Gericht setzt Strafe drastisch herab
Der Ermessensspielraum des Bundesamtes für Justiz ist bei der Festsetzung von Ordnungsgeldern zwar sehr weitreichend, die verhängten Strafzahlungen müssen aber verhältnismäßig sein. Sie dürfen die wirtschaftliche Existenz eines am Kapitalmarkt orientierten Unternehmens nicht bedrohen. Die entschied das Oberlandesgericht Köln in einem aktuellen Urteil.
29.Oktober 2024
In dem konkreten Fall ging es um eine GmbH & Co. KG, die ihre Jahresabschlüsse für die Geschäftsjahre 2019 und 2020 nicht fristgerecht beim Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers eingereicht hatte. Dies ist eine gesetzliche Pflicht, die für kapitalmarktorientierte Unternehmen gemäß Paragraf 325 HGB gilt. Das Bundesamt für Justiz (BfJ), welches für die Überwachung der Einhaltung dieser Pflicht zuständig ist, hatte daraufhin mit Schreiben vom 2. August 2021 ein erstes Ordnungsgeld in Höhe von jeweils 2.500 Euro für beide Geschäftsjahre angedroht. Da die Gesellschaft weiterhin keine Jahresabschlüsse einreichte, setzte das BfJ diese Ordnungsgelder im Februar 2022 fest und drohte ein weiteres, wesentlich höheres Ordnungsgeld von jeweils 250.000 Euro an.
Am 13. Dezember 2022 folgte die endgültige Festsetzung dieser hohen Ordnungsgelder. Gleichzeitig drohte das BfJ an, weitere Ordnungsgelder bis zu einer Höhe von einer Million Euro zu verhängen, falls die Jahresabschlüsse nicht bald eingereicht würden. Die betroffene Gesellschaft legte die Jahresabschlüsse schließlich Ende Dezember 2022 vor, erhob jedoch Beschwerde gegen die bereits festgesetzten Ordnungsgelder. Sie argumentierte, dass die festgesetzte Summe von insgesamt 500.000 Euro ihre wirtschaftliche Existenz bedrohe.
Das OLG Köln folgte dieser Argumentation und stellte fest, dass das BfJ zwar einen weiten Ermessensspielraum bei der Festsetzung von Ordnungsgeldern besitzt, dieser jedoch durch das sogenannte Übermaßverbot begrenzt ist. Dieses Verbot, das sich aus dem Rechtsstaatsprinzip und Artikel 12 Grundgesetz (GG), der Berufsfreiheit, ableitet, verlangt, dass staatliche Maßnahmen verhältnismäßig sein müssen. Insbesondere dürfen Sanktionen nicht in einem unangemessenen Verhältnis zur finanziellen Lage eines Unternehmens stehen.
Das Gericht führte aus, dass die Jahresabschlüsse, die von einem Wirtschaftsprüfer testiert worden waren, keine Anhaltspunkte für eine solche finanzielle Stabilität der Gesellschaft lieferten, die es ihr ermöglicht hätte, die Ordnungsgelder in der geforderten Höhe zu begleichen, ohne ihre wirtschaftliche Existenz zu gefährden. Die vom BfJ verhängten Ordnungsgelder seien daher unverhältnismäßig und verstießen gegen das Übermaßverbot.
Gemäß Paragraf 335 Absatz 1a HGB hat das BfJ bei Verstößen gegen die Veröffentlichungspflicht weite Handlungsspielräume, jedoch nicht schrankenlos. Das OLG Köln betonte in seinem Urteil, dass das BfJ bei der Bemessung der Höhe eines Ordnungsgeldes die finanziellen Verhältnisse des Unternehmens in angemessener Weise berücksichtigen muss. Der weite Ermessensspielraum des BfJ findet somit seine Grenze, wenn die festgesetzte Strafe in keinem vernünftigen Verhältnis zu den finanziellen Belastungen steht, die dem Unternehmen drohen.
Auf dieser Grundlage reduzierte das OLG Köln die verhängten Ordnungsgelder drastisch auf jeweils 25.000 Euro pro Jahr, also insgesamt 50.000 Euro. Diese Summe sei ausreichend, um die gesetzlichen Pflichten der Gesellschaft zu wahren, ohne jedoch deren wirtschaftliche Existenz zu gefährden. Dabei verwies das Gericht auf die Notwendigkeit einer maßvollen Sanktionierung, die sowohl die Interessen der Allgemeinheit als auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Unternehmens berücksichtige.
Quelle: OLG Köln, Urteil vom 04.09.2024 Akz: 28 Wx 4/24
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Kristina Hirsemann
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