Im Porträt

Wand unter Strom

Den Hessischen Gründerpreis 2024 haben Anja Schröpfer und Dr. Christian Walter in der Kategorie „Innovative Geschäftsidee“ gewonnen. Ihr Produkt Flexfy ermöglicht eine flexible Innenraumgestaltung – mit elektrisch leitfähigen, magnetischen Wänden.
Text: Martina Noltemeier
Als Anja Schröpfer 2018 eine Einladung zu einem internen Ideenwettbewerb der Deutschen Amphibolin Werke (DAW SE) aus Ober-Ramstadt erhielt, konnte sie nicht ahnen, wie sehr das ihr Leben verändern würde. Die Gruppe, in der Anja Schröpfer und Dr. Christian Walter waren, beschäftigte sich mit der einfachen Umgestaltung von Wänden. Die Vision: mehr Flexibilität und Funktionen für Innenwände schaffen. Anja Schröpfer, Betriebswirtin bei Krautol, entwickelte zusammen mit dem promovierten Chemiker Christian Walter aus der Abteilung Forschung und Entwicklung erste Ideen – darunter magnetische Deko-Streifen, mit denen man je nach Geschmack neue Farben und Designs in Räume bringen kann. Irgendwann kam die Frage auf: Geht das auch mit Strom? Mit zwei Kupferkabeln wurde eine Leuchte an einer Wand angebracht.
„Du, Schatz, was hältst du davon, wenn wir die Wand mal wieder umgestalten?“ – damit startete der Pitch, bei dem ihre Gruppe den zweiten Platz belegte. Ende 2020 konnte das Team dann das Innovationssymposium der DAW für sich entscheiden. In der Folge schuf sich das Team eine kleine Werkstatt unweit des DAW-Werksgeländes, wo neue Wandaufbauten und Applikationen ausprobiert und getestet werden konnten. 2023 wurden erste Anwendungen auf großen Wandflächen in der Kreativwerkstatt der DAW vorgestellt.
Wir wussten, dass wir neue Kooperationspartner und Investoren aus anderen Ökosystemen brauchen.

Anja Schröpfer

„Wir glaubten an die Idee einer innovativen Wandgestaltung mit Elektrik. Damit diese fliegen kann, wussten wir, dass wir neue Kooperationspartner und Investoren aus anderen Ökosystemen brauchen“, sagt Schröpfer. Die Idee konnte jedoch nur außerhalb der DAW ausgebaut werden, denn Elektrik war zu weit weg vom Kerngeschäft Farben, Lacke und Putze. Schröpfer und Walter wagten den mutigen Schritt, ihre langjährigen Jobs zu kündigen und ein eigenes Unternehmen zu gründen. Jedoch beteiligte sich DAW als Minderheitsgesellschafter und bot eine Absicherung: Falls kein weiterer Investor gefunden worden wäre, hätten Schröpfer und Walter ins Unternehmen zurückkehren können. „Ein vorbildliches Modell, wie mittelständische Unternehmen innovative Ideen unterstützen können“, findet Anja Schröpfer.
2024 gründeten Anja Schröpfer und Dr. Christian Walter Flexfy. Das Unternehmen ist in Roßdorf angesiedelt.
© Flexfy
2024 folgte die Gründung von Flexfy und der Umzug in neue Büroräume im Gewerbegebiet am Ostrand von Roßdorf. „Die Unternehmensgründung war ein persönlicher Entwicklungsschritt. Selbst die Gestaltung der Büroräume hat mir unglaublich viel Freude bereitet“, berichtet Schröpfer.
Die Idee hinter Flexfy: Elektrische Geräte können ohne Kabel, Bohren und schweres Werkzeug an der Wand installiert werden. Es handelt sich nach eigenen Angaben um den ersten elektrischen, leitfähigen magnetischen Wandaufbau der Welt, geschützt durch eine umfangreiche Patentfamilie. Das System besteht aus einem elektrisch leitfähigen Vlies, einem Magnetspachtel und Kontaktleisten, die an ein zentrales Netzteil angeschlossen sind. Die Oberfläche kann individuell gestaltet und flexibel geändert werden und bietet viele Optionen für die Raumgestaltung. Kompatibel sind Leuchten, Bildschirme, Lautsprecher, USB-C-Steckdosen, Sensoren, Akustikelemente und weitere Accessoires. Flexfy richtet sich an Architekt*innen, Planer*innen und langfristig auch an Endverbraucher*innen. Es ist einsetzbar in Gewerbe- und Büroimmobilien, Wechselausstellungen, Hotels, in der Gastro oder bei Malerbetrieben.
Der Gewinn des Hessischen Gründerpreises in der Kategorie „Innovative Geschäftsidee“ 2024 war ein Meilenstein. „Nie hätten wir gedacht, dass wir den Preis gewinnen“ , sagen die beiden Gründer. Der Preis brachte wertvolle Kontakte, große Sichtbarkeit und eine starke Motivation, weiter an dem Produkt zu arbeiten. Erste Investoren sind bereits gefunden: neben DAW handelt es sich um den Leuchtenhersteller XAL aus Österreich. Christian Walter vermutet sogar, dass Flexfy zum „Gamechanger für die gesamte Branche“ werden könne. Im Januar starten Schulungen für zertifizierte Flexfy-Maler, geleitet von einem Malermeister, der das System als Anwendungstechniker auf Herz und Nieren prüft. Ein Showcase soll das Produkt auch außen sichtbar machen.
Die beiden Gründer blicken optimistisch in die Zukunft: „Wir sind gespannt, welchen Weg Flexfy nehmen wird und welche Innovationen wir noch umsetzen werden“, sagt Walter. Der auch zurückschaut: „Mit Leidenschaft und harter Arbeit haben wir eine Vision verwirklicht, die die Art und Weise, wie wir Wände nutzen, grundlegend verändern kann. Sie kann auch dazu beitragen, nachhaltigere Gebäudekonzepte zu realisieren.“
Dieser Artikel ist erstmals erschienen im IHK-Magazin „Wirtschaftsdialoge”, Ausgabe 1/2025. Sie möchten das gesamte Heft lesen? Die „Wirtschaftsdialoge” können Sie auch online als PDF-Datei herunterladen.
Matthias Voigt
Bereich: Kommunikation und Marketing
Themen: IHK-Magazin, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit