Selbst Schwächen liefern Stoff für starke Geschichten
Bei glattgebügelten Imagefilmen und falschen Werbeversprechen wird den Jungs und Mädels von Vollbild Film anders. Das Team der Darmstädter Bewegtbild-Produktion ist auf Brand Stories und Commercials spezialisiert und weiß: Kunden fängt man nur mit authentischen Markenbotschaften, die halten, was sie versprechen.
Autor: Matthias Voigt, 14. Mai 2020
Ermutigen ihre Kunden dazu, nichts unter den Teppich zu kehren: Sören Weilmünster (links) und Gérard Schwarz von Vollbild Film.
© Matthias Voigt / IHK Darmstadt
Drei Sekunden. Das ist gefühlt ein Wimpernschlag. Genau so viel Zeit hat ein Video-Clip auf Instagram, um den User zu überzeugen, weiterzuschauen. Wenn es dann nicht funkt, scrollt er weiter. Keine leichte Aufgabe, da die richtigen Inhalte zu finden. Für das Team von Vollbild Film aus Darmstadt ist diese Herausforderung Alltag. Die eigentliche Arbeit beginnt schon vor dem Dreh. Viele Kunden wissen anfangs nicht genau, was sie wollen. Sie wissen, was ihnen gefällt und was ihnen nicht gefällt. Ob dreiminütiger Imagefilm zur Firmengeschichte oder Sechs-Sekünder als Sneak-Peak für ein neues Produkt: „Ein Video zu produzieren, ist aufwändig und muss sich für den Kunden rechnen“, sagt Managing Director Sören Weilmünster. Während er sich ums Kaufmännische kümmert, ist Gérard Schwarz fürs Kreative zuständig. Er war es auch, der die Produktionsfirma 2011 gemeinsam mit einem Partner gegründet hat. Der sprang jedoch bald wieder ab und Gérard holte Sören an Bord. Mit ihm kamen schnell größere Aufträge.
Neben kleinen Marken gehören große Fische wie Lufthansa, Siemens oder Opel zu den Kunden. „Welches Format passt, hängt natürlich auch davon ab, welche Zielgruppe du erreichen willst und wo sie sich tummelt“, sagt Gérard. Asphaltgold beispielsweise denke ganz in Social Media, denn das Darmstädter Unternehmen verkörpert mit Sneakern und Streetwear einen ganz bestimmten Lifestyle. „Das eignet sich besonders für artistische Inszenierungen auf Instagram. Da würdest du eher selten Interview- oder Doku-Stil wählen, um das Produkt an den Mann zu bringen“, erklärt Gérard.
Für schlechten Content gibt es zu viel Konkurrenz
Von der ersten Idee bis zum fertigen Video kann es, abhängig vom Format, rund sechs bis zehn Wochen dauern. Bei einem Dreh im Ausland auch mehr. Deshalb produziert das Team nie nur einen Film. „Wenn wir beispielsweise eine Brand Story für Siemens entwickeln, leiten wir daraus Formate ab, die auf weiteren Kanälen verwendet werden können. Zum Beispiel als Teaser auf Facebook oder Ausschnitt für Instagram“, sagt Sören. Es gehe nicht nur darum, die richtige Ansprache zu wählen, sondern auch, möglichst viel aus einem Dreh herauszuholen und einen hohen „Production Value“ zu erzielen. „Und hierbei geht es dann um Qualität“, ergänzt Gérard. „Bewegtbild performt im Netz besonders gut. Aber nur, wenn die Qualität stimmt. Für schlechten Content gibt es zu viel Konkurrenz.“
Die Content-Flut sei auch ein Grund, warum Konsens im Werbegeschäft beliebig macht, ist Sören überzeugt. Ein glattgebügeltes Bild, mit dem weder Mitarbeiter noch Kunden die Firma oder die Marke verbinden, geht für die Filmemacher gar nicht: „Das Innere des Unternehmens berührt im besten Fall das Innere der Menschen, die man ansprechen möchte“, meint Gérard. Mit rein sachlichen Informationen könne man nur selten punkten. „Menschen wollen emotional berührt werden. Selbst die eigenen Schwächen lassen sich in starke Geschichten verwandeln.“ Darum ermutigen sie ihre Kunden, nichts unter den Teppich zu kehren. „Das ist keine neue Erkenntnis, doch noch immer haben viele Firmen nicht die Eier, sich authentisch zu zeigen“, bringt es Sören auf den Punkt. Ebenso tödlich wie eine klinisch reine oder unglaubwürdige Geschichte: Möglichst alles in einen Film zwängen, was man schon immer über das eigene Unternehmen sagen wollte. Heraus kommt ein Imagefilm, bei dem die Zuschauer genervt die Augen rollen, wenn sie den Balken mit der Abspiellänge sehen. „Ganz ehrlich: Hast du Bock auf zehn Minuten Selbstbeweihräucherung?“, fragt Gérard und schüttelt den Kopf.
Hände weg von „Pizza Productions“
Neben einer kreativen Idee braucht man eine motivierte Crew für einen guten Film. Sieben feste Mitarbeiter von Vollbild Film unterstützen die Kunden, Geschichten zu finden, die Menschen berühren, und diese in Bewegtbild zu übersetzen. Für die Dreharbeiten bucht das Team nicht nur Models, sondern auch viele handverlesene Freelancer für ihre Crews dazu. Damit die an langen Drehtagen bei Kräften bleiben, werden sie am Set gut versorgt. Ob es eine hochwertige Filmproduktion ist, könne man nämlich schon am Catering sehen, sagt Gérard und grinst: „Bei billigen Produktionsfirmen gibt es am Set oft jeden Tag Pizza oder anderes Fastfood zu essen.“ Deshalb werden die auch abfällig „Pizza Productions“ genannt. Gérard klingt, als hätte er da Erfahrung gemacht. Kam daher die Idee, neben richtig guten Filmen auch richtig gute Pizza zu produzieren? Neben Vollbild Film hat Gérard nämlich die Pizzeria Mono in Darmstadt gegründet – gemeinsam mit seiner Schwester und einem weiteren Partner. „Ne, das ist eine andere Geschichte“, sagt er und lacht.
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