Dienstleistungen
Familienangehörige im Betrieb
Wenn Familienmitglieder in einem Unternehmen mithelfen, kann sich die rechtliche Einordnung schwierig gestalten. Von der bloß familiären Mitarbeit bis hin zur Arbeitnehmer- oder Mitunternehmerstellung sind etwaige Konstellationen möglich, knüpfen jedoch an unterschiedliche Rechtsfolgen an.
Die Klassifikation der Tätigkeit sollte am Besten zu Beginn der Beschäftigungsaufnahme erfolgen, da ein falscher “Status” erhebliche finanzielle Folgen haben kann. Beispielhaft seien hier Sozialversicherungsnachforderungen und Rentenversicherungsbeiträge zu nennen.
Lassen Sie den Sozialversicherungsstatus daher verbindlich durch die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund prüfen! Informationen zum Antragsverfahren erhalten Sie hier und hier.
Wer gilt als Angehöriger?
Der Begriff des Angehörigen wird im Steuerrecht definiert (vgl. § 15 Abgabenordnung).
Hiernach sind Angehörige:
- der Verlobte,
- der Ehegatte oder Lebenspartner,
- Verwandte und Verschwägerte gerader Linie,
→ z.B. Eltern, Kinder, Enkelkinder - Geschwister,
- Kinder der Geschwister,
- Ehegatten oder Lebenspartner der Geschwister und Geschwister der Ehegatten oder Lebenspartner,
- Geschwister der Eltern,
- Personen, die durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft wie Eltern und Kind miteinander verbunden sind (Pflegeeltern und Pflegekinder).
Aber bitte beachten Sie, dass diese Definition nicht für alle Rechtsgebiete bindend ist (vgl. Strafrecht, § 11 StGB).
Familienhafte Mitarbeit
Bei der familienhaften Mitarbeit hilft der Familienangehörige nur gelegentlich und unregelmäßig gegen Bezahlung aus.
Die Tätigkeit ist eher als Unterstützung zu verstehen, die aufgrund familiärer Zusammengehörigkeit geleistet wird.
In diesen Konstellationen steht die Leistung und Gegenleistung in keinem ausgewogenen Verhältnis zueinander. Insbesondere die Bezahlung weicht vom üblichen Durschnitt ab, denn vielfach erhält das Familienmitglied für die erbrachte Arbeitsleistung keine oder eine geringere Bezahlung als gesetzlich vorgesehen. Zumal das Mindestlohngesetz hier keine Anwendung findet. Dennoch ist auch eine überdurchschnittlich hohe Bezahlung möglich.
Eine Sozialversicherungspflicht besteht nicht.
Arbeitnehmer/in
Die familienhafte Mitarbeit ist von einem abhängigen und versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis als Arbeitnehmer/in abzugrenzen.
Grundsätzlich erfolgt eine Abgrenzung anhand objektiver Kriterien und der tatsächlichen Ausgestaltung des Tätigkeitsverhältnisses. Absolute Abgrenzungskriterien gibt es aber leider nicht.
Ein Beschäftigungsverhältnis ist anzunehmen, wenn:
- der Angehörige in den Betrieb eingegliedert ist (zB. durch Anwesenheitspflicht)
- der Angehörige dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterworfen ist
- das Entgelt einen angemessenen Gegenwert bildet und über freien Unterhalt oder bloße Anerkennung der Gefälligkeit hinausgeht
- das Entgelt dem Angehörigen zur freien Verfügung ausgezahlt wird
→ am besten auf ein eigenes Konto! - für das Familienmitglied Lohnsteuer abgeführt und die Lohnzahlungen als Betriebsausgabe verbucht wird
- anstelle des Angehörigen eine fremde Arbeitskraft eingestellt werden müsste
Bitte beachten Sie, dass Arbeitsverträge mit nahen Angehörigen von den Finanzbehörden besonders kritisch geprüft werden und strengen Anforderungen unterliegen.
Damit das Finanzamt das Arbeitsverhältnis anerkennt, ist ein Arbeitsvertrag nicht zwingend erforderlich. Aus Beweisgründen indes dringend empfohlen. Der Arbeitsvertrag muss ernstlich vereinbart und tatsächlich gewollt sein. Beide Parteien müssen die getroffenen Vereinbarungen einhalten.
Darüber hinaus müssen die getroffenen Vereinbarungen einem sog. “Fremdvergleich” standhalten. Soll heißen, sowohl die Gehaltszahlungen als auch etwaige Regelungen zur Anzahl der Urlaubstage müssen demjenigen eines fremden Mitarbeiters entsprechen. Der Angehörige darf insoweit keine Sonderrechte genießen.
Aus arbeitsschutzrechtlichen Gesichtspunkten sind Urlaubstage verpflichtend zu nehmen und Höchstarbeitszeiten einzuhalten.
Unternehmer/in
Familienmitglieder können im Familienbetrieb auch selbst Unternehmer sein.
Die Eigenschaft als selbstständiger Unternehmer ist anzunehmen, wenn das Familienmitglied das Mitunternehmerrisiko trägt und eine Mitunternehmerinitiative entfaltet.
Anhaltspunkte dafür können sein:
- höheres Gehalt als vergleichbare Fremdarbeitskraft
- Familienangehöriger besitzt Prokura und/oder Gesellschaftsanteile
- Entscheidungen des Unternehmers werden wesentlich vom Familienangehörigen beeinflusst
- wesentlich mehr Arbeitsstunden als vergleichbare Angestellte, ohne dafür Lohnausgleich zu erhalten
- Angehöriger ist am Gewinn beteiligt
Risiken/Folgen
Je nachdem welche Konstellation fälschlicherweise angenommen wurde, kann dies wirtschaftliche Folgen haben.
Wenn ein Arbeitsverhältnis zum Beispiel als steuerlich unwirksam eingestuft wird, so war die Lohnzahlung des Familienangehörigen nicht als Betriebsausgabe steuerlich abzusetzen. Gegebenenfalls drohen dann hohe Nachzahlungen.
Sollte eine Tätigkeit als familienhafte Mitarbeit deklariert worden sein – rein tatsächlich allerdings eine Tätigkeit als Arbeitnehmer vorliegen – können zudem Beiträge von der Sozialversicherung nachgefordert werden.
Bei einer im Nachhinein festgestellten Unternehmer- statt Arbeitnehmereigenschaft können Rentenansprüche und Ansprüche auf Kurzarbeitergeld entfallen. Ferner entfiele der Anspruch auf Mutterschaftsgeld.
Versicherungsbeiträge, die überflüssigerweise gezahlt wurden, können ggf. zurückverlangt werden, wobei etwaige Verjährungsfristen zu beachten wären.
Hinweis: Dieser Artikel soll - als Service Ihrer IHK - nur erste Hinweise geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl er mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.
Stand: Januar 2024