Drei Abschlüsse in drei Jahren

Autor: Felix Schütze, 6. Februar 2023

Nach dem Abi kommt häufig das Studium. Das muss aber nicht sein. Wer nämlich lieber mit Aussicht auf eine Führungsposition in der Wirtschaft direkt nach der Hochschulreife ins Berufsleben einsteigen möchte, dem bietet die IHK Darmstadt ab kommendem Sommer unter dem Namen „Drei Abschlüsse in drei Jahren“ einen qualitativ hochwertigen dualen Ausbildungsweg und neue Karriereperspektiven.

„Viele Unternehmen würden am liebsten ihren eigenen Führungskräftenachwuchs selbst heranziehen“, weiß Torsten Heinzmann, Teamleiter Ausbildung bei der IHK Darmstadt. Bisher entscheiden sich allerdings viele Abiturienten für ein Studium, bevor sie wieder in die Wirtschaft wechseln. Andere Wege seien wenig bekannt und dann herrsche auch noch das Vorurteil vor, dass man mit einer dualen Ausbildung ein Leben lang höchstens Sachbearbeitung machen könne. „Das Image entspricht aber keineswegs der Realität“, weiß Torsten Heinzmann. „Darum möchten wir für die Leistungsspitze ein Angebot machen als echte Alternative zum Studium. Leistungsspitze deshalb, weil insbesondere Abiturienten so leistungsstark sind, drei Abschlüsse in drei Jahren zu schaffen.“ Nach drei Jahren haben Absolventen dieser Ausbildung einen Abschluss als Kaufmann oder Kauffrau im Einzelhandel, als Ausbilder und als Handelsfachwirt/Bachelor Professionell in der Tasche. Zusätzlich haben sie in den drei Jahren jede Menge Berufserfahrung gesammelt, weil sie direkt im Unternehmen ausgebildet wurden.

Große Handelskonzerne bieten bereits vergleichbare Handelsfachwirt-Programme an. Aber oftmals dauert dann die Ausbildung mindestens dreieinhalb Jahre oder länger. Dabei gibt es auch Phasen, in denen die Auszubildenden für mehrere Monate in einem Seminarhaus geschult werden. „Das wollen wir nicht. Bei ‚Drei Abschlüsse in drei Jahren‘ sind die Teilnehmer die ganze Zeit im Betrieb und begleitend dazu finden die theoretischen Inhalte an der Berufsschule statt“, sagt Torsten Heinzmann. Mit der Friedrich-List-Schule Darmstadt hat die IHK einen Partner gefunden, der für eine solche Fachklasse die dualen Unterrichtseinheiten übernimmt.

Die besonders kurze Ausbildungszeit von drei Jahren ist nur möglich, weil sich die IHK Darmstadt mit diesem Angebot an leistungsstarke Schulabgänger mit Hochschulreife richtet. Das Berufsbildungsgesetz gestattet nämlich, dass man das dreijährige Berufsbild Kaufmann oder Kauffrau im Einzelhandel mit einem Abitur um zwölf Monate verkürzen kann. „Da sind wir bei zwei Jahren für die reine Ausbildung plus die Option, bei entsprechender Leistung ein halbes Jahr früher die Prüfung abzulegen“, berichtet der Teamleiter Ausbildung. In den verbleibenden eineinhalb Jahren wird die restliche Weiterbildung untergebracht. „Das ist ein echtes Brett. Das packen wirklich nur die Guten und Engagierten.“

Neben der Leistungsstärke der Teilnehmer fördert auch die enge Koordination zwischen Berufsschule, Ausbildungsbetrieb und IHK als Ausbildungsberater die Ausbildung in dieser kurzen Zeit. Die Absolventen dieser dualen Ausbildung sind qualifiziert, um sofort Führungsaufgaben im mittleren Management zu übernehmen – etwa als Marktleiter oder als Abteilungsleiter. „Sie haben dann auch die Chance, in andere Managementpositionen reinzurutschen. Mit einer normalen Ausbildung ist das schwer“, erläutert Torsten Heinzmann.

Der erste Jahrgang des neuen, dualen Ausbildungswegs ist nicht ohne Grund im Einzelhandel verankert. Gehört die Branche doch mit rund 600 Ausbildungsverhältnisse im Jahr zu den Schwergewichten. „Wir planen aber fürs nächste Jahr analog dazu auch im kaufmännischen Bereich so etwas aufzulegen“, blickt Heinzmann voraus. Gemeint sind die Berufe Industriekaufmann/-frau oder Kaufmann/-frau für Büromanagement.

Für die erste Fachklasse, die im Sommer 2023 mit der dualen Ausbildung im Bereich Einzelhandel starten soll, hofft Torsten Heinzmann auf 15 Teilnehmer. Die Herausforderung wird sein, genügend Bewerber zu finden. Mit einer Social-Media-Kampagne für Azubi-Speed-Datings soll gezielt auf die Möglichkeiten dieser Ausbildung aufmerksam gemacht werden. Außerdem versucht Heinzmann, bei Elternabenden in Schulen für „Drei Abschlüsse in drei Jahren“ zu werben. Gute Gründe dafür gibt es jedenfalls genug. Nicht zuletzt die guten Karrierechancen.