Ritterburgen und Schaukelpferde im Rodensteiner Land
Der Odenwald ist reich an Sagen und Legenden – viele davon ranken sich um die Ruine der Burg Rodenstein und ihre früheren Bewohner. Auch traditionelle Handwerkskunst hat sich in dieser Gegend bewahrt, doch ebenso lassen sich dort neue Erfahrungen machen.
Autorin: Mirjam Ulrich, 24. September 2020
Wenn nachts im Wald von Burg Rodenstein Pferdehufe klappern, Hundegebell und Getöse zu hören sind, dann zieht angeblich der „Rodensteiner“ mit seinem Geisterheer durch die Lüfte. Der Sage nach verließ er seine schwangere Frau, um Krieg zu führen. Sie starb mit dem Kind und verfluchte ihn: Bis in alle Ewigkeit reitet er deshalb als Vorbote des Krieges umher. Fast 30 Sagen ranken sich um die Herren von Rodenstein und die Ruine. Einer der Ritter soll demnach sogar mit zwei Frauen gleichzeitig verheiratet gewesen sein. In Wahrheit vermählte er sich erst nach dem Tod der ersten Frau erneut. Auch dass in der Ruine ein Schatz vergraben liegt, entspringt wohl nur der Phantasie. Das ausgestorbene Adelsgeschlecht inspirierte besonders im 19. Jahrhundert Dichter und Schriftsteller, heute erzählen Comics von den Rittern.
Erbaut wurde die Burg Rodenstein Mitte des 13. Jahrhunderts von den Brüdern Rudolf und Friedrich von Crumbach als Trutzburg gegen die Herren von Erbach. Die besaßen die nahe gelegene Burg Reichenberg und strebten danach, ihre Macht auszudehnen. Die Erbauer nannten sich fortan nach ihrer neuen Burg, die im Laufe der Jahrhunderte mehrfach um- und ausgebaut wurde. Im 30-jährigen Krieg starben 1635 die letzten Bewohner an der Pest. Die verlassene Burg nutzten Anwohner aus der Gegend als Steinbruch, so dass sie bereits 1650 unbewohnbar war, als der letzte männliche Nachkomme, Georg Friedrich von Rodenstein, von einem mehrjährigen Aufenthalt in Frankreich zurückkehrte. Ein 3D-Modell der Burg ist auf der Website des Rodensteinmuseums zu finden, ebenso Legenden und Fakten über die Rodensteiner und ihre Burg. Das Museum wird derzeit zum Sagenmuseum umgestaltet und ist daher geschlossen. Es bietet aber weiterhin Führungen zur Ruine an. In deren Nähe befindet sich auch der einzige Wasserfall im Odenwald. Er trägt den Namen „Fallendes Wasser“, ist ungefähr zehn Meter hoch und ein Naturdenkmal.
© Odenwald Tourismus GmbH
Über Reichelsheim liegt das Schloss Reichenberg, eine Burg aus der Stauferzeit. Seit 1979 gehört die Anlage dem Verein Offensive Junger Christen (OJC), eine ökumenische Gemeinschaft, an der auch Freikirchen beteiligt sind. Zu der Tagungs- und Begegnungsstätte hat der Verein ein Erfahrungsfeld mit interaktiven Stationen geschaffen. So erzeugt etwa das Wasser aus dem Renaissancebrunnen Klänge, wenn die Besucher gemeinsam aktiv werden. Der Klangbrunnen ist eine Installation des Kölner Künstlers Christoph Müller. Von März bis Oktober öffnet das Erfahrungsfeld zweimal im Monat sonntagnachmittags von 14.30 bis 18 Uhr für Einzelbesucher und Familien. Die nächsten Termine sind 14. und 18. Oktober. Einige Stationen bleiben aufgrund der aktuellen Hygienebestimmungen geschlossen, doch Spielbrunnen, Rittersaal, Abenteuersandplatz und Waldkirche sind durchgehend geöffnet. Zudem gibt es Aktionen am Klangbrunnen und der Teamwippe, einen Abstieg ins ehemalige Verließ und ein Hörspiel im Gewölbekeller zu erleben. Schloss Reichenberg zählt zu den Spielorten der Reichelsheimer Märchen- und Sagentage. Im Jahr ihres 25-jährigen Bestehens wurde die für Ende Oktober geplante Veranstaltung jedoch wegen der Pandemie abgesagt.
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Etliche Märchen und Legenden handeln von Müllern – in Reichelsheim gibt es sogar noch echte. Im Jahr 1513 ließ der Graf von Erbach die Wassermühle am Mergbach als „herrschaftliche Mühle“ erbauen, darum heißt sie bis heute Herrnmühle. Seit mehr als 150 Jahren ist sie im Besitz der Familie Feick. Zwar existieren die drei Wasserräder nicht mehr, doch treibt immer noch Wasserkraft über eine Turbine im Keller das Mahlwerk an. Nur einheimisches Getreide wird dort vermahlen, darunter die Urgetreidesorten Einkorn, Emmer und Dinkel aus nachhaltiger und regionaler Landwirtschaft. Die Idee zum Projekt „Nibelungenkorn“ entwickelte Rainer Feick – Jahrgang 1987 und Müller in sechster Generation – vor fünf Jahren gemeinsam mit Wasserschützern und Landwirten. Acht Bäckereien in der Region verarbeiten „Nibelungenkorn“ zu Brot und Backwaren, die Mehle, Backmischungen und Flocken-Mix gibt es aber auch im Mühlenladen mitsamt Onlineshop sowie mehreren Läden in der Gegend zu kaufen.
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Ebenfalls traditionell sind die „Schoggelgäul“, handgefertigte Schaukelpferde aus dem Odenwald. In ihrer Werkstatt am Rand von Beerfurth stellen Annette Krämer und ihr Ehemann Harald Boos die hölzernen Apfelschimmel her. Sie sind „Gäulschesmacher“ in vierter Generation – und der letzte von einst 23 Handwerksbetrieben dieser Art. Mitte des 19. Jahrhunderts verloren die Odenwälder Holz- und Horndreher durch die Industrialisierung ihr Auskommen, bis ein Horndreher von einem Jahrmarkt ein Holzpferd mitbrachte und es nachbaute. Das Holz von Kiefern, Pappeln und Buchen stammt aus den umliegenden Wäldern, die Farben sind gesundheitlich unbedenklich und wasserfest. Typisch sind die schwarze Mähne, der rote Sattel und die grünen Schaukelkufen oder Standbretter mit roten Rollen, doch kein Pferd gleicht völlig dem anderen. Der Schweif besteht aus Hanf oder schwarzen Kunstfasern. Zur 1899 von Adam Krämer gegründeten Werkstatt gehört auch ein Holzspielwarenladen. Dort verkauft das Ehepaar neben ausgewählten Spielzeugen anderer Hersteller auch seine Hasen- und Pferdegespanne, Steckenpferde sowie die unverwüstlichen Gäulsche zum Schaukeln oder Rollen. Die größten haben eine Sitzhöhe von 55 Zentimetern, es gibt sie aber auch in klein als Souvenir aus dem Odenwald.
Versteckte Juwelen
Die Artikelserie „Versteckte Juwelen“ ist ein Gemeinschaftsprojekt der IHK Darmstadt und der touristischen Partner der Region. Während wir mit unseren touristischen Highlights den Blick auf den Blick auf eher bekannte Reiseziele der Region legen, stellen wir Ihnen hier auch Attraktionen vor, die Sie vielleicht noch nicht kennen, die aber in jedem Fall einen Ausflug wert sind. Lust, die Region Bergstraße-Odenwald zu entdecken? Noch mehr Tipps gibt es unter www.bergstrasse-odenwald.de und www.geo-naturpark.net.
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