Nicht nur das Wappen auf der Brust
Fidu Brands aus Darmstadt hat das Merchandise von Vereinen mit der Entwicklung von Streetwear verknüpft. Mit Erfolg. So war die Fankollektion »Jugendstil« für den SV Darmstadt 98 nicht nur ruckzuck vergriffen – sondern brachte auch Aufmerksamkeit für das junge Team.
Text: Matthias Voigt, Oktober 2023
70 Prozent der Erst- und Zweitligisten haben wir als Kunden
Vom Babylätzchen bis zum Gartenzwerg: Längst bieten Fußballvereine nicht mehr nur das klassische Fangedeck aus Trikot und Schal an. Doch waren die Bundesligisten bei der Sparte Bekleidung noch lange sehr konservativ unterwegs. Das Vereinswappen musste gut sichtbar sein, die Farben für Hoodies, Shirts und Caps orientierten sich meist an denen des Vereins.
Christian Hinz (von links), Amin Ehsaei und Erdem Keles von Fidu Brands zeigen Artikel der Jugendstil-Kollektion.
© IHK Darmstadt / Markus Schmidt
»Wir hatten schon immer einen starken Bezug zu Sport in den USA, wo man Fanwear nicht nur im Stadion, sondern im Alltag trägt, und haben uns gedacht: Beim Merchandise in Deutschland ist noch viel Luft nach oben«, sagt Erdem Keles. Gemeinsam mit Christian Hinz ist er Geschäftsführer von Fidu Brands. Ihre ersten Erfahrungen als Textilhändler machten die Mittdreißiger mit einem Onlineshop – noch im Keller der Eltern. Im Jahr 2012 designten sie Kappen für Städte und arbeiteten sich langsam nach oben. »Die erste Zusammenarbeit im Profifußball lief mit Darmstadt 98«, sagt Keles. Die beiden Gründer kommen aus Darmstadt, »das war dann eine Herzenssache für uns«. Sie produzierten Snapbacks, also Kappen mit flachem Schirm, bestickt mit einer Lilie in 3D. »Da mussten wir noch ein wenig Überzeugungsarbeit leisten, dass die auch wirklich jemand für 35 Euro kauft«, erinnert sich Keles mit einem Schmunzeln.
Fanartikel in außergewöhnlichen Designs
Die Snapbacks verkauften sich gut, Keles und Hinz erweiterten daraufhin ihr Portfolio. Erst nahmen sie Wintermützen und Socken ins Sortiment auf, dann wagten sie 2019 den Schritt in die klassische Bekleidungssparte mit Shirts, Pullis und Hoodies. Verstärkt kamen Anfragen von anderen Vereinen der Ersten und Zweiten Bundesliga herein. In ihrem Firmensitz unweit des Darmstädter Kreuzes hängen Fanartikel, die noch in der Entwicklung sind: Socken für die Frankfurter Eintracht oder Union Berlin, eine Kappe für den VfL Bochum, ein trikotähnliches Shirt für die Schwaben vom VfB Stuttgart. Die Palette ist stark gewachsen. »70 Prozent der Erst- und Zweitligisten haben wir als Kunden«, schätzt Amin Ehsaei (35), der als CXO die Verbindung von Marke und Kundenstamm im Blick behält.
Amin Ehsaei, CXO von Fidu Brands
© IHK Darmstadt / Markus Schmidt
70 Prozent der Erst- und Zweitligisten haben wir als Kunden.Amin Ehsaei
Daher gründeten die Macher von Fidu Brands die Marke »101 Supply«, die für White Labeling genutzt wird. Einem eher schnöden Fanschal wird man nicht ansehen, dass er in Darmstadt kreiert wurde. Der auftraggebende Verein kann selbst entscheiden, ob er die Ware unter eigenem Namen in Verkehr bringen möchte oder wie auffällig der Produzent auf der Ware sichtbar wird. Unter der hochwertigen Marke »Lobster & Lemonade« arbeitet Fidu Brands derzeit nur mit drei Vereinen zusammen: den »Lilien« aus Darmstadt, Eintracht Frankfurt und der Hamburger SV. Hier spielt die auf 23 Mitarbeiter*innen gewachsene Belegschaft ihre Stärken aus, die in außergewöhnlichen Designs liegt, die die Kultur der Vereine berücksichtigt und in der Schrift- und Formensprache bis dato ungewöhnliche Wege für Fußballfans geht. »Das sind keine Standardprodukte, sondern da geht es um aufwendiges Storytelling«, fasst Amin Ehsaei zusammen.
Als Beispiel nennt er die Fankollektion »Jugendstil«, die im vergangenen Jahr mit Darmstadt 98 aufgelegt wurde. »Auf den Hoodies und der Kleidung sieht man wenig von Lilie und 98, dafür geht es mehr um Architektur und die Geschichte«, erklärt Ehsaei. So prangt auf einem T-Shirt eine stilisierte Sonne über der abstrakt gehaltenen Gegengeraden, darunter steht »Heimstätte des Sportvereins Darmstadt« anstatt dem banalen »Stadion am Böllenfalltor«. Moderne Schnitte mit hohem Tragekomfort und schwere Stoffe sorgten für gute Qualität. »Die Kollektion war ein Riesenerfolg und im Großteil nach 48 Stunden ausverkauft«, sagt Erdem Keles. Sie brachte dem Unternehmen neben wirtschaftlich guten Zahlen auch viel Aufmerksamkeit weit über die Region hinaus. Für dieses Jahr produzierte Fidu Brands eine Neuauflage. »Die Kunden wissen: Bei uns gibt es nicht nur Standardmerch«, sagt Amin Ehsaei.
Dabei rückt das Thema Nachhaltigkeit immer stärker in den Fokus der Unternehmensvision. Gerade lässt sich Fidu Brands nach dem GOTS-Standard für nachhaltige, ethisch und qualitativ hochwertige Produkte zertifizieren. »Für uns geht es um Langlebigkeit der Produkte«, erklärt Keles. Alle an der Wertschöpfung Beteiligten sollen auf Augenhöhe miteinander arbeiten und »am Ende als Gewinner dastehen«.
Die sportverrückten Gründer haben noch große Ziele: Im November werden einige Spiele der National Football League (NFL) aus den USA in Frankfurt ausgetragen. Und Fidu Brands hat die Lizenz für eine eigene Kollektion.
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Matthias Voigt
Bereich:
Kommunikation und Marketing
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