine und mittlere Unternehmen (Voluntary ESRS for non-listed small- and medium-sized Enterprises, VSME) muss einerseits den Informationsbedarf berichtspflichtiger Geschäftspartner und Finanzinstitute decken. Andererseits müssen die KMU in der Lage sein, die geforderten Informationen mit einem verhältnismäßigen Aufwand zu erheben. Um dies zu gewährleisten, sind verschiedene Nachbesserungen am aktuellen VSME-Entwurf erforderlich, wie in der ausführlichen Stellungnahme der DIHK dargelegt.
​​​​​​​Pilotprojekt zur Eignung des VSME ESRS
Um die Vorschläge der EFRAG auf ihre Eignung und Angemessenheit für KMU zu überprüfen, haben sich zwölf Mitgliedsunternehmen bereit erklärt, sich intensiv mit den Anforderungen des VSME ESRS auseinanderzusetzen und deren praktische Anwendbarkeit sowie Umsetzbarkeit zu analysieren.
Die teilnehmenden KMU stammen aus verschiedensten Branchen und Regionen, mit einer Beschäftigtenzahl von 20 bis 200 Mitarbeitern.
Die DIHK, das Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) und die Duale Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) haben die Unternehmen von Januar 2024 bis Mai 2024 begleitet. Im Rahmen dieser Unterstützung wurden Einführungs-Workshops zu den Modulen des VSME durchgeführt, Übersetzungen der Anforderungen des VSME ESRS bereitgestellt sowie zahlreiche Auswertungsgespräche geführt.
Die Ergebnisse dieser Pilotgruppe, die gemeinsam von DIHK, DRSC und DHBW zusammen mit den Unternehmen der EU-Kommission vorgestellt werden, können Sie hier nachlesen.

4. Wann liegt der VSME final vor?

Nach Abschluss der Konsultation wird die EFRAG voraussichtlich den Entwurf des VSME nochmals überarbeiten. Die finale Version des VSME ist für Ende 2024 angekündigt.

Quellen: DIHK, EFRAG, IHK für München und Oberbayern