„Das Ziel muss sein, Europa zu stärken”
Südhessische Unternehmen verfügen traditionell über eine hohe Exportquote, viele erzielen einen großen Teil ihres Umsatzes im EU-Binnenmarkt. Daher rückt die Europawahl am 9. Juni in den Fokus. Der Mittelständler Spir Star erklärt, was die EU für sein Geschäft bedeutet – und was er sich von Brüssel wünscht.
Text: Julia van Lottum
Die Zentrale von Spir Star, einem Hersteller von Hochdruckschläuchen, liegt in Rimbach.
© Spir Star
Seit 1991 unterhält Spir Star eine ausländische Gesellschaft in Frankreich.
© Spir Star
Dadurch entstehe auch in der Versandabteilung von Spir Star ein Mehraufwand von bis zu zehn Minuten – pro Sendung. Zeitweise seien die Angaben für die Verzollung sogar detaillierter gewesen als für andere Drittland-Versendungen außerhalb Europas. Selbst das Warenwirtschaftsprogramm konnte dabei nicht alle Daten automatisiert liefern. Eva Steiners Fazit zum Brexit fällt daher eindeutig aus: „Es ist viel schöner, in der EU zu sein.“
Rainer Schmitt, Vorsitzender des Aufsichtsrats von Spir Star
Kritisch sehen Schmitt und Steiner dagegen den Bürokratieaufwand durch EU-Vorschriften. Angefangen bei der A1-Bescheinigung, die Mitarbeiter*innen bei Reisen in andere EU-Länder ausgedruckt mit sich führen müssen. Sie bestätigt, dass die Person über eine Krankenversicherung verfügt. „Die Krankenversicherung wechselt man ja normalerweise nicht so häufig – trotzdem müssen wir für jede Reise eine neue Bescheinigung beantragen“, sagt Schmitt. „Und warum ist das nicht zumindest digital auf dem Handy möglich?“
Wir wünschen uns Handelsabkommen statt neuer Gesetzesbeschlüsse.Rainer Schmitt
Eva Steiner, Assistenz des Vorstandes von Spir Star und Zollbeauftragte
Der Grundgedanke hinter etlichen EU-Vorgaben zum Schutz des Klimas und der Menschenrechte ist richtig und wichtig.Eva Steiner
Der Grundgedanke hinter etlichen EU-Vorgaben – Klima und Menschenrechte zu schützen – sei richtig und wichtig, betonen Schmitt und Steiner mehrfach. Aber die Umsetzung sei teilweise überstürzt, die Vorgaben zu komplex. Für einen Mittelständler mit rund 140 Mitarbeiter*innen in Deutschland eine Herausforderung: „Wir mussten ein paar Leute dafür einstellen, und haben dann nicht mehr genug Leute und Zeit fürs Hauptgeschäft, für die Produktion. Wir kommen zeitweise an unsere Grenzen“, sagt Steiner. Weniger Bürokratie lautet daher ihr Appell an die EU. „Wir wünschen uns Handelsabkommen statt neuer Gesetzesbeschlüsse“, fasst Schmitt zusammen. „Damit es wieder Spaß macht, unternehmerisch voranzuschreiten.“
Mit der Kritik steht Spir Star nicht allein da. Als Interessenvertretung der Wirtschaft setzen sich die IHKs für eine größere Wettbewerbsfähigkeit Europas ein. Ihre Dachorganisation, die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK), hat zehn Forderungen an die EU gestellt (siehe Infokasten). Bürokratieabbau steht auch hier an erster Stelle. Zudem müssen weitere grundlegende Reformen angepackt werden: die Europäische Union besser und schlanker machen, mehr Wettbewerb zulassen, den Mittelstand stärker berücksichtigen. Insgesamt stehen für die DIHK die Vorteile der EU jedoch außer Frage. „Es gibt keine bessere Alternative als Europa“, ist DIHK-Präsident Peter Adrian überzeugt. „Deshalb gibt es nur den Blick nach vorn.“ Das deckt sich mit der Forderung von Rainer Schmitt von Spir Star, der sich selbst als überzeugten Europäer bezeichnet: „Das Ziel muss sein, Europa zu stärken.“
Forderungen der DIHK für mehr Wettbewerbsfähigkeit Europas
- Bürokratieabbau und bessere Rechtsetzung endlich umsetzen
- Schnellere Genehmigungsverfahren
- International wettbewerbsfähige Energiepreise in der EU sicherstellen
- Resilienz von Wertschöpfungs- und Lieferketten erhöhen
- Innovation und Forschung in der EU stärken
- Handelsabkommen voranbringen
- Datennutzung ermöglichen
- Chancen der künstlichen Intelligenz ergreifen
- Cybersicherheit stärken
- Fachkräfte entwickeln, gewinnen und halten
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Matthias Voigt
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